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24 Stunden

24 Stunden

Titel: 24 Stunden
Autoren: Greg Iles
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Lächeln aus. »Ja.« Er legte den Gang ein, fuhr langsam vor und fädelte sich in den Verkehr ein.
    Peter McDill stand wie eine Statue inmitten eines Sturms in der Spielecke von McDonald's. Kleine und große Kinder sausten auf Socken um ihn herum und sprangen ausgelassen auf dem Schaumstoff umher. Das Schreien und Lachen war ohrenbetäubend. Peter hielt mit tränenden Augen nach seiner Mutter Ausschau. Mit der rechten Hand umklammerte er die geschnitzte Lokomotive, die Huey ihm geschenkt hatte, doch dessen war er sich im Moment gar nicht bewusst.
    Die Glastür des Restaurants wurde geöffnet, und eine Frau mit zerzaustem Haar und gehetztem Blick trat ein. Sie sah aus wie seine Mutter, aber nicht genau wie sie. Diese Frau sah irgendwie anders aus, älter als seine Mutter, und ihre Kleidung war zerrissen. Vor der Tür stieß sie zwei Kinder zur Seite, was seine Mutter niemals tun würde, und schaute sich hektisch in der Spielecke um. Ihr Blick wanderte von einem Kind zum anderen, blieb auf Peter haften, wanderte weiter und kehrte dann zu ihm zurück.
    »Mama?«, rief er unsicher.
    Im Bruchteil einer Sekunde fiel die ganze Anspannung der letzten Stunden von Margaret ab. Sie rannte auf Peter zu, schloss ihn in die Arme und presste ihn ungestüm an die Brust. Das hatte seine Mutter schon sehr, sehr lange nicht mehr getan. Als ein schreckliches Jammern aus ihrer Kehle drang, blieben die Kinder wie angewurzelt stehen.
    »O mein Gott«, wimmerte Margaret. »Mein lieber, kleiner Schatz. Mein lieber, kleiner Schatz...«
    Über Peters Wangen rannen heiße Tränen. Als seine Mutter ihn an sich presste, fiel ihm der kleine Holzzug aus der Hand. Ein kleines Kind hob ihn lächelnd vom Boden auf und stapfte mit dem Spielzeug davon.

EIN JAHR SPÄTER



    Will Jennings überholte mit seinem Ford Expedition einen langsam fahrenden Tanklastwagen und fuhr anschließend wieder auf die rechte Spur der zum Flughafen führenden Straße. Das Flughafengelände war nur knapp eine Meile entfernt. Es gelang ihm nicht, seinen Blick von den Flugzeugen abzuwenden, die beim Start über den Bäumen in die Höhe stiegen. Es war fast ein Monat vergangen, seitdem er zum letzten Mal geflogen war, und er konnte es kaum noch erwarten, wieder in einem Cockpit zu sitzen.
    »Schau auf die Straße«, sagte seine Frau, die auf dem Beifahrersitz saß.
    Karen Jennings war 39 Jahre alt - ein Jahr jünger als ihr Ehemann -, doch in vielerlei Hinsicht viel älter als er.
    »Daddy schaut sich die Flugzeuge an«, rief Abby, die auf dem Kindersitz auf der Rückbank saß, dazwischen. Obwohl das Mädchen erst fünfeinhalb war, mischte sie sich immer in ihre Gespräche ein. Will schaute in den Rückspiegel und lächelte seiner Tochter zu. Sie war Karen mit ihren rotblonden Locken, den durchdringenden grünen Augen und den hellen Sommersprossen rund um die Nase wie aus dem Gesicht geschnitten. Als er sie ansah, zeigte sie mit dem Finger auf ihre Mutter.
    Will legte die rechte Hand auf Karens Knie. »Meine Mädchen möchten den alten Dad sicher begleiten.« In Gesellschaft von Abby nannte er sich oft Dad und Karen Mama, so wie es sein Vater gemacht hatte. »Ihr steigt einfach ins Flugzeug und vergesst für drei Tage alles.«
    »Geht das, Mama?«, schrie Abby. »Geht das?«
    »Und was sollen wir da anziehen?«, fragte Karen in schnippischem Ton.
    »Ich kleide euch beide an der Küste neu ein.«
    »Juhu!«, schrie Abby. »Schaut, der Flughafen!«
    Der weiße Tower des Flughafe ns tauchte vor ihren Blicken auf.
    »Wir haben außerdem kein Insulin bei uns, Will.«
    »Daddy kann mir ein Rezept verschreiben!«
    »Ich kann dir das Insulin verschreiben und dir ein Rezept ausstellen, Liebling«, korrigierte Will sie.
    »Sie weiß eigentlich, wie es richtig heißt.«
    »Ich will an den Strand!«
    »Fängst du schon wieder an?«, sagte Karen leise. »Daddy geht überhaupt nicht an den Strand, Liebling. Bis Dad vor den ganzen anderen Ärzten seinen Vortrag gehalten hat, wird er sowieso unerträglich sein. Anschließend reden sie stundenlang über ihre Zeit an der medizinischen Fakultät. Und dann wird sich Dad seine Gelenke ruinieren, weil er unbedingt drei Tage an einem Stück Golf spielen muss.«
    »Wenn ihr mitkommt«, sagte Will, »können wir rund um Ocean Springs nach unentdeckten Werken von Walter Andersen suchen.«
    »Neiiin«, jammerte Abby. Sie hasste diese Suche nach Kunstgegenständen. Meistens bedeutete das, dass sie stundenlang in Kleinstädten durch Gassen liefen, und
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