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34° Ost

Titel: 34° Ost
Autoren: Coppel Alfred
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Regelung, auch wenn sie uns nicht immer in den Kram passt. Die Welt, Oberst Nowotny, hat in der Vergangenheit Anlass genug gehabt, der Unverletzlichkeit entmilitarisierter Zonen zu misstrauen.«
    »Sozialistische Staaten verletzen keine Abkommen, General.«
    »Das freut mich zu hören«, sagt Tate. »Und ich bin sicher, dass der Stellvertretende Ministerpräsident nicht erwartet, dass die im Abkommen festgelegten, streng einzuhaltenden Bestimmungen missachtet werden, nur weil er es vorzieht, im Hubschrauber zu reisen. Es bleibt uns keine Zeit, die Bewilligung der Besatzungsmächte und der Zypernkommission zu einer Modifizierung des neutralen Status der entmilitarisierten Zone einzuholen. Der Stellvertretende Ministerpräsident wird eben auf dem Landweg anreisen müssen – wie das auch der Vizepräsident der Vereinigten Staaten tun wird.«
    Fast ohne sich zu unterbrechen, richtete er nun seine Worte an General Ulanin: »Mit Ihrer Erlaubnis, General, wollen wir jetzt diese Sitzung vertagen. Major Paris, mein Sicherheitsoffizier, wird morgen mit den Schweden und seinem sowjetischen Kollegen in der Zentralen Zone zusammentreffen, um die Einzelheiten durchzubesprechen und alle geeigneten Maßnahmen zu koordinieren. General Gunderssen erwartet sie um 11.00 Uhr.« Sich an Captain Adams wendend, fuhr er fort: »Rufen Sie Jimmy am Hubschrauberlandeplatz an, Liz, und ersuchen Sie ihn, er möge die Herren von der Presse einsammeln. Ich möchte unverzüglich nach Es Schu'uts zurückkehren.«
    Elizabeth Adams vermerkte die Uhrzeit auf ihrem Tonbandgerät und erhob sich, um die Baracke zu verlassen. Die Plötzlichkeit, mit der ihr Vorgesetzter die Sitzung beendet hatte, und die mürrische Reaktion einiger der russischen Offiziere beunruhigten sie, doch an der Tür fing sie einen Blick General Tates auf, der ihr ermutigend zulächelte.
    Dieses Lächeln gab ihr neue Sicherheit. Als sie das Lager durchquerte, um zur Funkzentrale zu gelangen, hing sie wieder ihren Lieblingsphantasien nach.
    Captain Adams war in ihren Kommandeur verliebt. Die etwas unregelmäßigen Züge seines jugendlichen Gesichts, sein kräftiger, sportlich gestählter Körper, die Art, wie er die Uniform trug, vor allem aber das Geschick und das Selbstvertrauen, mit denen er sich auf diesem so schwierigen Posten seiner Pflichten entledigte, entfachten in Captain Adams' jungfräulichem, dreißig Jahre altem Herzen ein Gefühl tiefster Verehrung.
    Bill Tate hatte natürlich keine Ahnung von den Wachträumen seiner Mitarbeiterin – Wachträume, in denen er sie unter den hellen Sternen der Wüste allnächtlich liebte und mit ihr nackt in der Brandung der einsamen Strände des nördlichen Sinai schwamm.
    Captain Adams stammte von einer alten, etwas überzüchteten New-England-Familie ab. Sie hatte Soziologie studiert. Ihr einziger Akt der Rebellion hatte darin bestanden, dass sie hierauf ins US-Armeefrauenkorps eingetreten war.
    Liz Adams litt die meiste Zeit Angst. Der scharfsichtige Richter Seidel war vielleicht der einzige, der das wußte. Sie fürchtete die Russen; selbst der aristokratische, elegante Kapitän Sacharow flößte ihr Schrecken ein. Nowotny, Jermolow und der alte General Ulanin erweckten Hass und Abscheu in ihr. Für Elizabeth waren sie allesamt asiatische Nomaden, denen nur der Zufall dazu verholfen hatte, sich Bürger eines modernen Staates nennen zu dürfen. Auch sie bevölkerten zuweilen ihre Wachträume – als Hunnen und Mongolen, die danach gierten, alles zu zerstören, was ihnen geistig überlegen war.
    Zwischen Liz und diesen imaginären Gefahren stand die mächtige Gestalt William Tecumseh Sherman Tates, der auf so bemerkenswerte und wunderbare Weise (denn sie wußte, dass die Armee Tugenden wie die seinen nicht immer würdigte) der jüngste General in der Armee der Vereinigten Staaten geworden war. In ihren zahlreichen Briefen an Freundinnen daheim beschrieb sie ihn als tapfer, intelligent – und durch die politische Bedeutung seiner Stellung und die Flegelhaftigkeit seiner russischen Gegenspieler auf eine harte Probe gestellt. Es war dies eine Beurteilung des amerikanischen Kommandeurs, der sonderbarerweise viele, die unter ihm dienten, zugestimmt hätten.
    Bill Tate selbst wäre gerührt, aber auch entsetzt gewesen, sich so zu sehen, wie Liz Adams ihn sah. Er wußte, dass er ein guter Soldat war, tüchtig und pflichtbewusst. Er hatte in Vietnam gekämpft und dabei entdeckt, dass man Angst besiegen konnte. In einer Zeit, da sogar
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