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2415 - Armee der Mikro-Bestien

Titel: 2415 - Armee der Mikro-Bestien
Autoren: Unbekannt
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zu übernehmen. Das galt für uns Aktivatorträger in noch größerem Maß als für jeden anderen Menschen.
    Ich konnte mir jedenfalls nicht vorstellen, mein Leben in einem goldenen Käfig zu verbringen, und ein sicheres Büro in Terrania, in Quinto-Center war nichts anderes. Die pure Langeweile hätte mich über kurz oder lang umgebracht.
    Manchmal erschien es mir, als treibe ein Zellaktivator seinen Träger unaufhaltsam voran, als mache er ihn zum ruhelosen Erfüllungsgehilfen einer höheren Macht.
    Waren wir letztlich nichts als Sklaven des kosmischen Zeitalters? Marionetten, die ihre Eigenständigkeit, ihr Ich einem Jahrtausende währenden Leben opferten? War unsere relative Unsterblichkeit ein Goldenes Kalb, um das wir wie die Verrückten tanzten, ohne zu begreifen, was wir wirklich taten?
    Für einen Moment vergrub ich mein Gesicht in den Händen und hoffte darauf, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Es gab andere Überlegungen, mit denen ich mich befassen musste.
    Untar Gabu war wirklich ein Freund gewesen. Er und Ganymed, so schien es mir, hatten vieles gemeinsam. Obwohl sie zweifellos unterschiedlichen Versuchsreihen mit Genmaterial der Bestien entstammten.
    Langsam wandte Ganymed den Oberkörper. Nichts schien dem Blick seiner beiden unversehrten Augen zu entgehen.
    „Ich habe die Freiheit gewählt und stehe nicht mehr für Experimente der Kolonne zur Verfügung ...", kam es grollend aus seinem Rachen. „Nicht du musst dich also bedanken, kleiner Freund, sondern ich schulde dir Anerkennung. Für deine Achtung und deine Loyalität und dass du mir das Gefühl gegeben hast, mein Leben könnte wertvoll sein."
    Ich nickte stumm.
    Von meinem linken Handrücken hing noch das Anschlussstück eines Versorgungsstrangs herab. Ganymed hatte seine Verbindungen zur Lebenserhaltung des Konservierungstanks ebenfalls einfach abgerissen. Es hatte ihm nicht geschadet, also war er wohl davon ausgegangen, dass mein Metabolismus das ebenso mühelos wegstecken würde.
    Blut tropfte immer noch über meine Finger. Nicht viel, doch ich hinterließ eine deutliche Spur. Aber was spielte das schon für eine Rolle?
    Vergeblich versuchte ich, zwei Cyborg-Organismen abzustreifen, die sich in meinen Haaren verfangen hatten. Sie waren keine Roboter, sondern tatsächlich kleine Käfer, mit Mikrotechnik und wohl ebenso durch genetische Manipulationen für ihre Aufgaben optimiert. Im Grund genommen hatten die Kolonnen-Anatomen mit diesen Tieren nichts anderes gemacht als mit sich selbst: Sie folgten dem Grundsatz einer eingebildeten Optimierung, ersetzten Gliedmaßen und Organe und fügten Neues hinzu. Auf diese Weise schufen sie Leben nach ihren Vorstellungen. Die Frage war nur, ob dieses Leben auch lebenswert war.
    Solche Manipulationen waren die Vorstufe zu einem Dual.
    Ich hatte die beiden Käfer mit einer hastigen Bewegung zu Boden geschleudert, doch sie krabbelten schon wieder auf meine Füße zu. Sie kannten nur ihre Programmierung, und hinter dieser hatte sogar ihre Existenz zurückzustehen.
    Ich machte einen Schritt zur Seite, wollte den krabbelnden Biestern ausweichen – dann trat ich zu. Aber ich spürte kein Splittern des Panzers oder auch nur das Brechen der Gliedmaßen.
    Bevor ich reagieren konnte, schob sich das kleine Biest schon seitlich unter meiner Ferse hervor. Ein Fühlerpaar zuckte mir entgegen, der Käfer richtete sich auf den Hinterbeinen auf ...
    Noch einmal trat ich zu, mit aller Kraft. Und wieder. Wie im Rausch, ein entsetztes Aufbäumen. In dem Bemühen, mir einen Rest von Menschlichkeit zu bewahren, verlor ich die letzte Beherrschung. Diese Cyborg-Tierchen oder ich ...
    Ich werde überleben!, schrie alles in mir. Jede Faser meines Körpers bäumte sich gegen dieses verfluchte Schicksal auf. Ich will Terra wiedersehen ... will die salzige Luft am Goshun-See atmen, den warmen Wind auf meiner Haut spüren, den Wolken nachschauen und träumen ...
    Beide Cyborg-Käfer zappelten nur noch, ihre Bewegungen erlahmten schnell. Während mein Herz wie wahnsinnig gegen die Rippen hämmerte, starrte ich die zuckenden Leiber an.
    Es ist vorbei!, hämmerte es unter meiner Schädeldecke. Die Anatomen werden mich nicht zerschneiden, mich nicht zu einem Monstrum machen, das TRAITOR gehorcht ...
    Ganymeds Pranke wischte über meine Schulter. Gleich darauf hielt er mir zwei Finger vors Gesicht. Ich sah, dass ein Käfer zwischen ihnen zappelte, aber im nächsten Moment existierte dieser Käfer nicht mehr.
    Als Ganymed den Rachen
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