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260 - Fly me to the moon

260 - Fly me to the moon

Titel: 260 - Fly me to the moon
Autoren: Manfred Weinland
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Stamm das erfährt… Du weißt, dass es verboten ist. Frauen dürfen nicht hierher!«
    Sie lächelte, drehte sich um… und lief einfach davon.
    Biroo war zunächst außerstande, ihr zu folgen. Doch dann warf er seine Bedenken über Bord und hastete ihr hinterher.
    Sie war schnell wie ein Geist. Eben noch hatte er sie laufen sehen, und nun war sie weg. Biroo beschleunigte sein Tempo, achtete kaum mehr auf den Boden, stolperte und schlug lang hin.
    Dornenranken kratzten über seine Haut und rissen blutige Schrammen. Der Regen wusch das austretende Rot fort, wie er schon die kunstvollen Bilder fortgewaschen hatte. Biroo rappelte sich auf. Seine Augen suchten nach Mardi, aber alles, was sie fanden, war die Ursache für Biroos Sturz.
    Ein kopfgroßer, bunt marmorierter Stein lag da am Boden, als hätte Mardi ihn während des Rennens fallen gelassen.
    »Mardi – wo bist du?«, rief Biroo. »Lauf nicht weg! Mardi!«
    Aber sie antwortete nicht, und er hörte auch kein Brechen von Zweigen, keine Schritte oder sonst etwas, das auf ihren Verbleib hingewiesen hätte.
    Den Blick wieder auf die Trophäe gerichtet, die vor ihm lag, überlegte er, ob er alles nur geträumt hatte. Er war noch zu jung, um den Rauch der Älteren einatmen zu dürfen, aber vielleicht hatte ihn etwas anderes betört.
    Sei kein Narr. Nutze die Gunst. Nimm den Stein und fahr heim!
    Er hörte auf seine innere Stimme. Der Stein war schwer, aber das spürte Biroo kaum. Auf dem ganzen Weg zurück zum Strand rief er nach Mardi. Umsonst.
    Außer seinem Einbaum lag auch kein anderes Boot in Sichtweite. Es wurde immer unwahrscheinlicher, dass er sie wirklich gesehen hatte.
    Er packte den Beweis ins Boot, schob es mit einem letzten Blick über die Schulter in die Dünung der Wellen und sprang selbst hinein.
    Er prägte sich die markantesten Stellen des Uferbereichs ein, dann stach er das Paddel in die Fluten und nahm Kurs auf die andere Insel. Wo er lebte und zuhause war. Und wo er Stunden später, am Rande der Erschöpfung, im Triumphzug zum Dorf hinaufeilte.
    Eine der Ersten, die ihm entgegenkamen, war Mardi. Nichts an ihr verriet, dass sie eine ebensolche Anstrengung hinter sich hatte wie Biroo, und so begann er allmählich zu glauben, sich die Begegnung nur eingebildet zu haben.
    Von allen Seiten nahm er die Glückwünsche entgegen.
    Doch alles Glück zerbrach, als er noch am selben Tag erfuhr, dass Mardis Vater dem Drängen eines Werbers nachgegeben und ihm, während Biroo fort war, seine einzige Tochter versprochen hatte.
    Kreuzunglücklich war Biroos Leben in den Tagen danach, ein einziges Siechtum. Bis er auf die Idee kam, noch einmal – allein – zur Nachbarinsel zu fahren.
    Wo er seinen Traum wieder fand.
    Er fragte sich nur anfangs, wie das möglich war. Dann akzeptierte er das unverhoffte Glück und nutzte fortan jede sich bietende Gelegenheit, die kleine Insel, die ihm Erfüllung schenkte, aufzusuchen.
    Er bewahrte sein Geheimnis – bis er ein Jahr später schwer erkrankte. Der Schamane fand kein Mittel gegen seine Krankheit. In seinen letzten Zügen vertraute Biroo seinem besten Freund Natal an, was ihn seit seiner Mannwerdung immer wieder zur Nachbarinsel getrieben hatte.
    Ohne es zu ahnen, brachte Biroo damit großes Unglück über seinen Stamm. Er selbst aber starb in Frieden.
    1.
    Fly me to the moon
    Let me play among those stars
    Let me see what spring is like
    On Jupiter and Mars…
    (Frank Sinatra)
     
    Januar 2526, vor einer kleinen Insel Die Transportqualle öffnete ihren Ausstieg im küstennahen seichten Wasser. Für Vogler und Clarice war es Zeit, Abschied zu nehmen von den Gefährten. Quart’ol würde nach Madagaskar weiterreisen, um dort Yann Haggard an Land zu setzen. Die beiden Marsianer bevorzugten eine weniger bewohnte Gegend; für sie war diese Insel in der Philippinischen See genau richtig.
    »Alles Glück auf deinen Wegen.« Vogler klopfte Yann auf den Rücken. »Ich hoffe, Keetje geht es gut. Grüß sie unbekannterweise von uns.«
    Der alte Seher, der nun kein Seher mehr war, nickte. Sein Hirntumor, der ihn befähigt hatte, Energieströmungen zu erkennen, war geheilt. Nun konnte er sich wieder seines Lebens freuen – und das für lange Zeit! Nachdem er durch den Zeitstrahl gegangen war, würde auch er – wie Vogler, Clarice und Matthew Drax – die nächsten fünfzig Jahre kaum altern.
    Während sich Clarice von Yann verabschiedete, beugte sich Vogler zu Quart’ol hinab. Die Umarmung mit dem Hydriten gestaltete sich nicht
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