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2484 - Koltorocs Atem

2484 - Koltorocs Atem

Titel: 2484 - Koltorocs Atem
Autoren: Horst Hoffmann
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aufgegangen. Sie hatte sich eigentlich nie so recht wohlgefühlt in ihrer materiellen Umgebung, und als der Wald schließlich von Quamoto fliehen musste, blieb sie in ihm und ging in ihm auf.
    Seither lebte sie in und mit den Wäldern. Sie war nicht mehr an einen einzigen gebunden, sondern in ihnen allen präsent als eine Stimme, die
    Dao - als jene mit Atlan im Kontaktwald verirrt war - wie ein fast allgegenwärtiges Wispern in dem mentalen Druck wahrgenommen hatte, der in jedem Wald vorhanden war. Afa-Hem-F'ur wollte ein Bindeglied zwischen den Wäldern und den Menschen und Kartanin sein, für sie sprechen, sie unterstützen.
    Daraus schienen sich fantastische, neue Perspektiven zu ergeben - doch wo war Afa-Hem? Warum schwieg sie? Weshalb konnte sie sie nicht hören oder spüren?
    Vielleicht ist sie gar nicht mehr da, dachte Dao beunruhigt. Vielleicht ist sie erloschen, gestorben, gescheitert - was auch immer ...
    »Da sind sie wieder«, drang Mizzas Stimme an ihre Ohren. »Die Schatten.«
    »Ich habe nichts gesehen«, wunderte sich Hatan. »Bist du sicher, dass .«
    Etwas ließ Dao hellhörig werden. Sie wusste nicht, was es war, aber als sie der ausgestreckten Hand der Terranerin folgte, sah sie sie ebenfalls. Die Schatten.
    Eine Bewegung im Dickicht, von den jungen Stämmen und Ranken in diesem Abschnitt des Wegs halb versperrt. Noch einmal. Es waren mindestens zwei. Sie waren Schatten in den Schatten, bewegten sich langsam so wie jene, die sie fast den ganzen Weg bis zur Lichtung begleitet hatten.
    Und doch war etwas anders.
    »Das stimmt nicht«, flüsterte die Führerin der Gruppe und blieb stehen. »Irgendetwas ist anders .«
    »Als was?«, fragte Darna. »Anders als was? Es sind die Schatten, die uns seit .«
    »Ich weiß es nicht«, sagte die Kar-tanin. »Etwas ist anders - stimmt nicht. Die Geräusche .«
    »Welche Geräusche?«, wollte Irven wissen. »Welche denn? Sie bewegen sich lautlos. Sie sind .«
    »Ich kann es nicht anders sagen!«, schnitt Dao ihm die Worte ab. »Alles ist falsch. Einfach falsch!«
    »Was tust du?« Donisettis Stimme klang entsetzt und selbst für ihn um eine Spur zu schrill. »Bleib hier, du darfst nicht allein in den Wald! Du kannst nicht einfach . den Weg verlassen .!«
    Aber es war schon zu spät. Dao-Lin-H'ay begriff erst, was sie zu tun im Begriff war, als sie bereits mitten in einer Landschaft war, in der ihr die Sinne endgültig den Dienst versagten.
     
    4.
    Im Abseits
     
    Sie wusste, dass niemand die Wege verlassen durfte. Aber sie tat es.
    Es geschah, ohne lange zu überlegen, denn von einem Moment auf den anderen spürte sie mit absoluter Gewissheit, wie etwas im Wald geschah, was nicht sein durfte.
    Dao konnte es nicht genauer erkennen, aber was es auch sein mochte, es gehörte nicht zum Kontaktwald. Alles in ihr schrie: Gefahr!
    Anders als mit Atlan verließ sie den Weg diesmal aus dem Verlangen heraus, dies zu tun. Aber es geschah keineswegs planvoll und bei klarem Verstand, sondern wie in einem dicken Umschlag aus Emotionen, blind und unbeherrscht.
    Dann stand sie still, atmete den Dschungel ringsum und begriff, dass sie im wirklichen Kontaktwald stand. Einer Umwelt, die für nicht pflanzliche Lebewesen keine Heimat und keine Sicherheit bot. Ja und nicht einmal Schönheit.
    Der Kontaktwald griff sie nicht etwa an, jedenfalls nicht bewusst. Dao-Lin-H'ay fühlte sich mitten hineingeworfen in eine Welt aus Eindrücken und Bildern, die sie nicht bewältigen konnte, an denen ihre Sinne vielleicht sogar verbrannten.
    Hörte sie das Echo ferner Stimmen? Wisperte Afa-Hem-F'ur ihren Namen, oder unterlag sie einer Täuschung? Wie konnte es sein, dass die Farben der Blüten urplötzlich so grell und falsch wirkten wie in einem schlecht kolorierten Cartoon?
    Dao-Lin-H'ay war begabt und psionisch geschult. Sie war mental stabilisiert. Dies schloss eigentlich jede geistige Beeinflussung aus. Und dennoch geschah es.
    Sie glaubte zu schwimmen, die Lungen pumpten stärker, die Arme bewegten sich merkwürdig ruckhaft, in den Beinen spürte sie ein taubes Gefühl ... Wenn sie sich umdrehte, drehte der Wald sich schneller. Ihr schwindelte. Von den fünf anderen sah sie längst nichts mehr. Sie rief nach ihnen, aber der Wald atmete ihre Stimme fort und saugte sie ins Moos.
    Ich muss klar bleiben!, dachte sie verzweifelt. Es ist der gleiche Wald, unser Verbündeter - unser Freund -, nur sehe ich ihn jetzt so, wie er in Wirklichkeit ist, und nicht, wie er uns ihn sehen lässt!
    Alles
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