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2416 - Mythos Scherbenstadt

Titel: 2416 - Mythos Scherbenstadt
Autoren: Unbekannt
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seinem Leben.
    Der junge Mom’Serimer war gespannt, was da auf ihn zukam. Ob er wohl am anderen Geschlecht Gefallen finden würde, wie er es bei seinen Altersgenossen stets beobachtet hatte?
    Vielleicht würde er bald seinen Teil dazu beitragen, dass die Bevölkerung weiter wuchs.
    Manchmal sah er seinen Freund Zeran mit gänzlich anderen Augen. Zeran war ein Mann, und vielleicht – nur vielleicht – würde Siri ja eine Frau werden.
    Einerseits war das ein verlockender Gedanke, andererseits stieß ihn die Vorstellung zutiefst ab. Er und Zeran? Er schüttelte sich und verzog das Gesicht.
    „Was hast du?"
    „Nichts", beeilte er sich zu versichern.
    „Nichts, nichts."
    „Das hätte ich dir vielleicht sogar geglaubt, wenn du es nicht gleich dreimal gesagt hättest."
    „Ich habe nur darüber nachgedacht, dass ..." Siri stockte. Ihm fiel etwas auf, was ihn so sehr erschreckte, dass er kein Wort mehr herausbrachte. Wieso in aller Welt bemerkte er es gerade jetzt? „Dein Tentakel."
    Zeran gab einen leisen Brummton von sich, einen Laut, der irgendwo zwischen Amüsement und Verärgerung lag. „Ich weiß. Das geht seit gestern so. Mal ist er besonders stark männlich ausgebildet, dann geht er wieder zurück. Ich habe mir sagen lassen, dass das häufig vorkommt, bevor man in eine geschlechtsneutrale Phase wechselt."
    Siri Solabas wedelte mit den Tentakeln. „Aber das geht doch nicht!"
    „Mach dir nichts draus, dass ich dann schon zum zweiten Mal wechsle, obwohl du es noch gar nicht erlebt hast. Immerhin bin ich etwas älter als du. Das ist wirklich bedeutungslos."
    Findest du, dachte Siri. Du bist ja auch nicht derjenige, der in seiner Entwicklung seinem besten Freund hinterherhinkt. Und dass du älter als ich bist, kann man wohl kaum sagen.
    Was sind schon drei Tage? Und dann, beinahe schmerzhaft intensiv: Außerdem wirst du dann neutral sein, wenn ich endlich in eine geschlechtliche Phase eintrete.
    Zeran kümmerte sich um derlei Privates nicht, sondern hing längst wieder kämpferischen Gedanken nach. „Wir zeigen es denen! Die brauchen uns als Techniker und als Hilfskräfte, sonst kommen die nicht zurecht. Sie sind viel zu wenige für die Arbeit, die ständig anfällt."
    „Vergiss das doch mal", forderte Siri.
    „Es gibt Wichtigeres."
    „Ach ja? Und was? Vielleicht in der Scherbenstadt herumzukriechen und neue Gänge zu graben? Oder weitere Plätze zu räumen und damit Platz zu schaffen für die Neugeborenen?"
    „Besser als nichts." Siri wusste, wie lahm das klang. „Immerhin wächst unsere Population ständig."
    „Blabla", machte sein Freund. „Gehen wir lieber zu den Wissenschaftlern und Technikern, die die goldenen Bergkristalle untersuchen. Versuchen wir ihnen zu helfen."
    „Ich verstehe nichts von diesen Dingen", wandte Siri ein.
    „Mach mich bloß nicht wütend. Du bist ein Mom’Serimer! Wir verstehen alle etwas von Technik, das haben wir längst festgestellt. Vielleicht hat ESTARTU uns deshalb einst in die NACHT geschickt, damit wir über sie wachen. Bestimmt waren unsere Vorfahren dort Techniker. Ja, wir hatten eine wichtige Aufgabe. Dass wir einfach so auf der SOL vor uns hin leben, kann nicht so bleiben."
    Wir verstehen etwas von Technik, dachte Siri. So ein Unsinn. Du vielleicht und womöglich auch die meisten anderen, aber ich ganz bestimmt nicht.
    Dennoch ergab er sich in sein Schicksal und folgte seinem Freund.
     
    *
     
    Der Terraner war in Siris Augen einfach nur hässlich.
    Sein Bauch war fett und aufgedunsen, seine Augen so klein, dass sie fast ganz in den Höhlen verschwanden, die darüber hinaus von schwabbelnden Hautlappen umgeben waren. Schwarze Haare hingen fettig in Stirn und Nacken, und aus dem Mund strömte ein ganz und gar widerwärtiger Gestank. Schweißtropfen perlten auf der Stirn.
    Die Mühe, sich den Namen dieses Fettwanstes zu merken, machte sich Siri nicht. Auch wenn er ein brillanter Wissenschaftler zu sein schien, vielleicht ein begnadeter Techniker, bot er ebenso einen abscheulichen Anblick. Das verletzte sein ästhetisches Feingefühl und kam fast einer persönlichen Beleidigung gleich.
    Der Wissenschaftler sah auf die beiden Besucher hinunter und wackelte mit dem Kopf. „Also gut, ich danke euch, dass ihr euch in meiner Abteilung einbringen wollt."
    Schlaf doch gleich ein, dachte Siri ätzend. Da redet ja ein fünfundzwanzigjähriger Mom’Serimer mit Lippenlähmung in der Minute vor seinem Tod schneller als du.
    „Also ... ich gebe euch zuerst eine kleine
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