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323 - Die Hölle auf Erden

323 - Die Hölle auf Erden

Titel: 323 - Die Hölle auf Erden
Autoren: Manfred Weinland
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der Grube gearbeitet hatten, glitt plötzlich nach unten weg, als versinke er in Treibsand.
    Alle, die um das Loch versammelt waren, sahen es: Die Beine des Mannes versanken im Nichts , schienen sich aufzulösen! Hüfte und Bauch folgten, und als die Umstehenden endlich reagieren konnten und die Hände nach ihm ausstrecken, verschwand auch der Kopf. Sein entsetzter Schrei verstummte wie abgeschnitten. Zurück blieb ein kreisrunder Hohlraum, dessen freigelegter Rand in dem aufwallenden Staub bläulich schimmerte.
    Sämtliche Arbeiter krochen aus der Grube, geschockt von der Rasanz, mit der das unfassbare Phänomen den Soldaten verschlungen hatte. Die Mönche stimmten ein Gebet an.
    Tôson befahl, die Scheinwerfer neu auszurichten, um vom Grubenrand aus besser zum Grund hinabschauen zu können.
    »Ja’shin!«, keuchte jemand. »Was ist das?«
    Mönche und Soldaten starrten gleichermaßen entsetzt auf das Flimmern, das das obere, offene Ende der kreisrunden Höhlung abschloss. Wohin war der Mann verschwunden?
    »Wir brauchen ein Seil«, befahl Ejima Tôson. »Und bringt den Gefangenen her! Wenn einer weiß, was das zu bedeuten hat, dann er.«
    Doch statt mit dem Spion, kehrten seine Männer wenig später mit einem verkatert wirkenden Professor Kurosawa zurück, der sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Nacken rieb und fluchte. »Ihr habt ihn entkommen lassen! Ariaga wird euch häuten lassen, wenn er das erfährt!«
    Sein Blick wanderte dorthin, wohin die meisten starrten, die am Rand der Grube Aufstellung genommen hatten.
    Das sonderbare Flimmern in der Tiefe machte auch ihn sprachlos, während Tôsons bellende Befehle die Jagd nach dem Flüchtigen eröffneten.
     
    Kaito nahm die drei Gefährten an der Anlegestelle, die zu seinem Elternhaus gehörte, in Empfang. Rasch bestiegen sie das erstaunlich große Boot. Es befand sich Ausrüstung darin, die darauf schließen ließ, dass Kaitos Vater damit wohl auch zum Fischfang in die Bucht hinausfuhr. Im Heck des Bootes war aber genug Platz für vier Personen.
    Statt den Motor anzuwerfen, legten sie die Strecke bis zur Stadt rudernd zurück, Kaito auf der einen, Matt auf der anderen Seite. Xij nutzte die Zeit, um den Daa’muren über alles zu informieren.
    Eine halbe Stunde später tauchte vor ihnen der Kai auf, hinter dem sich die Lichter der Großstadt erstreckten. Nachdem Kaito ausgestiegen war, das Boot vertäut und sich überzeugt hatte, dass die Luft rein war, wechselten auch Matt, Xij und Grao ans Ufer. Während die beiden Ersteren die von Kaito mitgebrachte Kleidung anlegten, veränderte der Daa’mure einfach seine Gestalt, bis er einem einfachen Landbauern in traditioneller Kleidung entsprach.
    Kaito war das Schaudern anzusehen, das ihn durchlief. Doch es bestärkte ihn auch in seinem Entschluss, den Fremden zu helfen. Einfache amerikanische Spione verfügen nicht über solche gottgleichen Gaben.
    Im Schutz der Nacht eilten sie dem Gebäude entgegen, von dem sie hofften, dass es immer noch das Superior Magtron beherbergte. Einen Plan B für den Fall, dass das Gerät mittlerweile aus der Stadt herausgebracht worden war, um es anderenorts näher zu untersuchen, hatten sie nicht. Dafür war die verbleibende Frist zu knapp bemessen.
    Ungefähr eine Stunde nach Mitternacht erreichten sie, von Kaito geleitet, ihr Ziel. Und Grao veränderte sich ein weiteres Mal...
    ***
    Es war schon die zweite Störung in der Nacht vom fünften auf den sechsten August 1945 – diesmal aber ohne den Paukenschlag einer gebäudeinternen Explosion.
    Erneut war es Ariagas Ordonanz, die den ranghöchsten Soldaten des Bezirks Hiroshima aus dem Schlaf holte. Salutierend meldete er: »Ein Mönch verlangt, vorgelassen zu werden, Chûjô. Es sei dringlich, und er lässt sich nicht abwimmeln. Er sagt, es gehe um den feindlichen Spion – und den Gegenstand, der bei ihm gefunden wurde.«
    »Ein Mönch? Wie heißt er?«
    Als der Ordonanzoffizier Kaitos Namen nannte, veränderte sich der mürrische Ausdruck auf Ariagas Gesicht. »Bring ihn her.«
    Der Soldat salutierte und verließ zackig den Raum.
    Wenig später kehrte er in Begleitung des jungen Mönchs zurück. Im trüben Licht der nackten Glühbirne, die das Büro erhellte, winkte der Generalleutnant den Besucher näher zu sich heran.
    »Was kann so wichtig sein, mich mitten in der Nacht damit zu behelligen?«
    Der Mönch blickte zur Ordonanz, die neben der Tür Aufstellung genommen hatte.
    »Oh, du willst unter vier Augen mit mir sprechen?«
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