Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

33 Cent um ein Leben zu retten

Titel: 33 Cent um ein Leben zu retten
Autoren: Louis Jensen
Vom Netzwerk:
die Stirn und bereitet sich vor, sich um sich selbst zu drehen, aber nun bleibt er stehen.
    »Das sind die Kinder in Afrika. Alle Kinder, die hungern. Darf man von den Reichen stehlen, um es ihnen zu geben?«
    »Man darf nicht stehlen«, sagt er.
    Ich sage nichts mehr.
    »Möchte noch jemand etwas fragen?«

DER KÜHLWAGEN
    »Jenny W oder Jasmin?«, fragt Berg. Er hat das Programm vom nächsten Sonntag vor sich. Von der Trabrennbahn. »Wer gewinnt?«
    Das weiß ich nicht. Und das weiß Berg genau. Aber er ist sicher, dass es eins von beiden sein wird. Ich soll nur entweder Jasmin sagen oder Jenny W. Dann glaubt er, dass dieses Pferd als Erstes über die Ziellinie gehen wird.»Jenny W!«, rufe ich.
    In dem Moment kommt Johnny. Er hat Berg gehört. Er ruft »Jasmin«. Bergs runde Augen blicken bekümmert vom Programm auf. Was jetzt? Welches von beiden wird es nun?
    Johnny fährt jeden Mittwoch zum Lager. Ein riesiger Kühlwagen: Salate, Thunfisch, tiefgefrorenes Fleisch, Hackfleisch, Kartoffeln, Blumenkohl, tiefgefrorenes Brot. Alles. Auch Eier, auch große Paletten mit Milch und Sahne und Käse und Schokolade. Alles.
    Ich helfe Johnny. Er schafft das gut allein, das Ganze wird von der Ladeklappe direkt runter auf Wagen ins Lager gefahren. Ich weiß, wo die Sachen stehen, das weiß Johnny auch. Auch Berg weiß es, aber Berg ist mit den Pferden beschäftigt. Die Rennen sind schwer, so viel habe ich verstanden. Immer gibt es einen Außenseiter, der das Bild stört. Berg ist im Grunde Optimist. Bei jedem Rennen ist er ziemlich sicher, wer die Nummer eins und wer Nummer zwei wird, nur nach dem Rennen sieht es anders aus. Wenn ich nach dem Wochenende komme, erfahre ich die ganze Geschichte. Und die geht in der Regel schief: Bergs Favorit rennt los. Verfällt in Galopp. Nur bei diesem Galopprennen ist das Pferd, auf das Berg gesetzt hat, trotzdem zu langsam oder hat auf den letzten fünfzig Metern keine Lust mehr. Allmählich weiß ich ziemlich viel über die Pferde und die Trabrennbahn.
    Dann und wann blättere ich im Programm und deute auf einen Namen. »Der da«, sage ich. Berg schüttelt den Kopf. Ich habe auf ein völlig unmögliches Pferd gedeutet. Trotzdem, das kann ich ihm anmerken, will er auf das Pferd setzen, denn in gewisser Weise ist Berg abergläubisch. Er glaubt, dass einer wie ich, der von Trabrennen nichts versteht, auf unerklärliche Weise durchaus den richtigen Riecher haben kann.
    Johnny hat es immer eilig. Wenn er bei uns war und die Waren abgeliefert hat, muss er weiter, wieder abliefern, zurück und auffüllen. Es geht ruckzuck, aber nicht immer. Heute hat er Zeit. Und heute erklärt er mir auch, wie ein Kühlwagen funktioniert. Er mag seinen Wagen. Mehr als das: Er ist stolz. Der ist aber auch schick: Der Lack ist gut, die Reifen sind groß und kräftig, und in der Fahrerkabine gibt es Radio und Sitzheizung und Servolenkung und verchromtes Metall.
    »Hast du Lust, es mal zu probieren?«
    Wir stehen draußen. Berg ist in einem schrecklichen Dilemma: Jasmin oder Jenny W? Er sitzt an seinem Schreibtisch, beugt sich grübelnd über das Programm.
    Ich lache, und mein Lachen sagt Ja!
    »Dann spring rein!«
    Eher müsste es heißen: Klettere hoch! Das Führerhaus liegt hoch, aber ich komme nach oben und setze mich zurecht. Johnny erklärt: Gangschaltung, Bremsen, alles.
    »Eigentlich«, sagt Johnny, »ist es kinderleicht.«
    Und wirklich: Ich lege den Gang ein, fahre ein bisschen vorwärts, bremse und lege den Rückwärtsgang ein und fahre zurück.
    Johnny nickt anerkennend. »Du wirst ein guter Fahrer!«
    Johnny hätte gern, dass alle Jungen so wie er werden: Fahrer, die in einem großen Kühlwagen mit Waren für Coop unterwegs sind.

DIE FLIEGEN IN DER NASE
    Am selben Abend im Fernsehen. Mein Vater liest Zeitung. Meine Mutter kocht Kaffee. Sara baut aus Legosteinen ein großes Schloss. Und wieder: ein großer schwarzer Kopf auf einem dünnen Körper mit großem Bauch. Er kann kaum das Gleichgewicht halten.
    »Robin Hood«, sage ich.
    »Man darf nicht stehlen«, sagt mein Vater. »Es gibt viele andere Möglichkeiten.«
    Er weiß genau, was ich meine.
    »Welche?«, frage ich.
    »Man kann Geld sammeln. Man kann selbst welches schicken.« Er lässt die Zeitung sinken. »Am letzten Sonntag war jemand da.«
    Das weiß ich, denn ich habe die Tür geöffnet. Und ich bekam zehn Euro von meinem Vater und steckte den Geldschein in die Sammelbüchse.
    »Lauter solche Sachen«, sagt er.
    »Aber warum verhungern die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher