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3 Weihnachtsgeschichten - Erst ich ein Stück, dann du

3 Weihnachtsgeschichten - Erst ich ein Stück, dann du

Titel: 3 Weihnachtsgeschichten - Erst ich ein Stück, dann du
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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an?
Ausgerechnet am Heiligen Abend!

    Oma schüttelt den Kopf. Opa runzelt die Stirn. Timmi seufzt. Hoffentlich dauert das Gespräch nicht so lange! Nein, schon steckt Papa seinen Kopf durch den Türspalt. „Wir kriegen nachher noch Besuch“, sagt er hastig. „Wahrscheinlich zum Abendbrot, also erst nach der Bescherung.“
    „Wer ist es denn?“, erkundigt sich Oma.
    „Ein alter Freund“, sagt Papa. „Ich habe ihn ewig nicht gesehen. Er kommt aus Texas und möchte gern mal wieder deutsche Weihnachten erleben. Ich konnte ihm das unmöglich abschlagen.“ Die Tür klappt zu und Papa ist wieder weg.

    „Typisch Texas!“, knurrt Opa. „Hätte sich der Mann nicht ein bisschen eher anmelden können?“
    „Vielleicht ist er nett“, meint Timmi – und vergisst den unerwarteten Besuch gleich wieder. Denn nun läutet wirklich das Silberglöckchen.
     
    Das Wohnzimmer ist ganz verzaubert.
Oh, wie gut duftet der Tannenbaum!
Oh, wie hell strahlen die Kerzen!
     
    Die ganze Familie bestaunt und bewundert den Anblick, der so vertraut ist und doch jedes Jahr neu. Eine Weile schweigen sie alle, dann greift Mama nach der Gitarre und stimmt das erste Lied an: „Stille Nacht, heilige Nacht ...“

    Timmi lehnt sich zurück. Sein Blick wandert zu den Paketen, die unter dem Tannenbaum liegen – große und kleine, flache und bucklige, alle bunt verpackt und mit Schleifen verziert.
    Sicher sind ein paar Überraschungen für Timmi dabei. Er hat ja nur einen einzigen Wunsch auf seinen Zettel geschrieben. Doch diese Überraschungen sind ihm egal. Er brennt nur darauf zu erfahren, wie es sich anfühlt, Cowboy zu sein.

     
    Aber geht das denn ohne Pferd?
Man kann doch ein Pferd nicht
unter den Tannenbaum stellen!
Es lässt sich doch nicht verpacken
und mit einer Schleife verzieren!

     
    Alles Blödsinn!, denkt Timmi. Das Pferd ist genauso ein Blödsinn wie die Prärie und die Viehherde, der Hut und die Stiefel. Der ganze Wunsch, Cowboy zu sein, ist ein einziger Quatsch. Er lässt sich gar nicht erfüllen.

    Als Mama Oh, du fröhliche anstimmt, ist Timmis Kehle ganz eng. Er kriegt keinen Ton mehr heraus. Und als Papa schließlich sagt: „Jetzt wird ausgepackt!“, bleibt er wie festgeklebt sitzen.
    Opa legt ihm das erste Paket auf den Schoß.
    „Danke“, sagt Timmi höflich. Ungewöhnlich langsam löst er die Schleife. Überraschend sorgfältig wickelt er das Papier ab.
    Zum Vorschein kommt ein Zauberkasten. Ja natürlich, irgendwann hat Timmi gesagt, so einen Kasten fände er gut. Jetzt legt er ihn schnell beiseite. Dann steht er steifbeinig auf und packt auch die anderen Sachen aus, die für ihn bestimmt sind: ein Buch, ein Spiel, ein Sweatshirt, eine Schachtel Buntstifte, eine DVD und jede Menge Süßigkeiten.

     
    Papa dreht die DVD in der Hand.
und sagt: „Oh, das ist ja ein Western!
Spielt in der Prärie und erzählt
von einem mutigen Cowboy.“
     
    „Wird mir bestimmt gefallen“, sagt Timmi. Er tut sehr erfreut, aber am liebsten möchte er weinen. Da träumt er nun seit Wochen davon, selbst ein Cowboy zu sein, und jetzt soll er sich eine DVD angucken!
    „Bist du nicht zufrieden mit deinen Geschenken?“, fragt Mama. „Ich finde, du siehst ein bisschen enttäuscht aus.“
    „Natürlich bin ich zufrieden“, behauptet Timmi. Er trägt alles, was er bekommen hat, in sein Zimmer. Da hockt er, bis Mama zum Abendbrot ruft.
    Der Tisch ist festlich gedeckt. In der Mitte brennen fünf weiße Kerzen in einem silbernen Leuchter. Ein Stuhl bleibt leer, ein Gedeck unbenutzt.
    „Es sollte doch noch Besuch kommen“, sagt Opa. „Müssen wir mit dem Essen nicht auf ihn warten?“
    Papa schüttelt den Kopf. „Johnny ist ein lockerer Typ. Wenn er zu spät kommt, nimmt er bestimmt gern die Reste.“

     
    Timmi hat keinen rechten Appetit.
Dabei gibt es lauter leckere Sachen.
     
    Irgendwann klingelt es an der Tür. Papa läuft hin. Er freut sich anscheinend. Der Mann, mit dem er zurückkommt, lacht auch übers ganze Gesicht. Seine Augen strahlen, seine Zähne blitzen. Er schüttelt allen kräftig die Hand und sagt jedes Mal: „Fröhliche Weihnachten! “ Er spricht also deutsch, obwohl er aus Texas kommt.

    „Johnny und ich, wir haben uns kennengelernt, als wir zwölf waren“, erklärt Papa. „Damals hieß er noch Hans-Georg.“
    „Schon nach zwei Wochen waren wir gute Freunde“, fügt Johnny hinzu. „Wir haben uns von Anfang an für dieselben Dinge interessiert. Das blieb auch so bis zum Ende der
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