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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II
Autoren: Karl May
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letzten Abend vor Eintritt dieser Ereignisse, ein kurzes, deutliches Bild ihres Schauplatzes zu geben.
    Die Landenge verband die im Norden von ihr liegende Wüste der Tschoban mit dem südwärts angrenzenden Land der Ussul. Im Süden gab es Wasser, im Norden aber nicht. Es war zu erwarten, daß die Tschoban mit ihren Pferden halbverdurstet anlangen würden. Sie rechneten jedenfalls darauf, über den Paß sehr schnell hinwegkommen und drüben den Fluß erreichen zu können. Dies ihnen unmöglich zu machen, darin bestand unser Plan. Sie mußten auf der Landenge festgehalten werden. Der Durst sollte unser Verbündeter sein. Wir hofften, daß er sie zwingen werde, sich uns auf Gnade oder Ungnade zu ergeben. Dazu war freilich nötig, daß die Einschließung sich so eng und so qualvoll für sie gestaltete, daß ihnen keine Hoffnung auf irgendeine andere Rettung blieb. Glücklicherweise kam uns die Natur durch die eigenartige Gestaltung des Engpasses in ganz besonders freundlicher Weise entgegen. Er zerfiel nämlich in drei fast ganz gleich lange Teile. Zwei Querhöhen reichten über ihn hinweg von einem Meer bis zum anderen. Es gab also einen nördlichen, einen mittleren und einen südlichen Teil, die vollständig voneinander getrennt gewesen wären, wenn sich nicht in jeder der beiden Querhöhen ein schmaler Durchgang befunden hätte, durch den die Verbindung sich ermöglichte. Diese beiden natürlichen Quermauern waren das ‚Felsentor‘ und die hohe, steinige Wand des ‚Felsenlochs‘. Das erste, nördliche Drittel des Passes ging von der Wüste der Tschoban bis nach dem ‚Felsentor‘. Das letzte, südliche Drittel reichte vom Land der Ussul bis an das ‚Felsenloch‘. Zwischen beiden, also zwischen dem ‚Felsentor‘ und dem ‚Felsenloch‘, lag das mittlere Drittel, welches die eigentliche Falle bilden sollte. Wenn meine Berechnung richtig war, so gingen die Tschoban ganz bestimmt in diese Falle, und zwar nicht etwa zögernd, sondern schnell. Ich glaubte nicht, daß sie sich Zeit nehmen würden, die Örtlichkeit genau zu untersuchen, sondern ich war überzeugt, daß der Durst sie treiben werde, so rasch wie möglich über den Paß hinüber zu kommen. Das ‚Felsentor‘ stand ihnen offen, sollte aber hinter ihnen sofort besetzt werden. Wenn sie das ‚Felsenloch‘ erreichten, wurden sie nicht hindurch gelassen. Dann konnten sie weder vor- noch rückwärts und waren ganz in unserer Hand.
    Es war mein Wunsch, daß gar kein Blut vergossen werde; aber wenn ich mich in die kommende Situation hineindachte, erschien es mir als sehr wahrscheinlich, daß wenigstens an beiden Enden der Falle ein Kampf nicht zu vermeiden sei. Denn es war anzunehmen, daß die Tschoban den Versuch machen würden, sich hier oder dort, vielleicht gar an beiden Stellen, den Durchlaß zu erzwingen. Daß diese Versuche ebenso erfolglos wie blutig sein mußten, verstand sich ganz von selbst. Als ich während des Abendessens gegen den Dschirbani hierüber eine Bemerkung machte, sagte er:
    „Sei ohne Sorge! Es wird kein einziger Tropfen Blut vergossen werden. Die Vorbereitungen sind schon getroffen, nur sahst du sie noch nicht, denn du hattest keine Zeit. Ich werde sie dir nach dem Essen zeigen. Ich habe mich mit allen vier Elementen verbunden –“
    „Etwa mit Feuer, Wasser, Luft und Erde?“ unterbrach ich ihn.
    „Ja. Und diese unsere vier Freunde sind, wie ich sehe, fest entschlossen, sich unserer Sache kräftigst anzunehmen.“
    Indem er das sagte, warf er einen forschenden Blick auf die beiden Meere hinaus und dann nach dem Himmel empor.
    „Von zwei Elementen gebe ich das zu“, bemerkte ich. „Die Erde hat uns aus ihrem festesten Gestein die Riesenfalle gebaut, und das Wasser hält an beiden Seiten die Tschoban ab, diese Falle zu verlassen. Wie aber ist es mit dem Feuer und der Luft?“
    „Schau zum Himmel auf! Zwar scheint der Mond, aber kein einziger Stern ist zu sehen, obgleich ihrer Tausende dort stehen müßten. Das Firmament gleicht einer Stubendecke, die mit gelber, dicker Tünche angestrichen ist. Nur der Mond dringt da hindurch, ein Stern aber nicht. Das fällt nur dir nicht auf, der du ein Fremder bist. Wir aber kennen unser Land und ebenso auch unsern Himmel. Morgen gibt es Sturm, und dann wirst du deutlich sehen, daß die Luft mit uns im Bunde ist.“
    „Und das Feuer?“ fragte ich.
    „Das wird uns Pulver ersparen“, antwortete er. „Sobald ich hier ankam, wurde ich von Halef und Merhameh auf das Felsentor geführt.
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