Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2406 - Die Kristall-Annalen

Titel: 2406 - Die Kristall-Annalen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
geschmiedeten Leib als einen begriffen und handhabten.
    Aber die Paragaben blieben aus.
    Phophom operierte sie ein zweites Mal, ließ Neurotaucher in die Hirnsubstanz der beiden Köpfe einwandern, quadratmillimetergroße Segmente nach außen fördern und ins Nachbarhirn implantieren.
    Die Paragaben blieben verloren.
    Eines Tages kam Phophom in die Kemenate des Duals und verkündete: „Wir setzen die Therapie und das Training aus. Ihr habt Urlaub. Erholt euch, euch steht ein Segment eines Maschinengartens im Norden von TCHOMUC zur Verfügung."
    Ein Gleiter brachte sie hin. Ekatus verdämmerte den Flug im Halbschlaf, Atimoss studierte aus dem Seitenfenster des Gleiters die Technolandschaft der Dienstburg. Einige Abschnitte der Burg wirkten neu, als wären sie gar nicht erst in Gebrauch genommen worden; andere unvordenklich alt.
    Der Maschinengarten war ein hermetisch abgeschotteter Bereich, in dem Maschinen völlig verschiedener Technosphären vor sich hin rotteten, zerfielen oder Allianzen miteinander eingegangen waren, sich in Betrieb hielten, umbauten, entwickelten. Manche hatten etliche Kilometer hohe Gespinste produziert, in denen der rosafarbene Himmel hing wie in einem Netz.
    „Man hat uns auf einen Schrotthaufen geworfen", erkannte Ekatus.
    „Du unterschätzt die Kreativität des Chaos", wies ihn Atimoss zurecht.
    Der Angriff kam übergangslos, ohne jede Vorwarnung. Der stählerne Boden verflüssigte sich, dass sie bis zur Hüfte einsanken; dann verfestigte er sich wieder. Sie steckten fest. Eine Raupe rollte heran, fuhr eine Kralle mit spitzen Enden aus und schlug sie dem Dual in die Brust.
    Der Schmerz explodierte förmlich.
    Die beiden Bewusstseine wanden sich, durchdrangen einander hemmungslos, verschmolzen in ihrer Qual tiefer als je zuvor. Und das Siegel, das seit der ersten Operation über ihren Paragaben gelegen hatte, brach.
    Es war durchaus nicht so, dass die beiden wieder vollen Zugriff auf ihre Fähigkeiten gewannen. Aber im Bewusstsein Ekatus’ war es, als ob sich eine Kammer öffnete, von deren Vorhandensein er selbst nichts gewusst hatte; und Atimoss trat ein, griff zu und bediente sich der Gaben.
    Zunächst verbarg Atimoss den Dual hinter einem Parapol-Schleier, versetzte ihn auf ein mikroskopisch verschobenes Energieniveau. Die Kralle hing im Leeren, der stählerne Boden warf Wellen. Dann entfesselte der Dual den Psi-Sturm.
    Der Sturm erschütterte die Materie, löste ihre Integrität auf, entzog ihrem Dasein den Boden. Nichts blieb von den Maschinen ringsum als eine Wolke von feinem, metallisch glitzerndem Staub. Es war, als wäre der Maschinengarten nie gewesen.
    Ekatus Atimoss stand reglos auf einer endlosen, schrundigen Ebene aus verrostetem Eisen. Dann knickte er in den Beinen ein und legte sich auf den Rücken, völlig erschöpft, und sah dem Pulsschlag der Schwarzen Sterne im rosafarbenen Himmel zu.
    Ein Gleiter landete. Phophom stieg aus. Er kniete sich neben den Dual und strich über beide Köpfe. „Das hast du gut gemacht, mein Sohn."
    „Danke, Vater", krächzte Atimoss.
    Ekatus brauchte noch Zeit, er war außer Atem. Dann sagte auch er: „Danke, Vater."
    „Nun weißt du", sagte Phophom, „dass du in der Not zu einem machtvollen Geschöpf wirst."
    „Heißt das", fragte Atimoss, „dass ich darauf hoffen muss, in Not zu geraten?"
    „Du musst auf keine Not hoffen, aber da die Not dein Freund ist, musst du sie nicht fürchten."
     
    *
     
    Nach und nach lernte Atimoss, im Singulären Intellekt auf die Parapol-Gaben seines Dualpartners zuzugreifen. Auf einem verschlungenen Umweg kehrte sogar seine eigene Paragabe wieder zurück, wenn sie nun auch unlöslich mit den Psi-Fähigkeiten von Ekatus verknüpft war: Wenn Ekatus Parapolarisatoren sponn, vermochte Atimoss sämtliche Handlungen zu überwachen, die mit dem Einsatz dieser Parapolisatoren verbunden waren.
    Er behielt sie im Blick der Trance, selbst wenn die tropfenförmigen Gebilde anderen Mitarbeitern der Kolonne zur Benutzung überlassen wurden.
    Entfernungen spielten dabei keine Rolle.
    Nur vor einer erneuten Entfesselung des Psi-Sturms schreckte er zurück.
    Bei seinem Einsatz im Maschinengarten hatte er nicht das Gefühl gewonnen, diese Paragabe wirklich zu beherrschen. Wie sollte er den Sturm steuern? Wie verhindern, dass die freigesetzten Gewalten sich gegen ihn selbst richteten?
    Den Schmerzen zum Trotz lebte Atimoss auf, profitierte von seinem dualen Dasein. Ekatus dagegen kümmerte dahin.
    Dennoch wurde der Dual
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher