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2894 - Niemand stribt für sich allein

2894 - Niemand stribt für sich allein

Titel: 2894 - Niemand stribt für sich allein
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gestellt und sich gegenüber den Kollegen vom zuständigen Polizeirevier zu Stillschweigen verpflichtet.
    Das Brackwasser der Jamaica Bay stand nahezu still. Die Einmündungen kleiner Bäche und Kanäle brachten keine Bewegung in die trägen Fluten. Einer dieser künstlichen Zuflüsse stammte aus dem 17. Jahrhundert und begann auf dem Gelände des Canarsie Beach Park, etwa drei Meilen landeinwärts, jenseits der Wohnanlage Bay View Houses.
    Diesseits des Wohngebiets, am Ufer der Jamaica Bay und überspannt vom Shore Parkway, erstreckte sich die südwestliche Hälfte des Parks bis herunter zum Paerdegat Basin. Mitten im Grün des Parks, abseits der öffentlichen Wege, stand die Ruine einer alten holländischen Wassermühle.
    Dass wir an der richtigen Adresse waren, hatten wir festgestellt, als wir bei der Stadtverwaltung den Eigentümer des Grundstücks und des noch sehr stabilen Gemäuers herausgefunden hatten. Es war die Rooftop Produce Cooperative mit ihrem Geschäftsführer Clark Hanrahan. Sein Tod war in den Akten noch nicht vermerkt.
    Er hatte eine Sondergenehmigung erhalten, das denkmalgeschützte Gebäude mitsamt Grundstück zu erwerben und mit einer Dachfarm zu bestücken, weil der Gedanke der Eigenversorgung New Yorks mit Gemüse bei der Stadtverwaltung hoch im Kurs stand.
    Die Holländer hatten im 17. Jahrhundert den unterirdischen Kanal von der Quelle auf einem Hügel im heutigen nordöstlichen Teil des Parks zum Betrieb der Wassermühle gemauert und ins Paerdegat Basin münden lassen. Die Öffnung des Kanals war heute hinter Büschen verborgen, aber die ortskundigen Cops kannten die genaue Position, weil sie des Öfteren Jugendliche in Sicherheit bringen mussten, die dort verbotenerweise in das Mauergeviert eindrangen. Weit drangen sie nie vor, weil es landeinwärts absolut nichts Interessantes zu finden gab.
    Joe und Les stoppten den Außenborder und warfen den Anker aus. Wir checkten die Funkgeräte und die Phones und verstauten die Geräte wieder sorgfältig.
    »Viel Glück«, sagte Joe, ohne in unsere Richtung zu blicken. Er begann, das Angelzeug zu entwirren.
    »Ihr habt jetzt noch mal zwei Meilen vor euch«, fügte Les hinzu. »Allerdings wesentlich unbequemer.«
    Wir verloren keine Zeit. Der Fleischtransport nach Rikers Islands war für den frühen Nachmittag vorgesehen. Uns blieben im ungünstigsten Fall insgesamt nur rund vier Stunden, wenn wir davon ausgingen, dass der Transport schon um zwei Uhr eintreffen würde. Vier Stunden also, in denen das Geschehen für uns unkalkulierbar sein würde.
    Joe übernahm es, alle Einsatzbeteiligten per Phone vom Beginn unserer Mission zu verständigen.
    Das Parkufer war mit dichtem Gebüsch bewachsen, und auf dem weiter westlich gelegenen Uferstreifen hielten sich noch keine Menschen auf. So erreichten wir unbemerkt die aus algenbewachsenen Quadersteinen bestehende Kanalöffnung. Kristallklares Wasser floss mit geringer Strömung heraus.
    Wir klappten die Nachtsichtgeräte herunter und schalteten sie ein. Das grünlich-milchige Bild zeigte uns einen gemauerten Tunnel, der den Abmessungen entsprach, die uns die Wissenschaftler anhand der historischen Baupläne übermittelt hatten. Von der Sohle bis zur Decke betrug die Höhe des Kanals etwa zehn Fuß, die Breite belief sich auf fünf Fuß. Die Wassertiefe war unterschiedlich, mit durchschnittlich drei Fuß angegeben. Mal reichte uns das rauschende Nass bis zur Hüfte, dann wieder nur bis knapp über die Knie.
    Wir schoben uns zügig voran. Es war ein kräftezehrender Marsch, doch der Gedanke an Deana und an die Gefahr, in der sie schwebte, trieb uns voran.
    ***
    Es war wie das Licht am Ende des Tunnels, das sich langsam vor uns herausschälte – nur weniger hell und weniger verlockend. Genau genommen war es nicht mehr als ein blassgrauer Fleck im milchigen Grün der Nachtsichtoptik.
    Wir verlangsamten unsere Schritte nur geringfügig. Das Rauschen des Wassers war eine willkommene Geräuschkulisse, die mögliche verräterische Laute von uns überdeckte. Wir erkannten jetzt, dass es sich um zwei Löcher handelte, die vor uns in der Plankendecke klafften.
    »Wie auf dem Videoclip«, flüsterte Phil.
    »Deana müsste also auf dem Mittelstück sitzen«, erwiderte ich ebenso leise.
    Wir schoben uns bis unmittelbar an die vordere Öffnung heran und horchten. Das Halbdunkel in dem Hallenbau über uns entsprach dem blassgrauen Fleck, den wir ursprünglich gesehen hatten.
    Nichts rührte sich, nicht der leiseste Laut
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