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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I
Autoren: Karl May
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sondern ich nehme Ben Nil mit.“
    „Ist das genug, falls Ibn Asl dir begegnet?“
    „Mehr als genug. Ich getraue mich, ihn und seine Leute auf mich allein zu nehmen. Um ganz sicherzugehen, will ich einmal nachforschen, ob die Spuren der Flüchtlinge zu finden sind.“
    Unser Lager, aus welchem sie geflohen waren, lag am nördlichen Ufer des Wadi, dennoch stieg ich jetzt zum südlichen hinauf, weil in dieser Richtung der Bir Murat lag. Ich war überzeugt, daß sie das Wadi überschritten hatten. Auf der Höhe angekommen, schritt ich zunächst ein Stück gerade in die Wüste hinein und wandte mich dann rechts, um, parallel mit dem Wadi gehend, den Sand abzusuchen. Ich brauchte gar nicht lange zu forschen, so fand ich die Spuren, welche vom Wadi herkamen und in südlicher Richtung in die Wüste hineinführten. Dann kehrte ich zurück.
    Als ich gestern Zeuge war, daß Marba geschlagen wurde, hatte ich in meiner Empörung über diese Mißhandlung beschlossen, Ben Kasawi und den Häßlichen dafür zu züchtigen; sie sollten die Peitsche bekommen, und das wollte ich jetzt, vor meiner Entfernung, geschehen lassen. Dieser Vorsatz konnte aber nicht ausgeführt werden. Als ich nämlich von der Höhe in das Tal hinabstieg, bemerkte ich im Lager eine Aufregung, deren Veranlassung ich nicht erkennen konnte. Die Frauen frohlockten in den üblichen Gutturaltönen, und dazwischen hinein wetterte die zornige Stimme des Lieutenants. Was war geschehen? Ich beeilte mich, hinabzukommen. Als ich die Sohle des Wadi erreichte und der Lieutenant mich sah, kam er mir entgegengelaufen und rief mir schon von weitem zu:
    „O Effendi, ich bin nicht schuld; ich kann nichts dafür!“
    „Was ist denn vorgegangen?“
    „Ich konnte es nicht verhindern; es geschah allzu schnell. Wärst du doch nicht fortgegangen, sondern da geblieben!“
    „So rede doch! Was hat es gegeben?“
    Aber anstatt meine Frage zu beantworten, klagte er:
    „Und da soll ich ohne dich mit diesen Weibern durch die Wüste ziehen! Das ist nur eine gewesen; was soll ich aber beginnen, wenn die Wut sie alle faßt!“
    „Mann, antworte doch nur! Ich will wissen, was sich zugetragen hat!“
    „Ein Mord, ein Mord, ein Doppelmord! Komm, und sieh!“
    Er nahm mich beim Arm und zog mich fort, hin, wo die Asaker und die Frauen um die gefangenen Sklavenjäger einen Kreis bildeten. Dieser öffnete sich, als ich kam, und hineintretend sah ich Ben Kasawi und den Häßlichen im Blut liegen. Sie waren tot, genau in das Herz gestochen. Niemand sprach, und aller Augen waren auf mich gerichtet, zu erfahren, was ich tun und sagen werde. Ich wußte sofort, woran ich war. Mein Blick suchte Marba. Sie stand mir gegenüber und hielt das blutige Messer noch in der Hand. Mich fast trotzig anblickend, rief sie mir zu:
    „Bestrafe mich, Effendi! Sie haben mich geschlagen. Die Striemen können nur mit Blut abgewaschen werden. Ihr wollt sie meinem Stamm nicht ausliefern; da habe ich Gericht gehalten. Die andern schenke ich dir, diese beiden aber mußten unbedingt mir gehören. Ich wiederhole es! Bestrafe mich!“
    Sie kam auf mich zu und reichte mir das Messer.
    „Wem gehört es?“ fragte ich.
    „Mir“, antwortete Ben Nil.
    „Sie hat es dir entrissen?“
    „Nein, Effendi, sie bat mich darum, und ich habe es ihr gegeben.“
    „Sagte sie, wozu sie es haben wolle?“

„Ja, und ich verweigerte es ihr nicht, da ich das Gesetz der Wüste achte. Die Missetäter haben hundertfach den Tod verdient; der Richter wird Geld nehmen und sie laufenlassen. Vielleicht bekommen einige die Bastonade; wenn es hoch kommt, wird man diesen oder jenen für einige Zeit einsperren; das ist alles! Der Mokkadem und der Muza'bir waren mir verfallen, du aber sträubtest dich gegen meine Rache. Ich hätte sie getötet, und Allahs Auge würde, wenn es sich jetzt zur Erde richtet, durch den Anblick zweier Schufte weniger beleidigt werden. Nun aber sind sie entflohen, und es fragt sich, ob es uns gelingt, sie wieder zu ergreifen. Das sind die Folgen deiner Nachsicht gegen Leute, welche man ohne Gnade und Barmherzigkeit von der Erde ausrotten muß. Es ist gut für ein Volk, Gesetze zu haben; wenn aber derjenige, welcher dieAusübung derselben zu überwachen hat, die Mörder laufen läßt, so ist es Pflicht des Rächenden, die Bestrafung in seine eigene Hand zu nehmen. Wenn du Marba bestrafst, so bestrafe auch mich, der ich teil an dem Blut dieser beiden Missetäter habe!“
    Er stellte sich neben das Mädchen. Was konnte ich
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