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2586 - Die Sektorknospe

2586 - Die Sektorknospe

Titel: 2586 - Die Sektorknospe
Autoren: Wim Vandemaan
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Tod.
    Endlich antwortete Rhodan: »Vielleicht kann ES nicht anders. Möglich, dass wir ES immer noch falsch sehen. Wir vermenschlichen ihn zu sehr. Wenn Menschen uns ein Rätsel aufgeben, wollen wir es lösen. Wir glauben, im Kern des Rätsels liegt die Wahrheit. Das Rätsel ist für uns nur ein Hindernis auf dem Weg zur Wahrheit, seine Verhüllung.«
    »Und das wäre bei ES anders?«
    Rhodan fuhr nachdenklich mit dem Sensorhandschuh über das Eis. Der SERUN war nicht in der Lage, genug Wärme nach außen zu transportieren, um einen der Schmetterlinge aus seinem Frostgrab zu befreien.
    »Ich weiß es nicht. Aber ich denke: Die Rätsel von ES sind nicht seine Verhüllung, sondern sein Wesenskern.«
    Diamond lachte auf. Es klang gezwungen. »Warum sollte das so sein? Hältst du ES für so launisch?«
    Rhodan schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube eher, ES ist sich selbst ein Rätsel.«
    »So«, sagte Diamond.
    »Warte einmal.« Einem plötzlichen Impuls folgend, trat Rhodan einige Schritte von den hohen Türmen zurück, legte den Kopf immer weiter in den Nacken und befahl dem SERUN: »Visier scharf stellen!«
    Das Visier fokussierte auf die Spitzen der Türme.
    Jeder der runden Türme lief in einen kastenförmigen Aufsatz aus. Offenbar saß in jeder Seite eines solchen Kastens ein Ziffernblatt. Die zwölf Stunden waren mit römischen Ziffern markiert.
    Jede Uhr hatte drei Zeiger: Stunde, Minute und Sekunde.
    Er wartete eine Weile.
    Alle Zeiger standen still.
    Diamond war seinem Blick gefolgt. »11.56 Uhr«, sagte sie.
    Rhodan grinste schief. Fünf vor zwölf ist auch schon vorbei. Wie hintersinnig.

Der Reisende: Wie ich starb
     
    Ich ritt also mit Boone und Cassius. Irgendwann hatten sich uns noch die beiden anderen angeschlossen, Tiburcio »Tib« Taylor und Seldon »Selly« Stilwell.
    Tib und Selly wurden damals schon steckbrieflich gesucht, aber es war keine große Sache, wegen der sich die ausgebufften Prämienprofis auf ihre Spur gesetzt hätten.
    In jenen Tagen wurden Deputy Marshalls nach einem Prämiensystem bezahlt. Sie erhielten zweieinhalb Dollar für die Festnahme eines steckbrieflich Gesuchten; zehn Cents pro Meile für Gefangenentransporte; 40 Cents für die Beköstigung eines Gefangenen.
    Außerdem musste er jeden Gefangenen, den er getötet hatte, auf eigene Kosten beerdigen lassen. Da musste sich der Zugriff wirklich rentieren, und Tib und Selly rentierten sich noch nicht. Aber sie waren auf dem besten Weg zu größerem Ruhm: der kurze kompakte Tib, ein Mann Marke Eisenschrank, und der spillerige Selly, der fressen konnte wie ein Scheunendrescher.
    Ich will nicht behaupten, dass die beiden uns reingeritten hätten, das wäre gelogen. Wir waren auch vorher schon auf dem besten Weg. Aber sie hatten ihren Anteil an der Beschleunigung.
    Unser erster gemeinsamer Überfall war eine Postkutsche. Wir ballerten ein bisschen rum, kassierten die Fahrgäste ab, und das war's. Es ist ja nicht so, dass man einander ans Leder will. Im Gegenteil, die Ballerei verhütete meist Schlimmeres. Ohne die Ballerei hätten die Gentlemen in der Kutsche vielleicht Anlass gesehen, sich zu wehren. Und das hätte unschön ausgehen können für alle Beteiligten.
    Ich kriegte bei der Sache übrigens einen Streifschuss ab. Tib zeigte mir, wie man die Wunde auswäscht und mit einem Priem verbindet. Kurz danach begann ich auch, Tabak zu kauen - vorsichtshalber für meine Gesundheit.
    Postkutsche, Postkutsche, ein wenig Handlangertätigkeit auf einer Ranch, noch eine Postkutsche, dann die erste Bank.
    Ein paar Wochen später erschien mein Gesicht zum ersten Mal auf einem Steckbrief. Wenn ein Steckbrief auf einen ausgestellt ist, entwickelt man irgendeine dunkle Alchemie, um zu überleben. Man wird Freiwild für jeden Prämienjäger und Sonntagsschützen. In gewissem Sinn ist man ein lebender Toter und verliert alle Hemmungen. Das Kopfgeld zerstört etwas in einem. Den Traum von sich selbst.
    Nur nachts drang mein Traum noch zu mir durch. Dann sah ich mich am Steuerrad eines Schaufelraddampfers stehen und einen Mississippi hinunterfahren, der, statt ins Meer zu münden, nur weiter und weiter führte und dabei immer breiter wurde, sodass man den Glauben an irgendein Ufer verlor.
    Oder die Furcht, dass ein Ufer da war und dass der Marshall oder ein Sheriff dort auf einen wartete.
    Wir waren bis Albuquerque gekommen. Dort wendeten wir uns Richtung Süden. Wir ritten den Rio Grande entlang.
    Vier Jahre hatte ich am Ende dafür gebraucht,
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