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261 - Ein falscher Engel

261 - Ein falscher Engel

Titel: 261 - Ein falscher Engel
Autoren: Christian Schwarz
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hierher kommen und sie abholen.«
    »Aber«, wendet der Alte ein, »wir haben nicht jede Woche Markt.«
    »Das ist nicht mein Problem.«
    Seine Männer lachen wieder. »Und weil das alles neu ist, nehme ich heute nur das Wasser mit.«
    »Aber –«
    In dem Moment richtet sich der Lauf eines Gewehrs auf den Alten.
    »Noch ein Widerwort und ich muss mir die Mühe machen, einen neuen Leiter zu bestimmen.«
    Der Alte verstummt. Die Bandenmitglieder treten auf den Wasserhändler zu. Ich frage mich bereits, wie ich nun an Wasser für die nächste Zeit kommen soll. Es wird sich ein Weg finden lassen müssen. Wir haben keine andere Wahl. Schon will der Erste seine Finger nach einem Kanister ausstrecken, als er mit einem Ächzen zu Boden geht. Blut ergießt sich auf die Steine. Die Menschen um mich herum begreifen schnell, was geschehen ist. Für einen Moment stockt ihnen der Atem, ein Zittern geht durch die Menge. Nur noch ein Tropfen und sie alle würden auseinander stieben wie eine Herde verängstigter Viecher. Und dann würden sie sterben.
    In dem Moment erklingt eine flüsternde eiskalte Stimme.
    »Wer – war – das?«
    Noch immer Stille und ein Dutzend Paar Augen, das ihn beobachtet.
    »Wer. War. Das?«
    Der Anführer hebt wieder sein Gewehr und richtet es blind auf die Menge. Ich kann sehen, wie der Abzug langsam nach hinten gedrückt wird. In dem Moment schlagen zwei Schüsse vor seinen Füßen ein. Ich blicke mich um, doch ich kann nichts erkennen. Schützen? Doch was tun sie hier? Söldner? Wir können uns keine leisten, und zu holen gab es bei uns nichts.
    Das Gesicht des Anführer ist in der Zwischenzeit rot angelaufen.
    Das Gewehr in seinen Händen zittert. Panik, Tod und Angst liegen in der Luft, unsere ständigen Begleiter. Wer wird nun den nächsten Schritt machen? Wer wird als Nächstes von uns sterben? Die Bande hat einen Mitspieler verloren, also ist es nur recht und billig, dass auch wir einen abgeben müssen.
    Doch das Spiel wird unterbrochen.
    Die Menge teilt sich, zwei Menschen treten hervor. Sie tragen lange dunkle Umhänge: militärisch, schützen gut vor Wind und Sand.
    Ich kenne sie gut, zu gut, kann man sagen.
    Die beiden haben die Kapuzen zurückgeschlagen. Ein Mann und eine Frau. Ihr Blick ist starr auf den Anführer gerichtet. Sie tragen jeder ein Gewehr an einer Schlaufe über die Schulter, in der Hand kleine automatische Waffen. Die Gesichtszüge des Anführers verziehen sich zu einem hässlichen Grinsen.
    »Es sieht aus, als wärt ihr doch nicht ganz wehrlos. Aber zu mehr hat es wohl nicht gereicht.«
    Seine Hände zittern nicht mehr, und der Gewehrlauf richtet sich auf die Fremden. Seine Untergebenen tun es ihm gleich.
    Diesmal gehen fünf Schüsse vor seinen Füßen nieder. Schützen! In der Ferne hört man ein lautes Donnern, ein Zischen, und Rauchsäulen steigen hinter der Biegung auf. Das war der letzte Tropfen; die Menschen flüchten panisch in alle Richtungen. Doch keiner schießt.
    Die rennenden Schatten der Menschen werden für mich zu dunklen Schemen, die an mir vorbeihuschen. Ein paar stoßen mich an, doch ich bemerke es nicht wirklich. Ich starre auf das Bild vor mir. Man könnte es eine Pattsituation nennen, doch die Trümpfe in der Hinterhand lassen etwas anderes erahnen. Die Bande hat verloren. Ihre Maschinen sind zerstört, denn etwas anderes können die Rauchsäulen nicht bedeuten. Doch der Anführer scheint sich davon nicht beirren zu lassen. Sein Mund verzieht sich zu einem höhnischen Grinsen, er nimmt das Gewehr höher.
    Ein Schuss kracht und er sackt in sich zusammen. Die Lache, die sich ausbreitet, ist schwarz; Blut ist in diesen Tagen immer schwarz.
    Ich weiß nicht, ob es am Licht liegt oder ob es das Essen ist. Der Fleck ist auf dem dunklen Asphalt kaum zu erkennen.
    Stille.
    Dann bricht die Hölle los.
    ***
    Von einem Tag auf den anderen zerbrach die Welt plötzlich in Scherben und gab den Blick frei auf den Abgrund der Hölle.
    Von einem Moment zum nächsten änderte sich die uns bekannte Welt. Die Dunkelheit erreichte uns, riss jeden Einzelnen mit sich fort. Der blaue Himmel färbte sich erst schwarz, dann blau, dann rot. Alles, was wir waren, wurde mit einem Mal bedeutungslos. So viel haben wir versucht zu vergessen. Dinge, die wir taten, Dinge, die wir gesehen haben, Dinge, die wir verraten haben. Nobel sein bedeutet den Tod. In den Augen der anderen bist du eh nichts.
    Warum also noch extra dafür kämpfen?
    ***
    Ich starre auf die Dutzend Lachen, die
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