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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden
Autoren: Karl May
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bringen. Diese Beweise konnten nur darin bestehen, das geraubte Gold zu finden und ihnen auf den Kopf zu sagen, daß sie es gewesen seien, die es versteckt hatten. Daß sie den Caddo-Indsmen die Pferde und Gewehre der Ermordeten geschenkt hatten, war von fast gar keinem Wert, weil sie auch ohne Mord in den Besitz derselben gelangt sein konnten, und besonders auch deshalb, weil nach dem Savannenbrauch das Zeugnis dieser beiden Roten so viel wie gar nichts galt.
    Ich kann nicht behaupten, daß der Kapitän als Vorsitzender das Verhör in sehr pfiffiger Weise leitete; doch falls ich aufrichtig sein will, muß ich eingestehen, daß es mir an seiner Stelle auch nicht gelungen wäre, die Verbrecher zum Eingeständnis ihrer Tat zu bringen. Der Hauptbeweis, den wir unter den gegenwärtigen Verhältnissen bringen konnten, war der Umstand, daß sie die Ermordeten mit Absicht nicht überholt, sondern ihren Ritt so eingerichtet hatten, daß sie dieselben erst nach Einbruch der Dunkelheit erreichten. Zwar waren auch diese Spuren nicht mehr zu sehen, aber wir konnten es beschwören. Leider war damit auch nur die Einholung und nicht die Ermordung der Burnings erwiesen.
    Aus diesen Gründen bestand das Verhör nur aus den Anschuldigungen von Seiten des Kapitäns und in der Zurückweisung seiner Behauptungen seitens der Angeklagten. Ihre Frechheit stieg bis zum Hohn und Übermut, und ihre Lästerungen gingen so in das Unglaubliche, daß ich es endlich nicht mehr aushalten konnte und den Vorsitzenden bat, die Untersuchung, wenn nicht zu schließen, so doch wenigstens für heut abzubrechen.
    „Abbrechen?“ fragte Grinder unter Lachen. „Das müssen wir uns verbitten. Wir verlangen entweder die sofortige Verurteilung auf Grund unumstößlicher Beweise oder unsere augenblickliche Freilassung. Ich will auf der Stelle erblinden, wenn wir ein zwischen diesen beiden liegendes Mittelding zugeben!“
    „Ja“, fiel Slack ein; „entweder hängt uns auf, oder laßt uns frei! Etwas anderes ist gar nicht zu denken. Was dieser Mr. Beyer und sein Indianer gegen uns vorbringen, ist so lächerlich, daß mich ihre Dummheit geradezu erbarmen kann. Es ist uns nicht das Geringste anzuhaben, dennoch wollen wir, um unsere Unschuld sogar im Übermaß zu beweisen, ihnen eine Chance geben, ihre Behauptungen zu verfechten. Steckt uns heut abend mit ihnen in einem dunklen Raum zusammen, und gebt jedem ein gutes, spitziges Messer in die Hand! Wenn sie auf diese ritterliche Art der Überführung eingehen, so soll mich Gott wahnsinnig machen, wenn wir ihnen unsere Unschuld nicht in der Weise durch die Rippen stechen, daß morgen früh nur noch ihre stinkenden Kadaver übrig sind. Bist du damit einverstanden, Grinder?“
    „Mit größtem Vergnügen“, antwortete der Gefragte. „Amerikanische Duells, Mann gegen Mann im Dunkeln, sind unsere ganz besondere Spezialität; es ist dabei schon mancher an unsern Messern zu Grunde gegangen, und es sollte mir eine wahre Wonne sein, wenn diese sogenannten Gentlemen auf deinen Vorschlag eingingen. Leider bin ich überzeugt, daß sie den Mut nicht haben werden, darauf einzugehen. Lügen können sie wie gedruckt, aber ob auch kämpfen? Pshaw!“
    Ich warf einen fragenden Blick auf Winnetou; er antwortete zustimmend bloß mit den Augenlidern. Darum sagte ich:
    „Das ist Großsprecherei, weiter nichts! Gingen wir auf diesen Vorschlag ein, so würden sie ihn sofort zurückziehen.“
    „Zurückziehen?“ lachte Grinder, daß es dröhnte. „Zwei so berühmte und gefürchtete Duellmeister wie wir und zurücktreten! Dieser Gedanke ist so lächerlich, so albern, daß ich gar keine Worte finde, ihn richtig zu bezeichnen.“
    Die beiden fuhren in dieser Weise noch eine ganze Weile fort, uns zu verhöhnen, bis ich bei dem Vorsitzenden den Antrag stellte, auf ein Doppelduell als Gottesurteil zu erkennen. Das Wort Gottesurteil erregte wieder die Heiterkeit der Angeklagten, welche förmlich stolz darauf waren, nicht an Gott zu glauben. Sie waren vollständig überzeugt, daß wir jetzt nur notgedrungen und bloß scheinbar auf das Duell eingingen, heut abend aber gewiß verschwunden sein würden. Der Kapitän dagegen, welcher wußte, wer wir waren, und daß also für uns nichts zu fürchten sei, erklärte sich mit meinem Antrag einverstanden, und so wurde bestimmt, daß wir vier Personen, jede mit einem Messer bewaffnet, von heut abend acht Uhr bis morgen früh acht Uhr in einem leeren Schuppen einzuriegeln seien, um die Frage über
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