Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
264 - Verschollen

264 - Verschollen

Titel: 264 - Verschollen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
Vom Netzwerk:
zwanzig Minuten«, verkündete er.
    Er sichtete die letzten Daten der Ortung, warf einen Blick auf die Kontrollinstrumente und holte die aktuellen meteorologischen Werte herein, während er zwei Energieriegel mit Kräutertee hinunterspülte.
    »Hab mir eure Bedenken noch einmal durch den Kopf gehen lassen«, sagte er dann. »Wir werden an der Küste entlang die Burgruine anfliegen, von Norden her. Zwei Kilometer vor dem Ziel landen wir. Können nicht riskieren, dass sich die abergläubischen Barbaren vor unserem Shuttle unter der Erde verstecken.«
    Minuten später startete Braxton das Shuttle. Er fuhr das Triebwerk hoch, die Raumfähre hob ab. Die schneegefüllte Senke und die weiß gescheckte Weide sanken unter ihnen zurück. Die Morgendämmerung brach an. Aus dem nahen Wald stieg Nebel auf. Einen Kilometer entfernt, über der Brandung, waberte Dunst.
    Entlang der Küste flogen sie nach Süden. Der obere Sonnenrand erschien rot flammend am östlichen Horizont. Tartus Marvins Blick wich nicht einen Moment von den Kontrollanzeigen auf der Instrumentenkonsole. Er und Braxton hatten sämtliche Systeme neu programmiert. Die ersten Flugkilometer nach so einer Neukonfiguration gehörten gewissermaßen zu den hochsensiblen Phasen eines so differenzierten Gerätes, wie das Shuttle eines war.
    Knapp zwei Kilometer vor den Zielkoordinaten setzte Belt Sören Braxton die Maschine im tauenden Schnee auf dem Kiesstrand auf. Ein Ruck ging durch das Shuttle. Sie schnallten sich los. Die Burgruine war von hier aus nicht zu sehen.
    Der Kommandant stand auf. »Wir gehen zu dritt«, erklärte er, und dann an Braxton gewandt: »Hüte das Shuttle wie deinen Augapfel, Belt. Es ist unsere Lebensversicherung. Die Mondstation hat nur dieses eine.«
    »Keine Sorge.« Braxton klopfte auf den Rand der Instrumentenkonsole.
    »Und gib den nächsten Bericht an Claudius durch«, fuhr der Kommandant fort. »Wir melden uns routinemäßig zu jeder vollen Stunde bei dir.«
    »Alles klar.«
    Tartus Marvin und die Frauen legten die Exoskelette an, schlüpften in die warmen Mäntel und verteilten die Ausrüstung: mobile Ortung, Waffen, ein paar Klingen und Werkzeuge für eventuelle Tauschgeschäfte, Wasser und zwei Funkgeräte. Danach verließen sie das Shuttle und machten sich auf den Weg zur Burgruine.
    Die beiden Frauen, schon geübter als Tartus Marvin, kamen schneller voran. Immer wieder mussten sie auf ihren Chef warten.
    Sie brauchten fast eine Stunde für die kurze Strecke. Die Ruine - Blarney Castle - lag hinter einer Hügelkette keine fünfzehnhundert Meter von der Küste entfernt. Ihr Turm ragte in den Morgenhimmel wie ein abgebrochener Reißzahn. An einer Stelle in einem Gemäuerwinkel stieg Rauch auf. Wo ein Lagerfeuer brannte, würden sich wohl auch Menschen aufhalten. Also gingen sie darauf zu.
    »Hey, Baby!«, rief plötzlich eine raue Stimme, als sie am Turm vorbeikamen. »Mal nich so schnell…!«
    Ein Mann trat aus dem Tor. Die Fäuste in die Hüften gestemmt, kam er auf sie zu. Bullig und noch einen Kopf kleiner als Yiling war er. Sein Gesicht war grob, breit und stoppelbärtig. Ein Knüppel steckte in dem Strick, mit dem er seinen abgeschabten braunen Ledermantel zusammengebunden hatte. Eine alte Flinte hing an seiner Schulter. Braune Locken standen störrisch von seinem breiten Schädel ab.
    »Wen ham wa denn da?« Einen Schritt vor dem Trio blieb er stehen und taxierte sie von oben bis unten. »Fremd hier, wa, Baby? Was habter da aufm Kopf?«
    »Das sind Helme; die tragen wir zu unserem Schutz«, antwortete Tartus Marvin, obwohl der grobschlächtige Geselle ganz offensichtlich Yiling ansprach; zu ihr musste er nicht ganz so hoch aufblicken.
    »Was soll das heißen?«, fuhr der Barbar auf. »Isses euch zu dreckig hier, oder was?«
    »Nein, nein«, beeilte sich Tartus Marvin zu beteuern. »Wir sind nur sehr empfindlich und werden schnell krank.« Rasch wechselte er das Thema: »Sind Sie der Kommandant hier?«
    »Bin der Hauptmann, sach ich ma. Willkomm bei den Scones.« Er entblößte schwarze und gelbe Zähne und wies auf den Turm und das Gemäuer. »Gehört alles uns. Worum geht's denn, Baby? Geschäfte oder Ärger?«
    »Eher Geschäfte«, antwortete Yiling, weil Tartus nicht reagierte. Sie hatte den Eindruck, dass der Kommandant ein wenig überfordert war.
    »Sehr gut.« Wieder das zahnfaulige Grinsen. »Dann müssta zu unserm Boss. Traver regelt die Geschäfte, ich bin für Ärger zuständig. Also, Baby, bye bye.« Er winkte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher