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262 - Route 66

262 - Route 66

Titel: 262 - Route 66
Autoren: Michelle Stern
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geht?«
    Matt sah zu ihr. Sie hatte die Schultern hochgezogen, blickte voller Unbehagen auf die silbrig glänzende Leichtmetallwand und hob hilflos die Arme. »Ich meine… Fliegen allein ist schon unheimlich, aber das hier… Wir sind im Himmel , Maddrax! Dem Ort, der Wudan vorbehalten sein sollte.«
    Matt erinnerte sich gut, wie beeindruckt Aruula gewesen war, als sie im Observatorium auf dem Mond gestanden und von dort aus in die unendlichen Weiten des Alls geblickt hatten. Ein Meer aus Galaxien und Gasnebeln hatte sich ihnen in all seiner Pracht erschlossen.
    Vom Shuttleflug zwischen Erde und Mond hatte Aruula wegen ihres schlechten gesundheitlichen Zustands kaum etwas mitbekommen. Der Mond besaß wenigstens eine feste Oberfläche. Aber jetzt waren sie im Nichts . Und von dem vertrauten blauen Planeten war überhaupt nichts mehr zu sehen.
    Aruula meditierte seit ihrem Abflug oft. Sie setzte sich dann mit angezogenen Knien in eine Ecke, als wolle sie lauschen, und verharrte stundenlang in dieser Position. Sie vermisste den freien Himmel und die Natur weit mehr als er. Als Barbarin, die auf den Dreizehn Inseln aufgewachsen war, war das Leben in einem Raumschiff etwas völlig Fremdes für sie.
    Matt ging zu ihr hin, setzte sich dann aber doch nicht. Ruhelos zog er eine Bahn zwischen dem Bett und dem Stuhl. Die Bahn war viel zu schnell zu Ende, und er zog die nächste.
    »Hör auf damit!« Aruulas Augen funkelten. »Du bist wie ein gefangener Sebezaan! Deine Herumlauferei macht mich noch irre!«
    Matt blieb stehen. »Warum bist du jetzt eigentlich wütend auf mich?«
    »Du benutzt unsere gemeinsame Zeit, um dich von deiner Tochter abzulenken! Je weiter wir uns von der Erde entfernen, um so mehr denkst du an sie.«
    Sie starrten einander an. Matt konnte es nicht leugnen. Der Gedanke, dass seine Tochter tot sein könnte wie deren Mutter, machte ihm zu schaffen.
    Er wusste, dass er als Vater eine Niete war. Bei Daa'tan hatte er nie eine Chance gehabt, diese Rolle anzunehmen. Sein Sohn war von Daa'muren, die in Matt ihren Erzfeind sahen, entführt und aufgezogen worden. Er hatte seinen Vater ebenso gehasst wie sie, bis zum bitteren Ende. Aber bei Ann…
    Ich hätte längst nach ihr suchen und mich um sie kümmern müssen , dachte er niedergeschlagen.
    Wie gerne hätte er ihr gesagt, dass all das, was ihre Mutter über ihn in ein Tagebuch geschrieben hatte, die Wahrheit war: dass er sie liebte und gerne für sie da gewesen wäre.
    Aruula seufzte, als er nicht antwortete. »Vielleicht solltest du wirklich auf Clarice und Vogler hören. Du brauchst ganz dringend Erholung! Fegaashaa gibt's jedenfalls erst wieder, wenn du bei der Sache bist.« Damit wandte sie sich ab und zeigte ihm ihren nackten Rücken mit den blauen und grünen Hautzeichnungen.
    Matt beugte sich zu ihr und berührte ihre Schulter. Aruula machte keinerlei Anstalten, sich zu ihm umzudrehen. Ihre Stimme klang unwillig. »Geh jetzt. Ich will meditieren.«
    Matt ließ sie los. Er wusste, dass es Aruula jedes Mal verletzte und verunsicherte, wenn sie über Ann sprachen. Sie musste dann an ihren eigenen Sohn denken, und daran, dass Matt Daa'tan in Notwehr erschossen hatte. In Gedanken stand sie dann wieder an Daa'tans Grab, auf einer Insel im Victoriasee.
    Aber deshalb kann ich Ann doch nicht im Stich lassen!
    »Okay.« Matt warf einen kurzen Blick in die Spiegelfolie am Eingangsschott. Der marsianische Anzug aus Spinnenseide saß wie immer perfekt. Er strich sich durch die blonden Haare. Es war ihm wichtig, vor den Marsianern einen guten Eindruck zu machen.
    Zumal Aruula in dem beheizten Raumschiff am liebsten nur mit Lendenschurz und kniehohen Stiefeln bekleidet herumlief. Sie hatte sich nicht überreden lassen, dauerhaft einen der marsianischen Ganzkörperanzüge oder einen der leichteren, beigefarbenen Overalls zu tragen, der ihre Brüste verdeckt hätte. Gerade weil die Marsianer indirekt darauf bestanden, stellte sich Aruula quer. Sie empfand sich als Erdenfrau den Marsbewohnern durchaus als gleichwertig und pfiff auf alle Regeln.
    Matt verließ das Quartier. Er brauchte nicht lange, um zurück in die Messe zu kommen. Von Clarice Braxton war nichts zu sehen. Wahrscheinlich hielt sie sich in dem kleinen Labor im Wissenschaftssektor neben der Kälteschlafkammer auf. Dort wurden mit Hilfe der Historikerin Marlyn Derkar jene Daten über die Erde ausgewertet, die Vogler und Clarice in den vergangenen Jahren gesammelt hatte. Matt wusste, dass die Geheimnisse der
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