Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
324 - Eine neue Chance

324 - Eine neue Chance

Titel: 324 - Eine neue Chance
Autoren: Michelle Stern
Vom Netzwerk:
unverhoffte Wiedersehen mit Aruula verunsicherte ihn. Wie nachtragend würde sie sein, weil er ihr die Rache verwehrt hatte? Und hatte sie gesehen, wie er Xij Hamlet küsste? Selbst wenn, war es wichtig? Matt wusste plötzlich nicht mehr, für wen sein Herz schlug. Xij oder Aruula.
    »Wir sollten uns um Vogler kümmern«, sagte Rulfan mit einem Blick auf den Marsianer. Der hochgewachsene Waldmann wirkte, als würde er jeden Moment zusammenbrechen.
    »Das kannst du zusammen mit Xij machen«, sagte Aruula entschieden. »Ich will mit Maddrax reden. Allein.«
    Matt zögerte, dann nickte er. Nach der langen Zeit war er Aruula dieses Gespräch schuldig. »Gut. Komm mit.«
    ***
    Grao’sil’aana durchsuchte eilig den Flächenräumer, entdeckte Reste an Proviant aus dem marsianischen Shuttle und in einem Raum so etwas wie Gräber. Hier lagen mehrere Felle gestapelt, die von anderen Besuchern der Anlage stammen mussten.
    Primärrassenvertreter , dachte er verständnislos. Lassen nützliche Dinge bei den Toten liegen, die sie nicht mehr brauchen.
    Er fand einen bionetischen Schlauch, der sich weit dehnen ließ, und packte an nützlichen Dingen hinein, was er finden konnte. Dann machte er sich auf dem Weg zum Ausgang. Die zehn Minuten Frist, die Aruula ihm gewährt hatte, waren vorüber. Einen Augenblick überlegte er, das Superior Magtron mitzunehmen. Die Versuchung war groß, doch das Risiko noch größer. Er entschied sich dagegen.
    Bei der Schleuse verhielt er kurz und warf einen letzten Blick zurück in Richtung Kommandozentrale. Ein ungewohntes Gefühl von Sentimentalität drohte aus der Tiefe seines logisch-rationalen Denkens aufzusteigen, doch er unterdrückte es rasch. Dann trat er hinaus in den Eiskanal. Rasch ließ er sich von dem bionetischen Aufzug nach oben zu der blau glänzenden Bruchkante befördern.
    Dort stand einsam und verlassen das Mondshuttle. Wie einfach, bequem und schnell wäre es, mit diesem Gefährt über den Planeten zu reisen. Zu dumm, dass er es nicht bedienen konnte.
    Grao’sil’aana wandte sich ab und stapfte davon, in drei Pelze übereinander gehüllt. Das Gewicht machte ihm nichts aus. Wichtig war nur, dass sein thermophiles Inneres nicht erkaltete. Er musste sich warmhalten, nur so konnte er handlungsfähig bleiben. Der Gedanke, im Eis zu liegen und vielleicht erst Jahre später gefunden zu werden, beunruhigte ihn.
    Und warum das alles? Weil ich Aruula in diese Höhle gesperrt habe, anstatt sie zu töten. Die Logik gebot, sie auszuschalten, ehe ich mich auf den Weg zum Südpol machte. Ich brauchte sie, um die Herrschaft auf den Dreizehn Inseln zu übernehmen, aber danach nicht mehr. Ich hätte kurzen Prozess machen müssen. Ich werde zu weich. Zu... menschlich .
    Grao’sil’aana hielt in seinen Gedanken inne. Aruula war die Erzeugerin Daa’tans. Vielleicht lag es daran, dass er es schon in Ägypten nicht geschafft hatte, sie zu töten. Stattdessen hatte er sie in einer Pyramide eingeschlossen, in der Hoffnung, dass sie verdursten würde. Er hätte ihr den Hals umdrehen oder ihr seinen zur Klinge verformten Arm durch ihren Körper stoßen sollen.
    Bahaafa hätte das nicht gutgeheißen , ging es im durch den Kopf. Aruula war eine Frau ihres Volkes.
    Dennoch ärgerte sich Grao’sil’aana über seinen Fehler. Wäre Aruula tot und nie hier aufgetaucht, hätte Mefju’drex vielleicht viele Jahre lang nicht von seiner List erfahren.
    Die Wut half Grao’sil’aana, sich trotz der eisigen Kälte vorwärts zu bewegen. Er hatte sich in den letzten Wochen gebraucht gefühlt. Wie bei Bahaafa. Und er hatte gegen den Streiter und für seinen Gott, den Wandler, gekämpft, auch wenn das keiner der anderen Daa’muren je erfahren würde.
    Unverdrossen arbeitete sich Grao’sil’aana über die Eisfläche vor. Er dachte dabei an sein Leben auf dem Blauen Planeten und an Thgáan. Obwohl er fürchtete, dass von dem Lesh’iye nichts übrig war und er sich außerdem viel zu weit entfernt aufhielt, begann er, den Rochen mental zu rufen.
    Doch Thgáan antwortete nicht. Kein Wunder: Graos telepathische Kräfte waren längst erloschen.
    Wir sind beide Opfer in diesem Spiel , dachte Grao’sil’aana düster und erschrak zugleich über den Gedanken, weil er ihm zutiefst menschlich erschien. Was bedeutete es schon, wenn Thgáan und er für alle Daa’muren ihr Leben gaben? Die Gemeinschaft ging vor, der Einzelne war unbedeutend. Die Hauptsache war, dass der Wandler weiter durch das Universum streifen konnte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher