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292 - Chimären

292 - Chimären

Titel: 292 - Chimären
Autoren: Christian Schwarz
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Schreien der Besatzung, als die Gondelwand zur Hälfte eingedrückt wurde. Da sie zu allem Überfluss auch noch hängen blieb, bäumte sich die RANGJUNG auf wie ein bockiges Horsay, knallte erneut gegen die Wand - und stürzte dann mit schräg nach unten geneigter Schnauze ab!
    Chöpel spürte einen Schlag an der Stirn. Auf der Scheibe vor ihm war plötzlich Blut. Der Erste Maat rutschte quer durch die Kabine die fast senkrechte Schräge hinunter und schlug neben ihm mit voller Wucht gegen die Scheibe. Knochen brachen, der Unglückliche blieb stöhnend im Spalt zwischen Scheibe und Steuerkonsole liegen.
    Die Verabschiedung in die Wiedergeburt nahte. Chöpel fühlte keine Panik mehr. Er war ruhig und sah sein Leben in schnellen Bildern an seinem geistigen Auge vorbeiziehen.
    Ein fürchterlicher Ruck ging durch die Gondel. Ihm wurde schlagartig schwarz vor den Augen. Als er wieder zu sich kam, hing er immer noch schräg nach vorne geneigt im Pilotensessel. Das Schneetreiben hatte etwas nachgelassen.
    »Buddha, nein«, flüsterte der Kapitän heiser. Unter ihm war nichts als Abgrund. Und glühend heiße, gelbrote Lava, die in geschätzten tausend Metern Tiefe blubbernd und Blasen werfend den gigantischen Felsspalt füllte, so weit er links und rechts sehen konnte.
    Draußen pfiff noch immer der Wind. Trotzdem hörte Chöpel sein Herz überlaut schlagen. Neben ihm begann der Erste Maat zu stöhnen. Chöpel wusste nicht, ob es ein Glück war, dass er noch lebte.
    Plötzlich knirschte und kreischte es in den Leichtmetallgestängen. Es hörte sich an wie langgezogene Todesseufzer, die der Frachter in seinen letzten Momenten von sich gab. Mit einem Ruck rutschte das havarierte Luftschiff nach unten. Einige Meter nur, bevor es sich entschloss, sich noch einmal gegen den Feuertod zu sträuben. So blieb es weiter über dem Abgrund hängen…
    Auf dem Luftschiffhafen war derweil Großalarm ausgelöst worden. Da dringend benötigtes Uran an Bord des Frachters war, delegierte der Hafenkommandant die Verantwortung ganz nach oben und informierte Lobsang Champa, den König der Welt .
    Bereits zwei Stunden später weilte der Herrscher mit seinem Beraterstab vor Ort. Im Hauptgebäude des Luftschiffhafens traf er auf den Großen Rat Lhündrub. Die Hafenpolizei hatte ihn eingesperrt, obwohl die Regierenden des Königreichs Agartha Immunität genossen. Doch der Hafenkommandant war bereit, diesen ungeheuerlichen Vorgang auf seine Kappe zu nehmen und notfalls die Konsequenzen zu tragen.
    Lobsang Champa betrat die Gefängniszelle. Lhündrub, ein älterer Mann mit wettergegerbtem Gesicht, weißem Vollbart und einer ledernen Schiffermütze auf dem fast haarlosen Kopf, blickte dem König unglücklich entgegen.
    »Bist du jetzt komplett wahnsinnig geworden?«, fauchte ihn Lobsang Champa an. »Was hast du dir dabei gedacht, Lhündrub? Es ist schon bei gutem Wetter streng verboten, die Einflugkorridore zu queren. Und bei schlechtem erst recht.«
    Lhündrub nahm die Mütze ab und kratzte sich am Kopf. »Ich weiß«, murmelte er.
    Lobsang sah, wie unwohl sich sein alter Freund momentan in seinem kräftigen, schmerbäuchigen Körper fühlte, den er am liebsten in alte, ausgeleierte Luftschiffer-Klamotten steckte.
    »Du hast wieder Yeetis gejagt, was?«
    »Ja.«
    »Es gibt keine Yeetis, kapier das doch endlich!«
    »Natürlich gibt es sie!«, erwiderte Lhündrub aufbrausend und funkelte den König an. »Aber sie sind schlau und tarnen sich, deshalb fallen alle auf sie rein. Ich aber nicht. Dieses Mal hab ich gleich eine ganze Familie aufgespürt. Die Biester wollten gerade die Batterieladestation Süd zerstören, das musst du mir glauben, Lobsang. Leider sind sie mir beim ersten Anflug entkommen. Ich habe sie dann verfolgt, und dummerweise sind sie quer zur Einflugschneise West gelaufen. Aber ich konnte sie doch nicht entkommen lassen…!«
    Lobsang ballte die Fäuste und zerbiss einen Fluch zwischen den Lippen. »Konntest du nicht, ja? Und jetzt haben wir die Katastrophe. Die RANGJUNG hängt zwischen zwei Felsnadeln über dem Abgrund und auch das dringend benötigte Uran wird demnächst in der Lava verschwinden. So wie's aussieht, werden wir nicht mal mehr die Besatzung retten können. Wir kommen nicht an die Gondel heran.« Lobsang Champa, im blauen Mantel des Königs, schüttelte den Kopf. »Und das alles nur wegen deiner fixen Idee mit den Yeetis. Nein, sag jetzt bloß nichts. Was glaubst du, wie lange ich dich noch schützen kann? Wenn es hier
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