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285 - Am Nabel der Welt

285 - Am Nabel der Welt

Titel: 285 - Am Nabel der Welt
Autoren: Manfred Weinland
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stellte.
    Schon einen Lidschlag später waren sie in der Halle.
    Doch sie hatten das Kollektiv unterschätzt.
    »Wudan - da sind Kinder!«, schrie Aruula auf.
    Tatsächlich: Eine Menge Kinder hatte am Boden der Halle geschlafen. Überall waren provisorische Schlaflager zu sehen. Und während Matt mit aller Kraft auf die Bremse trat, um PROTO rechtzeitig zu stoppen, sprangen diese Kinder auf und postierten sich vor dem Panzer. Sie bildeten eine lebende Sperre, hakten sich gegenseitig mit den Armen unter und erweckten nicht den Eindruck, jemals weichen zu wollen, egal was geschah.
    Matt schätzte die Lage blitzschnell ein. Seitlich und hinter der Kinderbarriere tauchten die ersten erwachsenen Gestalten auf. Schüsse fielen. Sie schlugen in die Außenhaut von PROTO ein, ohne Schaden anzurichten. Das würde sich ändern, wenn die ersten Laser ihr Feuer auf einen Punkt konzentrierten.
    »Erkennt ihr etwas?«, rief Matt seinen Begleiterinnen zu.
    Aruula verneinte, sie hatte nur Augen für die Kinder. Selbst Xij schien sich von deren Anblick nicht losreißen zu können, von ihrer kalten Entschlossenheit, sich lieber zu opfern, als den Panzer weiterzulassen. Sie offenbarten ihnen erstmals in ganzer Tragweite, wozu die Ex-Versteinerten tatsächlich fähig waren.
    »Okay«, seufzte Matt zerknirscht. Auch draußen erklangen Schüsse.
    »Die Retrologen«, ließ Aruula ihn wissen. »Sie greifen an. Wenn wir entkommen wollen, dann jetzt!«
    Matt wusste, was sie meinte. Die Leute draußen würden sich dem akuten Angreifer zuwenden und ihnen freie Bahn lassen.
    Er wartete nicht länger. »Rückzug!« Noch während seine Stimme durch das Cockpit hallte und draußen die nächsten Schüsse an der Panzerhülle zerplatzten, schaltete er in den Rückwärtsgang und lenkte PROTO wieder denselben Weg aus der Halle heraus, den sie gekommen waren.
    Draußen kuppelte und schaltete er erneut. Die kurze Spanne genügte, um zu sehen, dass die Retrologen ebenfalls schon wieder auf dem Rückzug waren. Der Vorteil, den sie sich davon erhofft hatten, im Kielwasser des Panzers zu agieren, erwies sich als nicht existent. Mit etwas Glück würden sie den aufgebrachten Hallen-Verteidigern entkommen.
    PROTO jedenfalls beschleunigte mit Höchstwerten. Und Matt stoppte den Panzer erst wieder etliche Kilometer vom Schauplatz des Geschehens entfernt im grauen Morgenlicht.
    »Das war Kacke«, fasste Xij kurz und prägnant ihre gescheiterte Mission zusammen. Schnell hob sie die Hände. »Nicht deine Schuld«, fügte sie an Matts Adresse hinzu. »Der Plan war brillant. Wer hätte mit den Kindern rechnen können?«
    »Niemand«, brummte Aruula. Ihr saß der Schrecken noch sichtbar in den Knochen. Hätten sie PROTO nicht rechtzeitig zum Stehen bringen können… nicht auszudenken! Sie hatte Ivee in der ersten Reihe gesehen. Sie wäre unter den Opfern gewesen.
    »Wir müssen uns einen anderen Weg einfallen lassen«, sagte Matt. Überzeugt klang das nicht.
    »Hat es denn überhaupt noch Sinn?«, fragte Xij. »Ich meine… was immer die Typen in ihrer Halle anstellen, es wird nicht den Untergang der Welt bedeuten. Lassen wir sie doch einfach machen und schauen später nach, was daraus geworden…«
    Matt blickte auf, als sie nicht weitersprach. Irritiert folgte er ihrem entgeisterten Blick zum Hauptmonitor. Und fuhr in nächsten Moment selbst in die Höhe wie von einer Siragippe gestochen.
    »Was - ist - das?«, ächzte Aruula.
    Matt traute seinen Augen nicht - oder wenigstens nicht dem übertragenen Kamerabild. Das musste er mit eigenen Augen sehen. Er hieb auf den Knopf, der die Rampe im Heck öffnete.
    Sekunden später standen sie draußen und starrten in den bedeckten Himmel, in dem neue Schneewolken dräuten.
    Aber nicht nur sie. Ein Objekt näherte sich von Westen.
    Es war ein großes Luftschiff, das so zielstrebig auf ihre Position zuhielt, dass ein Zufall unwahrscheinlich erschien.
    »Was, bei allen Pueraquila«, knurrte Xij voller Inbrunst, »hat das jetzt wieder zu bedeuten?«
    ENDE
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