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2489 - Schach dem Chaos

2489 - Schach dem Chaos

Titel: 2489 - Schach dem Chaos
Autoren: Michael Marcus Thurner
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zu reservieren. Um in kontemplativer Versunkenheit Erleichterung zu finden. Um den Druck, dem sie für die restliche Zeit des Tages ausgesetzt war, zumindest ein wenig abzumildern.
    »Wir brauchen dich!«, tönte es aus dem Kom-Gerät. Rot-Gre-N'at, ihr Betreuer, meldete sich mit der üblichen Forschheit.
    Log-Aer-M'in fragte sich, warum sie den unhöflichen Kerl nicht schon längst aus ihren Diensten entlassen hatte.
    »Ich komme!«, fauchte sie zurück, unwirscher, als sie es beabsichtigt hatte. »Sieh zu, dass alles bereitliegt.«
    »Selbstverständlich.« Rot-Gre-N'at, der als Einziger eine Direktverbindung zu ihr wählen durfte, verstummte.
    Sie aß die letzten Bissen, zog die Uniform über, überprüfte den Sitz der Datenknöpfe, straffte den Körper. Sie durfte sich keinen Fehler erlauben. Nicht hier, nicht jetzt. Sie repräsentierte nicht nur das große Volk der Kartanin, sondern die gesamte Noquaa-Kansahariyya.
    An diesem Tag lag es an ihr, die notwendigen Befehle zu geben. Sie würde mehrere Millionen Wesen anführen - und in den Tod schicken.
    Mehr als 16.000 Schiffe, von mehreren Dutzend Hangay-Völkern zur Verfügung gestellt und den hiesigen Verhältnissen so gut wie möglich angepasst, warteten auf ihr Kommando. Die Einheiten waren rings um den Grenzwall verteilt.
    Sie manövrierten in Pulks von 50 bis 1.500 Einheiten. Verbindungsschiffe, die nur einen Teil des unsichtbaren Netzwerks kannten, reisten von einem Pulk zum nächsten. Die Besatzungen der Botenschiffe bestanden ausschließlich aus Kartanin. Die flinken Erkunder lieferten Koordinaten, und sie hatten strikte Anweisungen. Sie würden sich mit den rituellen Messern richten, bevor sie die Schmach einer Gefangenschaft auf sich nahmen. Nur so war gewährleistet, dass der Feind keine Kenntnis von ihren weiteren Plänen erhielt.
    Log-Aer-M'in betrachtete die holografische Darstellung der Kernzone Hangays. Die Positionen der dezentralisierten Flottenteile waren selbst ihr nicht mit hundertprozentiger Genauigkeit bekannt. Sie umschwirrten den Kernwall, der das Zentrum der heimatlichen Galaxis umschloss, in einem Auf und Ab wie bissige Insekten.
    »Es geht los!«, sagte Log-Aer-M'in leise. »Ihr wisst, was zu tun ist.«
    Sie konnte und wollte nicht mehr sagen. Es wurde von ihr auch nicht erwartet. Sie befleißigte sich einer knappen und prägnanten Sprache. Umständliche Formulierungen waren ihr zuwider, und sie duldete niemanden in ihrem unmittelbaren Umfeld, der zu schwafeln wagte. Niemanden - außer Rot-Gre-N'at.
    Das Faktotum sorgte dafür, dass ihr Befehl weitergegeben wurde. Eigentlich hätte sie auf diesen buckligen Kartanin, der von einer unbedeutenden Grenzwelt stammte, verzichten können. Die Schiffs KI war ihr ein wesentlich vernünftigerer Gesprächspartner; doch ab und zu überraschte sie der Krüppel mit Einsichten, die das Schiffsgehirn nicht zu liefern imstande war.
    »Du hast dir zu viel Zeit gelassen«, nörgelte Rot-Gre-N'at. »Diese dumme Morgengymnastik raubt dir außerdem notwendige Energie. Iss mehr! Schluck Tabletten! Das ist gesünder.«
    Er klopfte sich auf den nackten, schwabbeligen Bauch, der von struppigem Haar bewachsen war.
    Log-Aer-M'in würdigte ihn keiner Antwort. Seine klaren Momente wurden immer wieder von längeren Episoden unglaublicher Trotteligkeit überlagert.
    Die UMAKO beschleunigte mit Höchstwerten, mehr als hundert Einheiten folgten ihr. Sie alle wurden von Angehörigen der Vibra-Staffel durch die Wirrnisse dieser fremd gewordenen Umgebung pilotiert.
    Hangay war ihnen nicht mehr Heimat. Die Einheiten der Terminalen Kolonne hatten sich breitgemacht, hatten ihnen die Herrschaft über diese prächtige Sterneninsel entrissen, mit der Kabinettisierung begonnen - und darüber hinaus ihren Stolz zutiefst verletzt.
    Drei Hauri-Raumer schleppten sich den Trimaranen hinterher. Auch die Schiffe ihrer ehemaligen Feinde wurden von Angehörigen der Vibra-Staffel pilo-tiert; die Frauen dieser Spezialeinheit waren im Eilverfahren ausgebildet worden. Sie konnten dank der durch das Vibra-Psi gewonnenen Para-Begabungen die Schiffe der NK Hangay einigermaßen sicher durch den pervertierten Hyperraum lotsen.
    Log-Aer-M'in betrachtete ihre Pilotin. Die Frau, überschlank, mit zerzauster Haarpracht, lag in einer Ruheschüssel und blickte ins Leere. Ihre Hände öffneten und schlossen sich, immer wieder. Öfter mal fuhr sie die Krallen unmotiviert aus und durchstach damit das Leder des Sitzes.
    Roboter säuberten jene
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