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297 - Die Zeit läuft ab

297 - Die Zeit läuft ab

Titel: 297 - Die Zeit läuft ab
Autoren: Sascha Vennemann
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Nicht gerade mitten im Zentrum, aber in einem der nicht so dicht besiedelten Außenbezirke.«
    Matt nickte. »Das halte ich für das Vernünftigste.« Er schüttelte abermals den Kopf und sah seine Gefährtin an. »Diese Situation ist völlig unerwartet. Waarza dürfte nicht so aussehen. Irgendetwas ist hier geschehen, und ich würde gern erfahren, was.«
    Xij starrte weiter stoisch auf die Stadt herab. Sie pfiff dabei eine leise Melodie, die Matthew mit Schaudern als »Don't fear the Reaper« der Band »Blue Öyster Cult« identifizierte.
    Als die junge Frau merkte, dass sie gemustert wurde, hielt sie inne. »Was denn?«, machte sie. »Ich dachte, es passt gerade zur Stimmung…«
    ***
    Zur gleichen Zeit, im Zentrum Waarzas
    »Jola?«
    Tomasz' Ruf hallte durch den Innenraum der Parafia Swietej Trojcy. Der Schall brach sich an den zahlreichen eingezogenen Zwischenwänden, Plattformen und Leitern, die den gigantischen runden Innenraum der ehemaligen Dreifaltigkeitskirche ausfüllten, aber die Anführerin des Widerstands erkannte sofort, dass sich ihr Freund und Kamerad auf dem Dach ihres neuen Hauptstützpunktes befand. Mit einem kräftigen Ruck riss sie den Rest Fell von dem Gerul, den sie soeben für ihre nächste Mahlzeit ausgeweidet und vorbereitet hatte, und wischte sich die Hände an einem blutigen Lappen ab. Die rund vierzig Männer und Frauen, die zu ihrer Gruppe gehörten und das Gebäude gerade auf Vordermann brachten, blickten sie gespannt an.
    Sie formte einen Trichter mit den Händen, um ihren Ruf zu verstärken. »Was ist los?«, rief sie zu der Gewölbekuppel hinauf. »Sind wir entdeckt worden?«
    Leises Gemurmel ihrer Gefolgsleute erklang. War der Solnosc erneut auf ihre Spur gekommen?
    Tomasz' roter Haarschopf erschien in der runden Öffnung, genau in der Mitte der Kuppel, wo ein kleiner Aussichtsturm auf die Halbkugel aufgesetzt war. Von dort aus hatte man einen phantastischen Blick über die Stadt und konnte die Umgebung gut im Auge behalten. Perfekt für sie, die sie immer darauf achten mussten, dem Solnosc um eine Nasenlänge voraus zu sein und nicht entdeckt zu werden.
    »Ich glaube, wir sind hier vorerst sicher!«, rief er, und die Menschen in der Kirche atmeten erleichtert aus. »Aber ich habe gerade etwas Seltsames entdeckt, das du dir auf jeden Fall einmal ansehen solltest!« Der junge Mann winkte mit dem Binocular in seiner Hand und verschwand dann wieder aus Jolas Blickfeld.
    Warum so kryptisch? , dachte die junge Frau. Wenn er vor den anderen nicht darüber sprechen will, hätte er doch auch herabsteigen und mich beiseite nehmen können…
    Sie zuckte mit den Schultern und begann den Aufstieg über zahlreiche Holztreppen, Metallleitern und Sprossen. Der Sakralbau war unbewohnt gewesen, als sie hier eingezogen waren, aber vor wer weiß wie vielen Jahren mussten hier schon einmal Menschen gelebt und sich häuslich eingerichtet haben. Die hölzernen Zwischendecken, Zimmer und Holzetagenbetten zeugten davon, dass hier einst eine größere Gruppe ihr Leben verbracht hatte.
    Jola gefiel das, erinnerte es sie doch ein wenig an die Strukturen in dem Bunker, in dem sie die ersten neun Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Auch hier wurde der vorhandene Platz so effektiv wie möglich genutzt, die Gedrängtheit ging für sie aber nicht mit einem Gefühl von Bedrängnis, sondern von Geborgenheit einher.
    Eine Minute später stand sie auf dem ringförmigen Plateau des nur knapp drei Meter hohen Aussichtsturms und ließ sich von Tomasz das Fernglas reichen. »Seit drei Tagen verhalten sich die Truppen des Solnosc erstaunlich ruhig.« Tomasz klammerte sich an das rostige Gitter des Umlaufs, der die Plattform umgab. »Ich will nicht sagen, dass das schlecht wäre, und dem Himmel sei Dank, dass wir uns hier in unserem neuen Heim ohne Probleme einrichten können, aber etwas misstrauisch macht mich die Situation schon.«
    Jola ließ den Blick über Waarza kreisen.
    Rauchsäulen stiegen überall in den verregneten Himmel. Ein Schwarm Kolks flatterte krächzend von einem der nahen Dächer auf und erhob sich bedrohlich in die Lüfte.
    Wir haben wirklich Glück gehabt , ging es der Siebzehnjährigen durch den Kopf. Hier haben wir alles im Blick, das Gebäude stand lange leer.
    Oleg hatte vorgeschlagen, dass sie hier ihr neues Lager einrichteten. Der Solnosc vermutete ihre Zelle wohl in den Außenbezirken der Stadt, da sie dort ihre letzten - leider entdeckten - Lager gehabt hatten. Dass sie sich hier im Zentrum
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