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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden
Autoren: Karl May
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Heut ist ein Fest- und Freudentag. Der Tod soll ihn keinem von denen, die wir lieben, noch in der letzten Stunde zum Trauertag machen.“
    „Und schnell noch eins: Ist Waller gerettet?“ erkundigte ich mich. „Er sieht fast munter aus!“
    „Sie haben es ja gehört: Er ist ihn los, für alle Ewigkeit. Natürlich ist er nun gerettet. Sie sehen und hören, ich mußte unerbittlich sein. Nun gehen Sie!“
    Ja, ich ging. Wie selbstverständlich alle diese Dinge für ihn lagen, die von Millionen noch nicht einmal geahnt worden sind!
    Eben als ich draußen die Tür hinter mir zumachte, kam der Sejjid von der Treppe her, auf der mich Yin aus dem Garten des Ahnensaales hier heraufgeführt hatte.
    „Nun?“ fragte ich ihn. „Schon wieder hier? Du sollst ihm doch folgen!“
    „Das habe ich getan, Sihdi. Er ist fort.“
    „Wohin?“
    „Hinaus, aus dem Schloß. Nun wird er die Straße hinabgehen nach dem Dorf. Ich konnte ihm da nicht folgen, weil es zu hell ist; er hätte mich gesehen. Auch hatte ich keine Lust, ihm über die Mauer nachzusteigen. Wäre er durch das Tor gegangen, so könnte ich noch gar nicht wieder hier sein. Aber er hatte es sehr eilig und schwang sich gleich über die Brüstung hinaus auf die Straße.“
    „Brüstung? Wo? Wo ist die Stelle?“ fragte ich. „Hier im Innern des Schlosses führt doch keine Straße vorüber.“
    „Gleich da unten, in dem Garten“, antwortete er.
    „Wo du soeben herkommst?“
    „Ja.“
    „Schnell, führe mich! Ich muß die Stelle sehen!“
    Er stieg mir voran, in den Garten hinab. Links sah ich die Tür, durch welche ich aus dem Ahnensaal getreten war. Rechts, ganz vorn, hatte ich dann gestanden und über die Mauer in die ungeheure, senkrecht abfallende Tiefe hinuntergeschaut. Dahin ging Omar.
    „Hier ist es“, sagte er. „Er mochte mich gehört haben, denn er machte sehr schnell. Nachgesehen habe ich ihm nicht, weil es hier an dieser Ecke fast vollständig dunkel ist.“
    „So danke Allah, daß du ihm nicht nachgestiegen bist, lieber Omar!“ sagte ich, indem es mir wie kalter Schauer durch die Glieder ging. „Da draußen ist keine Straße, sondern es gähnt ein Abgrund, in dem ein jeder, der hinunterstürzt, ganz unbedingt zerschmettern muß. Dieser Dilke ist tot. Aber halte es geheim! Du darfst nicht eher davon sprechen, als bis ich es dir erlaube, zu keinem Menschen!“
    Er schüttelte sich vor Grauen, sah still zu Boden und fragte dann:
    „Sihdi, darf ich etwas sagen?“
    „Ja. Was?“
    „Ich möchte gern wissen, was er nun eigentlich gewesen ist, ein Offizier oder ein Missionar.“
    „Ein Mensch war er; das mag dir genügen. Ein armer, unglücklicher Mensch, der falsche Wege ging und darum sich hier in diesen Schlund verirrte.“
    „So gehe ich jetzt hinauf in die Kapelle, um für ihn zu beten. Darf ich das, obwohl er Christ gewesen ist und ich aber Mohammedaner bin?“
    „Wie du nur erst noch fragen kannst, Sejjid Omar! Das wundert mich!“
    „Du wunderst dich? Ich möchte – – – ah, ich weiß, ich weiß; jetzt fällt es mir ein! Ich gehöre ja zu unserer großen ‚Shen‘ und darf darum für alle Menschen beten! Wie herrlich das ist, wie herrlich! Ich gehe also hinauf, hinauf!“
    Er begab sich nach der Straße hinaus, die zur Kapelle führte. Ich stieg die Stufen wieder empor, um Tsi im Bildersaal zu melden, was ich erfahren hatte. Die Gruppen der dort Anwesenden hatten sich aufgelöst, die Figuren der Bilder einzeln zu betrachten. Yin hatte sich dem Ho-Schang zugesellt, um ihm die Bedeutung dessen, was er nicht begriff, zu erklären. Nur dort bei Waller gab es mehrere Personen. Tsi stand mit Fang bei ihm und Mary. An seiner andern Seite hatte der Governor den Stuhl, auf dem ich saß, jetzt eingenommen. Tsi sah mir an, daß ich zu ihm wollte, und kam mir entgegen, damit niemand höre, was ich ihm zu sagen hatte. Er nahm es ruhig hin, ohne ein einziges Wort der Verwunderung oder gar des Schreckens.
    „Das war die Lösung, das!“ sagte er. „Es konnte und durfte gar nicht anders kommen. Daher meine Unerbittlichkeit gegen diesen Abgeschiedenen. Nur so augenblicklich schnell hatte ich es nicht erwartet. Zwei solche Raufbolde in einem einzigen Körper, das ist zuviel!“ Und lächelnd fügte er hinzu: „Das ist sogar zuviel für ein ganzes Volk, für eine ganze Nation, für die ganze Menschheit! Und doch haben wir sie jahrtausendelang ausgehalten und begünstigt, diese beiden unverbesserlichen Händelsucher in unserem Menschheitskörper!
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