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258 - Chronik des Verderbens

258 - Chronik des Verderbens

Titel: 258 - Chronik des Verderbens
Autoren: Michelle Stern
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oder nicht.
    Mein Anzug schützt mich , beruhigte sich Vogler. Jetzt ist nur der Krake wichtig. Ich muss ihn mit der Pflanzenwaffe außer Gefecht setzen, bevor er mich außer Gefecht setzt .
    Vogler lauschte mit angespannten Sinnen.
    Da! Ein leises Geräusch schräg über ihm. Der Baumsprecher riss die Waffe herum und schoss.
    Gleichzeitig spürte er einen Tentakel an seinem Oberarm. Der Krake zog ihn nach oben.
    Vogler feuerte erneut. Er wusste, dass er durch das Gift gezogen werden würde. Er konnte nur hoffen, dass sein Anzug und sein Helm ihn schützten.
    Der Krake schleuderte ihn herum und schlug den Marsianer gegen eine Wand. Oder war es die Decke? Vogler hatte in der Dunkelheit jegliche Orientierung verloren. Er keuchte vor Schmerz. Schweiß brach ihm aus allen Poren. Er spürte die scharfkantigen Felsen durch das Material seines Anzugs. Wenn es riss, war er dem Gift der Waffe und den Aussonderungen der Pfauenwürmer hilflos ausgeliefert.
    Vor der Höhle hörte er Geräusche. Steine wurden fortgezogen. Die anderen! Sie kommen und befreien mich!
    Vogler schoss auch die letzte Kammer der Waffe leer. Der Krake packte ihn erneut, doch seine Bewegungen waren jetzt deutlich kraftloser. Voglers Kopf stieß gegen einen Felsen. Der Baumsprecher verlor die Pflanzenwaffe. Sie glitt ihm aus den Händen. Zwar war sie durch ein Seil mit seinem Handgelenk verbunden, doch sie zurückzuziehen war sinnlos. Das Gift war aufgebraucht. Entweder würde die Dosis genügen, oder er war gescheitert.
    Bitte , flehte er inniglich. Bitte, roter Vater des Mars, lass diesen Kraken endlich aufgeben!
    Und tatsächlich wurde es ruhiger um ihn. Das Wasser war weniger aufgewühlt und die Geräusche verebbten. Der Griff des Kraken lockerte sich. Vogler versuchte die Arme fort zu schieben und es gelang.
    Das Gift wirkt! Erleichtert löste sich Vogler aus der Umklammerung Korr'aks. Er zog sich ganz an eine der Wände zurück. Der Krake wütete nicht mehr. Das Wasser der Höhle blieb still und ruhig.
    Vogler fühlte eine leichte Taubheit in den Gliedern. Kam das von der Anstrengung, oder wirkte das Gift auch über den Sauerstoff, den der Anzug für ihn aus dem Wasser filterte? Er hatte sich lange nicht mehr so erschöpft gefühlt.
    Am Eingang stürzten weitere Steine herunter. Ein kleines Loch entstand, durch das das Licht eines bionetischen Scheinwerfers fiel. Jetzt endlich konnte der Marsianer sich wieder orientieren.
    »Vogler?«, fragte die besorgte Stimme von Kim'iz.
    »Ich bin noch hier«, sagte Vogler laut.
    Kim'iz klackerte erleichtert. »Wo solltest du auch sonst hin sein?«, scherzte die Hydritin.
    Weitere Steine wurden fortgeräumt.
    Vogler sah im Licht des Scheinwerfers den reglosen Kraken. Das Tier trieb in der hellgrünen Wolke seiner Pflanzenwaffe. Seine starren Augen waren weit aufgerissen und sahen blicklos ins Leere. Es war ein sonderbares Bild, wie der Krake da in der Mitte der Höhle trieb. Er hatte eine dunkle Farbe angenommen und wirkte wie eine schwarze Wolke.
    Vogler lief ein Schauer über den Rücken, als er den scharfen Schnabel des Kraken sah. Wir haben viel Glück gehabt, dass kein Hydrit oder Mensch zu Tode kam. Er streckte die Hand aus und fuhr mit den behandschuhten Fingern über die unebene Haut und die Saugnäpfe des Untiers.
    Kim'iz und zwei weitere verwachsene Hydriten räumten die restlichen Steine zur Seite. Auch Pozai'don II. war bei ihnen.
    Kim'iz packte die Hand des hoch aufgeschossenen Marsianers und geleitete ihn zum Ausgang. Vogler war dankbar für die Hilfe. Jede Bewegung schmerzte ihn.
    »Du hast es geschafft!« Kim'iz strahlte ihn an. »Deine Waffe funktioniert tadellos. Wie lange wird die Wirkung des Giftes anhalten?«
    »Ohne ein Gegengift mindestens eine Stunde. Aber ich kann Nachschub aus der Qualle holen, dann können wir die Zeit weiter verlängern.«
    Pozai'don schwamm näher heran. Der Hydrit im Brustharnisch sah den Baumsprecher missmutig an. »Das war knapp«, sagte er. »Hätten wir das Vieh gleich getötet, wie ich es gesagt hatte, wäre es nicht so weit gekommen.«
    Ärger stieg in Vogler auf. »Ja, ich weiß«, machte er sich Luft; nach der Anspannung heftiger, als er es unter normalen Umständen getan hätte. »Mit dem Töten hast du Erfahrung. Aber meinst du nicht, es wären genug Leben in Gilam'esh'gad zerstört worden? Auch durch deine Schuld?«
    Pozai'don schnappte Wasser nach dieser Zurechtweisung. Sekundenlang schien es, als wollte er darauf antworten, aber dann drehte er sich weg
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