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254 - Das Nest

254 - Das Nest

Titel: 254 - Das Nest
Autoren: Michelle Stern
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unnatürlich aufschimmern, als wäre er nicht mehr aus Fleisch, sondern aus Stein. Nur seine Kleidung sah aus wie zuvor.
    Sofort fielen Paacival die Geschichten ein, die Maddrax über Guunsay erzählt hatte. »Bei de Götta!«, hauchte er.
    Djeyms hörte auf zu röcheln. Er stand in der Bewegung erstarrt. Paacival konnte es nicht glauben. Sein Herz raste, seine Hände zitterten. Mit der Schwertspitze tippte er die reglose Gestalt des Biglords an. Die Berührung verriet ihm, was er ohnehin vermutete: Djeyms war zu Stein geworden!
    Dann sah er die schemenhafte Gestalt auf sich zukommen.
    Paacival schrie auf und wich zurück…
    Tagebuch
    Es ist lange her, dass ich letztmals weinte. Es war, als ich im Alter von elf oder zwölf Jahren in die Geheimnisse meines Berufs eingeweiht wurde. Niemals wieder werde ich irgendjemandem die Genugtuung geben, meine Tränen zu sehen, so schwor ich…
    Sie nennen mich Garota. Ein dreckiger Matrose, der ein wenig portogues spricht, hat mir diesen wenig ehrenhaften Namen, der »Dirne« bedeutet, verpasst. Ich störe mich nicht mehr daran; auch nicht, dass ich ausgerechnet diesen Canaillen aus Kastilien und Aragonien, die mein Heimatland seit vielen Jahren als ihren Fußabtreter benutzen, zu Diensten sein muss.
    Bis heute verfluche ich jenen Tag, da ich mich, trunken vom süßen schweren Wein, von Juan dazu überreden ließ, die Planken dieses Schiffes zu betreten. Er lockte mich mit der Aussicht auf Gold und einem Platz in der Kabine des Capitans. Ich hätte es mit meinen neunzehn Jahren und meiner Erfahrung im Umgang mit Männern besser wissen müssen…
    Jeder spanische Dreckskerl an Bord darf mich nehmen. Sie tun es in meiner Hängematte, sie tun es draußen an der Reling, sie fallen selbst am Abtritt über mich her. Wenn ich Glück habe, bringen sie es so rasch wie möglich hinter sich. Wenn ich weniger Glück habe, nehmen sie sich Zeit und lassen ihren Zorn über die Unbillen der Reise an mir aus. Als sich El Cánido, der Hüter der Hunde an Bord, bei mir anstellt, bin ich überrascht. Er ist einer der Wenigen, die sich noch nicht bei mir blicken ließen. Doch es sind seine Kumpane, die ihn jetzt dazu drängen. Sie grölen, reißen Zoten und stoßen ihn über mich, sie zerren ihm die Hose vom Unterleib. Ich begegne seinen Blicken - und ich sehe die Wahrheit, noch bevor ich sie spüre.
    Ich schalte schnell. Ich stöhne, ich klatsche dem Hundejungen auf den nackten Po und tue so, als würde er mir mehr Freude bereiten als all seine Kameraden. Es wird still im Raum, während ich ein wahrhaft gelungenes Schauspiel zum Besten gebe.
    Als es zu Ende ist - als ich und er »vorgeben«, dass es zu Ende ist und wir uns voneinander lösen -, drückt er mir einen Kuss auf die Lippen und haucht: »Danke!« Ich erwidere die Zärtlichkeit. Selten zuvor hat eine Berührung so gut, so süß geschmeckt.
    Ich schiebe ihn, der eigentlich eine »Sie« ist, von mir und wische mir die Tränen aus den Augen. Ich bin glücklich, denn ich bin nicht die einzige Frau an Bord…
    ENDE
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