Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
kaufen will.“
    „Darum sind Sie so zeitig aufgestanden?“
    „Ja, darum“, erklärte der Onkel Daniel. „Mijnheer van Aardappelenbosch hat vielleicht sonst die Eigenschaft, gut und lange zu schlafen, heute aber hat ihm ein sehr lebhafter Wunsch, welchen er hegt, keine Ruhe gelassen. Ich konnte vor Freude nicht schlafen. Als es hell war, wollte ich einen Spaziergang unternehmen und traf auf der Treppe den Mijnheer, dem ich sehr willkommen war, denn nun fand er Gelegenheit, mir das zu sagen, was er mir vorher nicht sagen konnte, weil er gern mitsingen wollte.“
    „Wohl, daß er das ganze Öl kaufen will?“
    „Ja, das ganze Öl!“
    „Al het olie, al het huis en al het land – Das ganze Öl, das ganze Haus und das ganze Land!“ nickte der Dicke sehr ernsthaft.
    „Aber das ist doch nicht Ihr wirklicher, ernster Wille, Mijnheer?“
    „Ik wil het, en ik maak het – Ich will es tun und ich mache es!“
    „Ich habe es bisher für Scherz gehalten!“
    „O nein, es ist sein völliger Ernst“, sagte der Onkel. „Ich habe ihm sogar schon den Preis genannt. Er will Rücksprache mit dem Ingenieur nehmen und sich in den Büchern orientieren.“
    „Das nenne ich Entschlossenheit! Sie sind ein kühner Mann, Mijnheer!“
    „Ja, ik ben tapper. Ik ben zwak en ziek, en ik wil dik en gezond worden. De lucht is hier zeer goed – Ja, ich bin tapfer. Ich bin schwach und siech, und ich will dick und gesund werden. Die Luft ist hier sehr gut.“
    „Nun, mir kann das sehr recht sein“, meinte Stein. „Ich habe es für unmöglich gehalten, einen Käufer zu finden. Jetzt, da sich Mijnheer van Aardappelenbosch bereit erklärt, das Etablissement käuflich zu übernehmen, wird mir das Herz leicht. Meine Arbeiter bekommen einen guten Herrn, und ich kann in die Heimat zurückkehren. Werden wir einig, so sorge ich, soviel es mir möglich ist, dafür, daß er dieselben Erleichterungen findet, welche ich gefunden habe. Ich werde ihn dem Schutz des T'eu empfehlen, und von den Hoei-hoei bin ich überzeugt, daß sie meinem Nachfolger dasselbe Wohlwollen schenken wie mir. Wegen der Sprache braucht es ihm nicht bange zu sein, da der Ingenieur ja die seinige spricht, und so viel Chinesisch, wie man braucht, um sich den Arbeitern verständlich zu machen, ist bald gelernt. Doch, solche Arrangements lassen sich nicht an einem Tag und auch nicht in einer Woche treffen. Wir haben ja Zeit, und je länger Sie bei mir bleiben, desto lieber ist es mir. Jetzt wollen wir zum Frühstück, und dann sollen Sie mir von Ihrer Heimat und Ihrer Reise erzählen!“
    Sie kehrten in das Haus zurück. Der Dicke ging langsam hinterdrein und sagte für sich: „En ik maak het dook. Ik koop al het olie en al het Ho-tsing-ting – Und ich mache es doch. Ich kaufe das ganze Öl und das ganze Ho-tsing-ting!“
    Dabei blieb er, heute und auch die kommenden Tage. Er ließ dem Onkel keine Ruhe. Dieser mußte ihn in seine Bücher einweihen und ihm alles zeigen und erklären. Der Dicke besichtigte und prüfte jeden Gegenstand und entwickelte dabei eine Beweglichkeit und Ausdauer, welche zu bewundern war. Bald erfreute er sich einer großen Beliebtheit bei den Arbeitern. Er konnte zwar nicht mit ihnen sprechen, aber er kannte den chinesischen Gruß, und sein Tsching-tsching klang einem jeden, der ihm begegnete, schon von weitem entgegen. Dabei nickte er so freundlich mit dem Kopf und lächelte jeden so herzlich an, daß sie geradezu gezwungen waren, ihn liebzugewinnen.
    Als drei Wochen vergangen waren, wurde der Kauf abgeschlossen. Das gab wieder einen festlichen Tag für die bisherigen Gäste, für die Mandarine, welche den Kaufkontrakt abzufassen und zu unterzeichnen hatten, und für die Arbeiter. Der Mijnheer hatte alles gekauft, wie es stand und lag, so daß dem Onkel das Fortziehen leichtgemacht wurde. Er brauchte nicht viele und große Kisten zu füllen.
    Es versteht sich ganz von selbst, daß Richard indessen an seine Mutter geschrieben hatte. Auch der Methusalem hatte an Ye-kin-li geschrieben und ihm gemeldet, daß es ihm gelungen sei, sein Kong-Kheou zu lösen. Ebenso hatten Liang-ssi und Jin-tsian an ihn geschrieben. Onkel Daniel sandte diese Briefe durch einen sicheren Expressen nach Kanton zu seinem Geschäftsfreund, welcher sie mit nächstem Schiff abgehen lassen sollte.
    Es läßt sich denken, daß ein Mann wie Stein nur mit Wehmut von seiner Schöpfung Abschied nimmt. Doch wurde ihm derselbe durch den Gedanken erleichtert, daß er der geliebten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher