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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden
Autoren: Karl May
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so gesagt.“
    Er sprach die beiden Worte nicht in der richtigen Weise aus; aber es war klar, daß Fu Vater und Tsi Sohn bedeutete. Im Chinesischen hat dasselbe Wort oft sehr verschiedenen Sinn. Die beiden Gäste hatten ihre Namen nicht genannt und sich einfach als Vater und Sohn bezeichnet. Da hier im Haus niemand ihrer Sprache mächtig war, so hatte man sie als Monsieur ‚Vater‘ und Monsieur ‚Sohn‘ in das Fremdenbuch eingetragen und glaubte noch besonders pfiffig zu sein, indem man sie für Verwandte hielt. Sie aber ließen es sich lächelnd gefallen, daß ihr Verwandtschaftsgrad als Namen ausgesprochen wurde. Dem Personal gegenüber sprachen sie französisch, und zwar so vorzüglich, daß eine langjährige Übung mit Gewißheit anzunehmen war.
    Was ihre Gesichter betrifft, so trat der mongolische Schnitt derselben nur wenig hervor. Bei dem Sohn mochte diese Milderung eine Folge der Jugend sein; bei dem Vater aber war es ganz entschieden der Wirkung geistiger Tätigkeit zuzuschreiben, daß ihn fast nur der echt chinesisch gepflegte Bart als einen ‚Sohn der Mitte‘ verriet. Man brauchte kein Menschenkenner zu sein, um diesem Mann anzusehen, daß sein Arbeitsfeld wohl kaum jemals ein materielles gewesen sei.
    Nach Tisch wurde draußen im Flur während des allgemeinen Speech die Tatsache festgestellt, daß die beiden Chinesen erstens aus Kanton, zweitens Onkel und Neffe und drittens in Paris gewesen seien, um dort ein Geschäft für Chinawaren einzurichten, dessen Leitung der Neffe übernehmen werde. Er habe den Onkel nur nach Ägypten zurückbegleitet, um die Trennung zu verzögern, werde aber hier von ihm Abschied nehmen und dann direkt nach Paris zurückkehren. Es war mir gleichgültig wer diese Entdeckung gemacht hatte. Ich konnte mir nicht denken, daß dieser so eigenartig, ich möchte sagen, geheimnisvoll geistreich aussehende ‚Monsieur Fu‘ ein Kaufmann sei, dessen Bestreben darin bestehe, billige chinesische Fächer und Vasen in Paris teuer an den Mann zu bringen.
    Der Zufall war so gütig, mich schon am nächsten Morgen einen heimlichen Blick in diese Verborgenheit tun zu lassen. Ich logierte, um möglichst viel Luft und Licht zu haben, zwei Treppen hoch und saß, mit Briefen beschäftigt, auf dem Balkon, als ich die Chinesen aus dem Hotel treten und hinüber zu Sejjid Omar gehen sah. Dieser besorgte ihnen zu seinem noch einen zweiten Esel, worauf er mit ihnen davontrabte. Dann hörte ich unter mir klopfen und bürsten. Das störte mich und wollte kein Ende nehmen. Ich bog mich über die Brüstung vor und schaute hinab. Es war nicht, wie ich vermutet hatte, das Zimmermädchen, sondern ein chinesischer Diener, welcher einen Koffer geöffnet hatte, um den Inhalt desselben einer Besichtigung beziehungsweise Säuberung zu unterwerfen. Die Chinesen wohnten also gerade eine Treppe unter mir. Ich ließ den Mann weiter klopfen und bürsten, ohne den Ruhestörer, was ich eigentlich beabsichtigt hatte, zur Ruhe zu verweisen.
    Dann wurde es still unter mir, doch verriet mir wiederholtes Räuspern, daß der Diener noch da sei. Ich schaute wieder hinab. Er war jetzt mit einem andern, kleinen Koffer beschäftigt, den er geöffnet hatte. Er ordnete da verschiedene Gegenstände mit einer Behutsamkeit, die auf ungewöhnlichen Wert schließen ließ, und versicherte sich von Zeit zu Zeit durch einen Blick nach den benachbarten Balkonen, daß er nicht beobachtet werde. Der Inhalt dieses Koffers schien also Dinge zu enthalten, von denen nicht jedermann wissen durfte. Eben jetzt hatte er einen Gürtel in der Hand, an welchem eine goldene, mit Rubinen besetzte Schnalle glänzte. Diese Art von Schnallen dürfen nur Mandarinen ersten und zweiten Ranges tragen! Dann sah ich ein Putsu (gesticktes Brust- und Rückenschild) erscheinen, dessen Stickerei einen Storch darstellte. Nach einer Kugelkette, einer Pfauenfeder und verschiedenen anderen Gegenständen, welche ich wegen ihrer Kleinheit nicht deutlich erkennen konnte, kam einer jener Beamtenhüte zum Vorschein, welche nur im Sommer getragen und darum ‚warme‘ Hüte genannt werden. Er hatte einen glatten, roten, ungeblümten Korallenknopf. Kugelketten dürfen nur von Mandarinen ersten bis fünften Grades um den Hals getragen werden. Pfauenfedern sind besondere Auszeichnungen; aber der Korallenknopf ist nur den Mandarinen ersten Ranges erlaubt. Diese sind entweder Zivil- oder Kriegsmandarinen. Die ersteren haben ein Putsu mit Storch, die letzteren ein dergleichen Schild
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