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241 - Splitterzeit

241 - Splitterzeit

Titel: 241 - Splitterzeit
Autoren: Manfred Weinland
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sich Mühe. Es verwirrte ihn, andere Hydriten in ihrer Nähe herumschwimmen zu sehen, ohne dass sie ihm die geringste Beachtung schenkten. Traumbilder…
    »Du darfst aber nicht glauben, dass wir Hydriten stolz auf diese Anlage wären«, drang Da’las Stimme in sein Bewusstsein. »Wir erkannten bald, dass wir uns mit dieser barbarischen Waffe auf dieselbe Stufe stellten wie die Mar’os-Jünger, die Pozai’don II. damit bekämpfen wollte, und legten sie still.«
    »Du hast von Unregelmäßigkeiten gesprochen«, nahm Matt eine Bemerkung auf, die ihn vorhin schon hellhörig gemacht hatte – weil Da’la davor kurz gezögert hatte. »Um was ging es dabei?«
    »Der Flächenräumer lag bereits sechstausend Umläufe ungenutzt da, nur noch eine böse Erinnerung in den Köpfen der Chronisten«, berichtete sie. »Dann aber kontaktierte uns der Koordinator, der von einer ›wiederholten Anomalie‹ berichtete. Vermutlich wäre die Nachricht nicht weiter verfolgt worden, so wie seit sechs Millennien alles ignoriert wurde, was den Flächenräumer betraf, doch ein eifriges Mitglied der Forschergilde stöberte in den Aufzeichnungen und fand heraus, dass eine gleiche Meldung bereits vier Mal eingegangen war – im fast exakten Abstand von tausend Umläufen seit Stilllegung der Anlage.«
    »Also hat man ein Team ausgesandt, um die Sache zu untersuchen«, sagte Matt. »Was habt ihr herausgefunden?«
    »Nicht mehr oder weniger, als dass der Flächenräumer zu einem Portal in verschiedene Erdepochen geworden war«, antwortete die Hydritin. »Du musst wissen, dass die Schussenergie aus dem Magnetfeld der Erde gezogen und gespeichert wird. Niemand hatte aber vorhergesehen, dass sich diese Speicher irgendwann überlasten und dann teilweise selbst wieder entladen würden.«
    »Was alle tausend Jahre geschah«, folgerte Matt.
    »Richtig. Glücklicherweise waren die Spannungsspitzen nicht stark genug, um einen Schuss auszulösen. Sie traten nur innerhalb der Anlage auf. Dabei aber rissen sie jedes Mal ein… Loch in die Raumzeit.«
    »Die Zeitblasen!«
    Da’la nickte. »So könnte man sie nennen. Verbindungen zu eben jenen Epochen, in denen die Teilentladungen stattfanden – alle tausend Umläufe eine.«
    Matt verstand… fast. »Aber warum an verschiedenen Orten der Erde?«, hakte er nach.
    Die Geistwanderin wandte sich um und wies durch den kurzen Verbindungstunnel auf den zweiten bionetischen Bildschirm, der dem Koordinator direkt gegenüber lag. »Das dort drüben ist die Zieloptik. Mit ihr wird der Zeitfeld-Projektor ausgerichtet. Man kann damit jeden beliebigen Punkt der Erde erreichen, indem der Erdkern als Reflektor oder Masseablenkung genutzt wird.«
    Matt war beeindruckt. Was die Hydriten hier vor zehntausend Jahren geschaffen hatten, übertraf alle Entwicklungen der Menschheit um ein Vielfaches. Eine Menschheit, die sich damals gerade über ihre äffischen Vorfahren erhoben hatte und deren wirkungsvollste Waffe der Speer gewesen war.
    »Die Zieloptik liegt zwischen Speicherschüsseln und Projektor«, fuhr Da’la fort. »Wie gesagt: Für einen Schuss reichten die freiwerdenden Energien nicht aus. Wohl aber, um an jenem Punkt der Erde, auf den die Zieloptik in diesem Moment ausgerichtet war, ein Gegenstück zur Zeitblase entstehen zu lassen.«
    Die letzten Puzzlesteine fügten sich in Matts Hirn zusammen. Die Tore waren stabil: Sie führten zu dem Augenblick ihres Entstehens – und lösten dort Erschütterungen aus, die als Erdbeben wahrgenommen wurden. Würde er noch einmal durch die Zeitblase gehen, die nach San Francisco führte, er würde in derselben Sekunde dort eintreffen wie beim ersten Sprung.
    Ihn schauderte, als er sich die Vernichtungskraft dieser Anlage vor Augen führte. Wenn schon eine Spannungsspitze solche Auswirkungen hatte, welche Kräfte musste der Flächenräumer dann erst bei einem Schuss entfesseln? »Gut, dass er niemals abgefeuert wurde«, sagte er, mehr zu sich selbst.
    »Bis auf einen Probeschuss«, stellte Da’la richtig.
    Matt sah sie schockiert an. »Ihr habt den Flächenräumer also eingesetzt? Gegen wen?«
    »Wie gesagt: Er war dazu gedacht, um gegen unsere verblendeten Brüder und Schwestern gerichtet zu werden, die dem Schlächter Mar’os huldigten. Aber dazu kam es nie. Der Flächenräumer ist eine so ultimative Waffe, dass meine Vorfahren hofften, sein bloßes Abschreckungspotenzial würde genügen, die Verblendeten zur Vernunft zu bringen. Es wurde lediglich ein Testlauf gestartet, der
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