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294 - Der Keller

294 - Der Keller

Titel: 294 - Der Keller
Autoren: Manfred Weinland
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Aspekt, der ihm zugleich Halt schenkte und es ihm erleichterte, mit den neuen und umwälzenden Erkenntnissen klarzukommen: In der Heiligen Stadt hatte er Einsichten erlangt, die ihn über beinahe jeden anderen Menschen außerhalb Agarthas erhoben. Er, Aruula, Rulfan und natürlich Xij waren unversehens zu Mitwissern geworden, die dadurch ihre eigene Bedeutung objektiver einschätzen konnten.
    Je länger Matt darüber nachdachte, desto mehr hatte er das Gefühl, als wäre ihm eine Last von den Schultern genommen worden, die ihn schon seit Jahren unsichtbar belastet hatte. Sie waren nicht allein in ihrem Kampf um eine bessere Zukunft! Die Macht im Himalaja war ein neuer Hoffnungsfunke auch im Kampf gegen den größten Feind, der die Menschheit bedrohte - den Streiter. Auch wenn eine mögliche Waffe gegen diese kosmische Gefahr bereits abgeschrieben werden musste: der ZERSTÖRER. Letztlich konnten sie froh sein, ihn neutralisiert zu haben und ihm entkommen zu sein.
    Maddrax schauderte, als er an den Moment dachte, da er das Luftschiff mit der Monstrosität an Bord über einer Lavakluft durch einen gezielten Schuss mit dem Driller zur Explosion gebracht hatte.
    Was vom ZERSTÖRER noch übrig geblieben sein mochte, war danach unrettbar im Lavaschlund versunken - die wohl einzige Möglichkeit, diese Chimäre aus grauer Vorzeit tatsächlich zu besiegen. Lobsang Champas warnende Worte hatten sich zuvor drastisch bewahrheitet: dass der ZERSTÖRER mit konventionellen Waffen nicht aufzuhalten sei.
    Zwei Tage war das her.
    Zwei Tage, in denen die MYRIAL II schon eine enorme Strecke zurückgelegt hatte. Inzwischen befanden sie sich im Luftraum über dem früheren Iran. Eine staubige Gegend, heute wie vor fünfhundert Jahren - der Zeit, der Matthew Drax eigentlich entstammte.
    »Sie macht mir Sorgen«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Er löste seinen Blick von der Landschaft, auf die er aus der Luftschiffkabine hinabgeschaut hatte. Aruula legte den Arm um seine Taille und schmiegte sich an ihn.
    Er lächelte und küsste sie. Der leicht verlorene Blick ihrer Augen wich.
    »Was meinst du?«, fragte Matt. »Die Landschaft da unten?«
    Die Kriegerin der Dreizehn Inseln wirkte für einen Moment verwirrt, dann schüttelte sie den Kopf so heftig, dass die Haarmähne hin und her flog. »Ich meine Xij.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung in den hinteren Bereich der Gondel, wohin die junge Frau sich zurückgezogen hatte. Beide Arme ruhten überkreuzt auf der inneren Reling, das Kinn hatte sie gebeugt stehend darauf gestützt.
    Matt musterte sie. Selbst auf die Entfernung und in der Profilansicht wirkte es, als wären Xijs Gedanken an einem Ort, der sehr viel weiter entfernt war als der Boden, über den ihr Fahrzeug in moderater Höhe hinwegglitt.
    »Wahrscheinlich denkt sie an Agartha«, sagte er. »Daran denke ich auch hundertmal am Tag - du nicht?«
    »Natürlich«, erwiderte seine Geliebte. »Aber ich verbinde damit wahrscheinlich nicht halb so viel wie Xij.«
    Matt seufzte. »Stimmt. Das Kapitel ist für uns vorerst abgeschlossen. Bei Xij wird es vermutlich noch lange dauern.«
    In der Heiligen Stadt war Xij auf die Gedankensphäre gestoßen, eine atlantische Maschine, die einem Menschen alle Erinnerungen rauben und sie konservieren konnte. In einem früheren Leben - als Francesca Totti im 13. Jahrhundert - war ihr genau dies widerfahren. Damals konnte sie fliehen, bevor die Maschine sie regelrecht leergesaugt hatte - und war auf ihrer Flucht ums Leben gekommen. Seither wechselte sie, sobald sie starb, willkürlich in einen ungeborenen Körper irgendwo auf der Welt, genau zu dem Zeitpunkt, da sich dessen Bewusstsein bildete, wurde neu geboren und lebte dieses Leben, ohne sich an die früheren zu erinnern. [1]
    Beinahe jedenfalls - denn in ihren Albträumen und in Gefahrensituationen lüftete sich der Schleier um ihre Vergangenheit ein wenig und versorgte sie mit Wissen. Doch es waren stets die Leben nach der Gedankensphäre gewesen, die sie heimsuchten; alles, was davor lag, war verloren.
    Bis zu dem Moment, da der ZERSTÖRER die Sphäre vernichtet hatte und die eingesperrten Geister freigekommen waren. Und in Xij zurückkehrten…
    »Wie viele Leben mag sie schon gelebt haben?«, fragte Aruula.
    Matt zuckte mit den Achseln. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie das selbst schon weiß. Sie sagte ja selbst, dass ihr Geist es nicht verkraften würde, sich aller früheren Leben zu erinnern. Wahrscheinlich versucht ihr Unterbewusstsein gerade,
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