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301 - Libretto des Todes

301 - Libretto des Todes

Titel: 301 - Libretto des Todes
Autoren: Christian Schwarz
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Sieg und Siegfrieds Wahn‹ war der absolute Favorit der Opera-Besucher. Lange lag sie in der Zuschauergunst fast uneinholbar vorne. Dann aber wurde ich unbegreiflicherweise noch von Annder und seinem höchst durchschnittlichen Machwerk eingeholt. Ich bin sicher, dass vor allem zwei Direktoren seine ›Frechen Amouren der Friederike Sophie‹ nur so oft aufgeführt haben, weil Annder sie bestochen hat.« Er schnaufte schwer. »Aber dann hat in einer glücklichen Fügung Direktor Oliveer von der Greeflichen Opera für den letzten Spieltag meinen ›Wahnfried‹ ins Programm genommen anstatt Annders Machwerk, das er bis dato gespielt hatte. Durch diese völlig richtige Entscheidung kam es zu einem Gleichstand, denn Annder und ich stehen nun Kopf an Kopf mit jeweils siebenundzwanzig Aufführungen.«
    Einschaltquoten auf postapokalyptisch, dachte Matt amüsiert. Viel hat sich nicht verändert. »Es gibt also ein Patt. Wie wird das dann gehandhabt?«
    »Nun, mein alter Freund Wahnfried, der Ende vergangenen Jahres der neue Festspielmeister wurde, hat bestimmt, dass Annder und ich noch einmal gegeneinander antreten müssen. Eine der großen Operas, die Meister Wagner einst geschaffen hat...«
    Er unterbrach sich, als Xij aufstand und sich verabschiedete.
    »Willst du denn nichts essen?«, fragte Matthew besorgt.
    »Hab doch keinen Hunger.«
    Er bot an, sie zur Koje zu begleiten, doch sie winkte ab. »Es geht schon. Plaudert nur weiter«, murmelte sie und verschwand über die Rampe in PROTOs Inneres.
    Matt hörte sie wieder verhalten husten. Einen Moment war er versucht, ihr doch zu folgen, aber er wusste, dass sie darauf nur unwirsch reagiert hätte. Also wandte er sich wieder an Gunnter. »Was ist das für eine Oper?«
    »Sie handelt vom ›Fliegenden Neederlander‹«, gab der Operateer zurück. »Aber mehr als der Titel ist nicht bekannt, Partituur und Libretto sind auf ewig verloren. Nun hat Wahnfried uns aufgetragen, zu diesem Thema eine neue Opera zu komponieren und vor ihm aufzuführen. Er nennt diesen Wettbewerb Krieg der Operateere. Er alleine bestimmt, wer gewinnt. Und das werde ich sein, denn mein alter Freund ist ohnehin der Ansicht, dass ich eine Inszenierung auf dem Hellgrünen Hügel längst verdient hätte.«
    Vitamin B wie Beziehungen, dachte Matt. Auch das hat sich bis heute nicht geändert...
    Gunnter stocherte mit einem Stock in der Wisaau herum. »Hmmm, ist bald durch, das böse Tier. Köstlich. Übrigens darf ich noch erwähnen, dass auch ich ein ernsthafter Kandidat für den Posten des Festspielmeisters war, mein lieber Maddrax. Aber ich habe abgelehnt. Was kann langweiliger sein, als die Festspiele zu organisieren und das ganze Jahr über Meister-Wagner-Studien zu treiben? Ich bin ein Mann überbordender Kreativität, staubige Archive sind nicht meine Welt. Und es kann eben nicht jeder ein Haagen sein.«
    »Verstehe.« Matt interessierte es nicht, wer dieser Haagen war; er schnitt lieber die ersten Stücke vom Braten. Gunnter fiel über das Fleisch her, als habe er seit Tagen nichts gegessen. Das Fett lief ihm bei jedem Bissen an den Mundwinkeln herunter.
    »Nun«, fuhr er kauend und dementsprechend undeutlich fort, »wir sind gerade im Endspurt. In reichlich sieben Tagen müssen wir unsere Werke vor Wahnfried aufführen. Mein ›Fliegender Neederlander‹ ist fertig, der von Annder noch nicht, wie ich weiß. Um die wichtigsten Passagen meines Werkes noch einmal ungestört durchzugehen, bin ich in den Wald gezogen.«
    »Ist die Akustik hier so gut?«, erkundigte sich Matt kauend.
    »Aber ach wo!«, entgegnete Gunnter. »Das tat ich, um Annders Spionen zu entgehen. Denn der Haderlump wird jede Gelegenheit nutzen, um mich zu plagiteeren, da er selbst keine wirklich guten Ideen hat. Du musst wissen, Plagiteeren ist fast schon gute Sitte in Barreut.«
    Kommt mir bekannt vor. »Es war leichtsinnig, sich unbewaffnet in die Wälder zu wagen«, sagte Matt. »Um ein Haar hätten die Wisaauen ein Abendessen mit vorhergehendem Gesang gehabt.«
    »Ich war leichtsinnig, gut, ja, stimmt. Aber das bin ich immer, und so habe ich wenigstens deine Bekanntschaft gemacht, Maddrax. Ich würde mich gerne bei dir revanchieren und dich zu einer Aufführung meines ›Wahnfried‹ einladen. Du wirst begeistert sein. Zudem nenne ich einen wunderbaren Medikus mein Eigen, der sicher auch deiner Freundin helfen kann. Natürlich seid ihr beide Gäste in meinem Haus, so lange ihr wollt.«
    Matt nahm dankend an. Weniger wegen der
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