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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos
Autoren: Hans Gruhl
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Laufbahn lag klar vor
ihm. Wenn er genügend Arbeiten vorweisen konnte, würde er Dozent und eines;
Tages Professor werden. Nichts konnte ihn davor bewahren. Und überall würde er
für einen großen Arzt gelten, einen Helfer und Heiler, der nichts im Sinn hatte
als das Wohl seiner Kranken.
    Am Anfang staunte ich nur. Es
war faszinierend, Peters zu beobachten. Was ging er mich im Grunde an? Ich tat
meine Arbeit und kam mit meiner Fachausbildung ‘ vorwärts. Alles andere
interessierte mich nicht. Außerdem war es zwecklos, sich aufzuregen. Jedes Wort
an Peters war verschwendet.
    Ich schwieg, nahm mir vor, mich
nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, und lachte im stillen, wenn er sich in
seinem eigenen Lügengewebe verstrickt hatte.
    Es kam die Zeit, wo ich nicht
mehr lachte.
     
    Mein erster Zusammenstoß mit
ihm erfolgte wegen Ilse Strübel. Tag für Tag hatte ich beobachten können, wie
er sie behandelte. Er ließ sie warten, fuhr sie an, demütigte sie, wo er
konnte. Aber dann ließ ein lächelnder Blick von ihm sie alles wieder vergessen.
    Es geschah an einem Dienstag.
Ich hörte, wie er sie für sechs Uhr bestellte. Ein Versuch mußte unbedingt zu
Ende geführt werden. Ich hatte schon oft erlebt, was dabei herauskam.
    Peters ließ alles liegen und
dachte am nächsten Tag nicht mehr daran.
    An jenem Tag bekam Peters einen
Anruf von einem Mädchen und verschwand um fünf, ohne etwas zu hinterlassen.
Ilse Strübel erschien pünktlich eine Stunde später.
    »Ist Doktor Peters nicht da?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Aber er wollte doch...«
    »Fräulein Strübel«, sagte ich
behutsam, »Sie müßten ihn doch eigentlich kennen.«
    Sie sah zu Boden und schwieg.
    »Warum wundern Sie sich
jedesmal von neuem?«
    »Ja, ja, ich weiß — vielleicht
ist ihm etwas dazwischengekommen.«
    Da war nichts zu machen. Sie
nahm ihn noch in Schutz. Ich zuckte die Schultern und schwieg.
    Nach einer Stunde ging sie. Ich
blieb an diesem Abend länger, weil ich einige Krankenberichte abschließen
wollte.
    Kurz vor halb acht erschien
Peters, erhitzt und vergnügt.
    »Fräulein Strübel nicht da?«
    Ich drehte mich langsam mit dem
Stuhl herum.
    »Sie ist vor zwanzig Minuten
gegangen.«
    Seine Laune schlug um wie eine
Wetterfahne.
    »Na, das verstehe ich aber gar
nicht«, sagte er langsam. »Ich habe doch extra gesagt, daß wir die Arbeit heute
fertigmachen müßten. Das geht ja nun aber wirklich nicht. Sie muß sich nicht
für unentbehrlich halten.«
    Mir stieg das Blut ins Gesicht.
Wenn etwas an dem Kerl zu bewundern war, dann seine Frechheit.
    »Sie hat eine Stunde gewartet«,
sagte ich. »Und nicht zum erstenmal. Und sie hilft Ihnen freiwillig. Und
unentgeltlich.«
    Peters sah mich einige Sekunden
starr an. Er mußte damit fertig werden, daß auch ich einmal etwas gesagt hatte.
    »Solche Belehrungen können wir
unterlassen«, sagte er wütend. »Ich hatte im physikalischen Institut zu tun.
Ich habe schließlich noch andere Dinge im Kopf. Es hätte mich gefreut, wenn Sie
Fräulein Strübel das klargemacht hätten.«
    Ich hob den Kopf, bis ich
Peters voll ins Gesicht sehen konnte.
    »Herr Peters«, sagte ich ruhig.
»Sie waren ja gar nicht im physikalischen Institut.«
    Seine hellen Augen weiteten
sich.
    »Ich habe das Gespräch
angenommen«, fuhr ich fort. »Ich kenne die Sekretärin und Doktor Koch, mit dem
wir immer verhandeln. Sie waren nicht am Apparat. Und ich bekam zufällig mit,
wie Sie sich mit der Dame verabredeten, die schon gestern angerufen hat.«
    Peters war starr. Ich fühlte,
daß er mir derartiges niemals zugetraut hätte. Es wurde mir schwer, seinen
wütenden Blick auszuhalten, aber ich sah nicht zur Seite.
    »Ich habe den Eindruck, Sie
achten zu sehr auf meine Telefongespräche, Herr Butterweis.«
    »Und ich habe den Eindruck, Sie
schwindeln zu viel, Herr Peters«, sagte ich, während meine Handflächen feucht
wurden. »Und zu ungeschickt.«
    Mich erfaßte eine grenzenlose
Neugierde, zu sehen, was er jetzt tun würde. Ich vergaß die fatale Situation,
in der ich mich befand. Was sollte er machen? Es würde sich jederzeit
herausfinden lassen, ob er an diesem Nachmittag im physikalischen Institut
gewesen war oder nicht.
    Es geschah nichts. Sein Blick
blieb auf meinem Gesicht haften. Die Erregung hatte seine Pupillen geweitet.
    Unvermittelt wandte er sich um
und ging hinaus.

IV
     
     
    In der Folgezeit steigerte sich
meine Abneigung gegen Peters mehr und mehr. Ich ärgerte mich selbst darüber.
Immer wieder nahm ich mir
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