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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
Autoren: Karl May
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Gegenteil beweisen. Wenn sie einmal von dem Grundsatz ausgehen, daß sie die rechtmäßigen Herren des Landes sind, so hilft keine Polemik gegen die daraus gezogenen Schlüsse.
    „Schweigen wir lieber“, sagte ich. „Keiner von uns beiden kann dem Schicksal der Eingeborenen eine andere Richtung geben. Übrigens erwähnte ich die Raubzüge der Ihrigen nur bei der Gelegenheit, als wir von den Gefahren des Chaco sprachen.“
    „So brauchen Sie keine Sorge zu tragen, daß sie Ihnen gefährlich werden. Sie haben meine Mutter durch die empörten Fluten des Wassers getragen. So lange ich bei Ihnen bin, wird Ihnen kein Leid geschehen.“
    „Nun, große Sorge habe ich in dieser Beziehung überhaupt nicht. Aber was wird man mit den Leuten tun, deren Ankunft Sie den Aripones melden wollen?“
    „Man wird sie überfallen.“
    „Und töten?“
    „Wahrscheinlich. Wenigstens die Männer. Die Frauen schafft man tiefer in den Chaco, um Geld für sie zu erhalten.“
    „Und dazu wollen Sie beitragen?“
    „Ich bin Indianer und handle als solcher!“
    „Sie werden dadurch zum Mörder!“
    „Die Weißen werden sich keinen Augenblick besinnen, auf uns zu schießen. Warum verlangen Sie von uns solche Nachsicht?“
    „Wenn Sie mit solchen Absichten von hier fort wollen, muß ich Sie eigentlich festhalten.“
    „Das werden Sie nicht tun! Gegen einen andern wäre ich nicht so aufrichtig gewesen. Zu Ihnen aber habe ich offen sprechen dürfen. Wollen Sie die gute Meinung, welche ich von Ihnen habe, zu schanden machen?“
    „Nein. Aber ich sage Ihnen, daß ich von jetzt an Ihr Gegner bin. Sie wollen die Weißen verderben; ich aber werde sie zu retten versuchen.“
    „Das ist ein fruchtloses Beginnen.“
    „Das will ich nicht hoffen. Warnen Sie die Ihrigen, und ich werde die Weißen warnen. Persönlich aber werden wir beide Freunde sein.“
    „Señor, es kann doch sehr leicht geschehen, daß wir uns dann als Feinde gegenüberstehen. In diesem Fall haben Sie von mir nichts zu befürchten. Ich werde alles tun, Sie vor Schaden zu bewahren. Wollen wir diesen Pakt schließen?“
    „Ja. Hier ist meine Hand.“
    „Gut! Jetzt schlafen Sie wohl, damit Sie am Morgen gestärkt zur Reise erwachen.“
    Er ging und ließ mich in Gedanken zurück, welche den Schlaf noch längere Zeit fern von mir hielten. Es war wieder das alte Thema gewesen, das Thema über die Berechtigung der weißen Rasse, die rote von der Erde zu verdrängen. Wenn wir dieses Recht wirklich besitzen, so wird es uns doch nie gelingen, die Indianer von demselben zu überzeugen. Sie werden unsere Feinde sein, bis der letzte von ihnen unserem Andrängen gewichen ist. Jede Erklärung ist da vergeblich.
    Also der Sendador war hier gewesen und hatte sich gewinnen lassen, die Weißen nach den verlassenen Ansiedlungen zu führen. Eigentlich konnte uns das lieb sein, weil uns dadurch die Fahrt nach Goya und der beschwerliche Ritt durch die Urwälder des Rio Vermejo erspart wurde. Die Absicht, in welcher diese Expedition unternommen wurde, war keineswegs eine neue. Schon früher hatten Nordamerikaner und auch andere den Rio Salado befahren, um zu begutachten, ob derselbe besser schiffbar zu machen sei. Es waren bedeutende Summen auf diese Untersuchung verwendet worden, doch hatte man stets nur ein negatives Resultat erzielt. Ob der Erfolg jetzt ein besserer sein werde, war wenigstens zu bezweifeln.
    Der Schlaf kam erst später wieder und hielt mich nicht lange gefangen. Ich erwachte, als der Morgen zu grauen begann, und weckte den Bruder, der nun wohl ausgeschlafen haben konnte. Als ich ihm erzählte, was mir Gomez mitgeteilt hatte, sagte er:
    „Das ist gut, Señor. Wir treffen auf diese Weise den Sendador weit eher, als zu erwarten war. Wollen gleich nach unsern Gefährten sehen, damit sie sich zum Aufbruch rüsten.“
    „Das eilt nicht so sehr, da wir erst mit den beiden Offizieren zu reden haben. Vorher aber möchte ich einmal mit Gomez sprechen. Lassen Sie uns ihn aufsuchen.“
    Wir begaben uns in das Nebengebäude, in welchem er mit den Yerbateros untergebracht worden war. Er befand sich nicht mehr dort; vielmehr hörten wir, daß er des Nachts mit seiner Mutter fortgeritten sei.
    „Wohin?“ fragte ich.
    „Er verriet es uns nicht, doch sollten wir Ihnen sagen, Sie wüßten wohl, warum er vor Ihnen aufbreche. Sie sollten ihn entschuldigen, wenn er sich vielleicht eines Bootes bemächtigen müsse.“
    „So ist's gut. Ich weiß, wohin er ist. Sie haben wohl nicht bemerkt,
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