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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden
Autoren: Kathrin Lange
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wird?« Schlagartig klang Gitta nüchtern und überaus skeptisch.
    » Keine Ahnung, aber er sollte es wissen, findest du nicht?«
    » Schon klar.« Faris hörte den schnellen Schritt ihrer hohen Absätze, die auf dem Linoleumboden vor dem War Room erklangen. » Ich bin ja schon unterwegs.«
    ***
    Kurz bevor Gitta die Tür zum Verhörzimmer aufschloss, hörte sie ein seltsames ersticktes Geräusch.
    Mit fliegenden Fingern suchte sie nach dem Schlüssel, versuchte ihn ins Schloss zu stecken. Ihre Hände zitterten, und sie musste ein paarmal ansetzen. Doch schließlich gelang es ihr, und sie drehte ihn herum. Hastig drückte sie gegen die Tür, die nach innen schwang und den Blick frei gab auf ein Paar in der Luft baumelnde Beine.
    » Oh, Gott!«, flüsterte Gitta entsetzt.
    ***
    Nachdem er Gitta zu Alexander Ellwanger geschickt hatte, legte Faris auf. Er wusste nicht, was er noch tun sollte. Laura war mit einem der Rettungswagen abtransportiert worden, ohne noch einmal einen Blick in seine Richtung zu werfen. Plötzlich fühlte Faris sich nur noch müde, absolut und unendlich müde. Er beschloss, nach unten in die Toilettenräume zu gehen, wo die Kollegen von der Sprengstoffeinheit damit beschäftigt waren, die komplizierten Verdrahtungen des Herzmonitors zu untersuchen.
    Werner Ellwanger war noch immer an das Kreuz genagelt, aber inzwischen hatte man es hingelegt, sodass er nicht mehr die ganz großen Qualen durchmachen musste. Faris wusste, dass ein Herzmonitor auch dann Alarm gab, wenn eine der Elektroden abgenommen wurde. Man würde Ellwanger also erst dann von den Dingern befreien können, wenn es den Experten gelungen war, den Sendeimpuls auszuschalten.
    » Warum macht ihr ihn nicht los?«, fragte Faris die Sanitäter. Die Nägel, die durch Ellwangers Fleisch getrieben worden waren, wirkten riesig. Allein bei ihrem Anblick drehte sich Faris’ Magen um.
    » Wir können nur schwer abschätzen, wie stabil er ist«, bekam er zur Erklärung. Der Sanitäter, ein hagerer, kleiner Mann mit Segelohren, wies auf die Kurve, die der Monitor aufzeichnete. » Das sieht zwar alles verblüffend gut aus, dafür dass er so viele Stunden an dem Kreuz hing, aber wir wollen kein Risiko eingehen. Wenn wir die Nägel entfernen, und es kommt zu einem Schock, dann nützt das niemandem etwas.«
    Niemandem außer Niklas Hesse, dachte Faris grimmig. Ein Schock in diesem Zustand würde Ellwanger auf der Stelle töten und Hesse am Ende doch noch zum Ziel gelangen lassen.
    Da er im Moment nichts Besseres zu tun hatte, trat Faris zu der Kamera, die noch immer neben der Tür stand. Er nahm sie von dem Stativ und klappte das drehbare Display auf. Dann ließ er den Film ablaufen, der sich auf dem Gerät befand. Es war eine Art Interview. Ein Interview mit Alexander, der wie ein Häufchen Elend, blutverschmiert und halb irrsinnig vor Angst, mit jemandem sprach, den er andauernd Engel nannte. Eine ruhige Stimme aus dem Off gab ihm Antworten, und Faris wurde kalt, als er erkannte, dass es Hesses Stimme war.
    Er hörte Alexander greinen: » Bist du ein Engel?«
    Und Hesse lachte leise. » Vielleicht bin ich das. Ein Bote.«
    » Ein Bote des Herrn?«, flüsterte Alexander. » Was soll ich jetzt tun?«
    Und Hesse befahl: » Erzähl mir von ihm. Erzähl mir alles!«
    Alexanders Gesicht verzog sich in blankem Horror.
    » Du Monster!«, murmelte Faris. Er spulte vor und kam zu einer Stelle, an der Alexander etwas von einem Blumenbeet im Schrebergarten faselte. Er schaltete die Kamera aus. Ihm war jetzt nicht mehr übel. Darüber war er längst hinaus.
    Mit langen Schritten marschierte er wieder nach oben in die Abfertigungshalle, wo ein paar Kollegen mit Niklas Hesse in eines der ehemaligen Büros der Fluggesellschaften gegangen waren und ihn dort mit gezogenen Waffen bewachten. Mit einer zornigen Bewegung knallte Faris dem Reporter die Kamera vor die Brust.
    » Wozu auch noch das?«, blaffte er. » Wozu hast du Alexander wie ein Puppenspieler nach deiner Pfeife tanzen lassen?«
    Hesse lachte nur. Er saß auf einem klapprigen Plastikstuhl. Die Kamera war in seinen Schoß gefallen. » Ich denke, ihr solltet mal ein Blumenbeet in Papis Schrebergarten näher unter die Lupe nehmen.«
    » Was ist in diesem Blumenbeet?« Hinter Faris’ Lidern tanzten Sterne, wenn er blinzelte.
    » Hast du dir das Video nicht ganz angesehen?« Mit seinen gefesselten Händen griff Hesse nach der Kamera und reichte sie Faris.
    Der nahm sie. » Sag du es mir!«
    Hesse ignorierte
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