Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
274 - Die dunkle Seite des Mondes

274 - Die dunkle Seite des Mondes

Titel: 274 - Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Oliver Fröhlich
Vom Netzwerk:
gepackt. »Na gut, ich mach's. Wann soll ich anfangen?«
    Auch Chandra erhob sich und reichte ihm die Hand. »Wie wäre es mit - jetzt?«
    ***
    Blut.
    Überall klebte Blut. Auf den Monitoren, den Sensoren, den Sesseln. An den Wänden, ja, sogar an der Decke. Und er war schuld daran!
    Er hob die Hände, betrachtete seine Finger. Auch sie glänzten rot und feucht. Schrien ihm Vorwürfe entgegen.
    Du warst es! Du hast sie alle getötet!
    Ja, das hatte er. Doch wo waren die Leichen? Warum sah er nur das Blut, aber keine Toten? Hatte er sie nach draußen geschafft? Vor die Mondstation? Doch wieso hätte er das tun sollen?
    Er blickte an sich hinab und stellte fest, dass er bis auf eine Pyjamahose nackt war.
    Den ersten Teil seiner Aufgabe hatte er erfüllt. Was blieb ihm nun noch zu tun?
    »Das hast du gut gemacht«, sagte eine tiefe Stimme hinter ihm.
    Er fuhr herum, wäre auf dem Blutfilm beinahe weggerutscht und starrte in das steinerne Gesicht eines alten Mannes. Alles an ihm war rot. Die Haare, die Haut, die Augen. Er roch sogar rot.
    »Ich wollte das nicht tun!« Er wischte die blutigen Hände an der Pyjamahose ab und sah den Roten bittend an.
    »Ich weiß. Dennoch hast du es getan. Ich bin sehr stolz auf dich.«
    »Wer bist du?«
    »Erkennst du deinen Vater nicht?«
    »Meinen… meinen Vater?«
    »Natürlich nicht dein wirklicher, sondern dein roter Vater.«
    »Und was soll ich als Nächstes tun?«
    »Komm zurück zu mir. Komm nach Hause.«
    Er drehte sich wieder um und stand plötzlich vor der Mondstation. Am Himmel hing die bläuliche Scheibe der verhassten Erde und lachte ihn aus. Er spürte den Staub zwischen den nackten Zehen, konnte jedes einzelne Steinchen fühlen.
    Das Raumschiff! Er musste zum Raumschiff kommen, wenn er heimwollte. Hatten sie es nicht genau hier abgestellt? Oder stand es auf der anderen Seite der Station? Er konnte sich nicht mehr erinnern.
    Panik keimte in ihm auf. Was sollte er tun, wenn er das Schiff nicht wiederfand? War er verflucht, für immer auf dem Mond zu bleiben? Bekleidet nur mit einer Pyjamahose?
    Er presste die Hände gegen die Schläfen und hinterließ blutige Schmierer. Wo nur befand sich das Schiff? Wo? Wo-wo-wo?
    »Du wirst es nicht mehr finden«, sang ein Chor aus verschiedenen Stimmen.
    Langsam wandte er sich um. Er fürchtete, was er sehen würde. Doch er konnte dem nicht entkommen, musste sich seinem Schicksal stellen.
    Vor ihm standen die Toten. Aus trüben Augen glotzten sie in seine Richtung und grinsten ihn aus den klaffenden Wunden am Hals an.
    »Warum hast du das getan?«, fragten sie wie aus einem Mund.
    Er schwieg. Was hätte er auch sagen sollen?
    »Du wirst das Raumschiff nicht mehr finden«, sangen sie. »Wir haben es versteckt. Du wirst bei uns bleiben. Bis ans Ende der Zeit.«
    Ihr Lachen erschütterte seinen Verstand, den Mond und die Erde. Und das ganze Universum.
    Schreiend wachte er auf. Sein Herz jagte, als versuche es, sich selbst zu überholen. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er versuchte die Traumbilder abzuschütteln, aber sie verblassten nicht. Sie erinnerten ihn an seine Aufgabe. An seine schreckliche, widerliche Aufgabe.
    Er wollte es nicht tun. Aber er musste. Und er würde! So, wie man es von ihm erwartete.
    Für den roten Vater Mars!
    ***
    And if your head explodes
    with dark forebodings too
    I'll see you on the dark side of the moon
    (Pink Floyd, »Brain damage«)
     
    An Bord der CARTER IV, August 2526
    Die Stimme des Piloten und Kommandanten Henry Cedric Braxton hallte durch die kleine Kabine. »In zwanzig Minuten beginnen wir mit dem Landeanflug auf den Erdmond. Alle Besatzungsmitglieder werden aufgefordert, sich schnellstmöglich in der Kommandozentrale zu versammeln.«
    Damon Marshall Tsuyoshi löste den Blick von der Konsole auf seinem Tisch und sah stattdessen in das Eck über der Tür, in dem sich der Lautsprecher befand.
    »Werden aufgefordert«, murmelte er. »Kann man das nicht in einem freundlicheren Ton sagen? Arschloch!«
    Er mochte diese altertümlichen Ausdrücke der Urväter von der Erde. Damit stand er an Bord der CARTER IV jedoch ziemlich alleine da. Und mit seiner Liebe zu deren Kultur sowieso. Er betätigte einen Sensor der Konsole und die Anzeige des D-Buches erlosch.
    The Stand von einem Autor namens Stephen King. Die Ursprungsdatei stammte aus dem Archiv der CARTER I. Dieser King schien damals auf der Erde ein berühmter Mann gewesen zu sein. Auf dem Mars kannte ihn kaum jemand. Schade drum. Dabei handelte es sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher