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33 Cent um ein Leben zu retten

Titel: 33 Cent um ein Leben zu retten
Autoren: Louis Jensen
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Staubsauger eilig ins nächste Zimmer. Sie drehte sich um: »Das war gut«, sagte sie, aber ich bin mir nicht sicher, was sie mit »das war gut« meinte.

NUR EIN BUCH
    »Damals«, sagt mein Vater. Er kennt Robin Hood genau. »Damals war der Sheriff ja ein Schurke. Alles, was er besaß, hatte er von den gewöhnlichen Menschen gestohlen, so dass sie verarmten. Deshalb war es okay, dass Robin Hood es zurücknahm. Aber so ist es doch heute nicht mehr. Und vergiss nicht: Das ist ein Buch.«
    »Ein Buch, ja«, sage ich. »Aber er hat gelebt. Es hat ihn gegeben. Er hatte Pfeil und Bogen und einen grünen Hut mit einer Feder.« Das Letzte sage ich vor allem zum Spaß. Mir ist schon klar, dass Robin höchstwahrscheinlich nicht mit so einer idiotischen Feder am Hut herumlief. Das ist nur im Film so. Aber es hat ihn gegeben. Es hat ihn wirklich gegeben.

SEHR FALSCH
    Stehlen ist falsch.
    Sehr falsch. Ich tue es nur, weil es nötig ist. Wenn etwas sehr nötig ist, dann darf man auch das Falsche tun. Dann ist es richtig, das Falsche zu tun. Dann ist das gerecht! Zum Beispiel stehlen. Ich habe lange und gründlich nachgedacht, bevor ich mit Stehlen anfing. Ich habe die Erwachsenen gefragt, meine Eltern und meine Großmutter und sogar den Pfarrer. Sie sind sich alle einig, dass es unter gewissen Umständen nötig sein kann, das Falsche zu tun, um dem Richtigen auf die Sprünge zu helfen. Bis zu diesem Punkt sind wir uns einig. Wenn ich dann frage, ob man stehlen darf, um den Kindern in Afrika zu helfen, dann runzeln sie die Stirn, spitzen den Mund und sehen mich eine Weile an, ehe sie sagen, das dürfe man nicht.
    »Robin Hood«, sage ich dann.
    Das ist etwas anderes, sagen sie. Robin Hood ist etwas anderes. Das ist eine Geschichte.
    »Coop«, sage ich. »Ist Coop nicht eine Art Sheriff?«
    Da lacht mein Vater und schaltet das Notebook aus. Ich sehe ihm an, dass ich überhaupt nichts verstanden habe.
    Ich kenne alle seine Passwörter im Internet, jedes einzelne.

KONFIRMANDENUNTERRICHT
    »Robin Hood«, sage ich.
    Der Pfarrer ist ein freundlicher Mann. Er weiß nicht recht, wie freundlich er sein soll. Ist er ein bisschen zu freundlich? Ein bisschen zu wenig? Er zweifelt. Er fragt, ob es Fragen gibt. Er möchte, dass wir Fragen stellen. Ich glaube, im Grunde ist es ziemlich gleichgültig, wonach wir fragen, wenn nur einer von uns etwas sagt.
    Er hat uns von einem erzählt, der Johannes der Täufer heißt. Der lief herum und predigte, auch von Jesus. »Wer zwei Hemden hat«, hat Johannes der Täufer gesagt, »teile mit dem, der keines hat, und wer Essen hat, soll es genauso machen.«
    So sollte es sein, denke ich. Genau wie Johannes der Täufer sagt. Dann gibt es nämlich keinen, der hungert oder verhungert. Er denkt wie Robin Hood.
    Da frage ich: »Robin Hood! Wie ist es mit Robin Hood?« Beinahe hätte ich gesagt, das mit dem grünen Hut und der Feder, das sei egal.
    Er runzelt die Stirn. Er weiß nicht, worauf ich hinauswill.
    »Wenn Robin Hood heute lebte, was wäre dann?«
    Er runzelt die Stirn in eine andere Richtung.
    »Ja«, sagt er. Und beginnt von Jesus zu reden, und ich denke, er will erzählen, dass Robin Hood eine Art Jesus ist.
    Er sieht mich an.
    »Aber wenn er heute lebte. Von wem würde er dann stehlen? Wer ist der Sheriff?«, frage ich.
    Er lacht, er ist erleichtert. Jetzt versteht er. Und sehr elegant dreht er sich um sich selbst, als könne er uns in dieser Umdrehung etwas Wichtiges und ganz ohne Worte erklären.
    »Der Sheriff?«, wiederholt er nach seiner Umdrehung. »Der Sheriff? Ja, wer ist der Sheriff?« Er sieht uns alle fragend an.
    »Der Sheriff ist derjenige, der von den Armen stiehlt. Es gibt viele Sheriffs«, antwortet er selbst und kratzt sich hinterm Ohr am Kopf.
    »Wie ist es mit Coop?« Die Frage stelle ich.
    »Coop?« Er runzelt die Stirn.
    »Ist Coop ein Sheriff?«, fragt er.
    Ich sage nichts. Ich weiß es nicht.
    »Sheriffs«, wiederholt er. »Das sind solche, die von den Armen stehlen.«
    »Robin Hood«, sage ich, »er nahm von den Reichen und gab den Armen. Darf man das? Von den Reichen nehmen? Wenn man es den Armen gibt und nicht für sich selbst behält?«
    Er runzelt die Stirn.
    »Jesus«, sagt er, »er nahm nicht von den Reichen. Aber er gab den Armen. Er gab ihnen noch größeren Reichtum als den auf Erden.«
    Das verstehe ich nicht, auch wenn es gut klingt.
    »Aber was ist mit Robin Hood. Darf man von den Reichen nehmen? Stehlen und den Armen geben?«
    »Wer sind die Armen?« Er runzelt
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