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2398 - Aufbruch nach Hangay

Titel: 2398 - Aufbruch nach Hangay
Autoren: Unbekannt
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den kann." Plötzlich sprach der alte Haluter lauter. „Jemand muss diese Aktion leiten."
    Ich schwieg. „Jemand, der sich auf Kharag auskennt, der mit den Schaltungen und den wissenschaftlichen Voraussetzungen vertraut ist", fuhr Lerz fort. „Sie meinen sich selbst", stellte ich nüchtern fest. „Natürlich. Gibt es eine bessere Wahl?"
    Er hat recht, stellte der Extrasinn fest.
    Aber das wusste ich auch ohne den Rat meiner besseren Hälfte.
    Seit dem 1. November 1345 NGZ hatte Cornor Lerz die Leitung beim Kharag-Sonnendodekaeder inne. KHARAG akzeptierte ihn genau wie zuvor Icho Tolot als weisungsbefugt im Auftrag des Hochrang-Berechtigten Atlan, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er mit einem auf ihn justierten Armband-Befehlsgeber ausgestattet war. „Ich sehe da ein Problem", sagte ich. „KHARAG besteht darauf, dass sämtliche Ihrer Anweisungen durch mich zeitnah bestätigt werden. Wir müssen uns damit abfinden, dass lemurische Rechner den Bestien und ihren Nachkömmlingen ein grundlegendes Misstrauen entgegenbringen."
    „Dieses Problem hätten Sie mit jedem Stellvertreter", hielt Cornor Lerz dagegen. „Zum einen können Sie meine Befehle per Funk bestätigen, zum anderen habe ich ein kleines Programm entwickelt, mit dem es möglich sein müsste, KHARAG über eine gewisse Zeit zu täuschen. Nicht auf ewig, aber über eine gewisse Zeit."
    Ich musterte den Haluter schweigend. „Die Alternative wäre, dass Sie persönlich die Aktion leiten", fuhr Lerz fort. „Ich bezweifle jedoch, dass Sie bei der derzeitigen Lage Gelegenheit dazu haben werden."
    Nein, die hatte ich nicht.
    Trotzdem zögerte ich, Cornor Lerz' Bitte zu erfüllen.
    Er war, genau wie Icho Tolot, ein Freund der Terraner - oder Galaktiker. Er war über 2700 Jahre alt und hatte schon seit Langem Kontakt mit Humanoiden. Er hatte im April 3584 auf Terzrock gelebt, dem zweiten Planeten der Sonne Terz-Tos in der Großen Magellanschen Wolke, auf den die Haluter lange Zeit über jene Angehörigen ihres Volkes deportiert hatten, die in Erscheinungsbild und Charakter zu sehr an die Bestien-Vorfahren erinnerten, und meinen alten Freunden Ronald Tekener und Jennifer Thyron damals das Leben gerettet. Er hatte dort zur gemäßigten Gruppe der Normalen gehört, sich aber zeitweise unter dem Einfluss der dort vorkommenden Kannibalkristalle in eine rasende Bestie verwandelt. Nach seinen Erfahrungen auf dem „großen Planeten" hatte er sich zum Spezialisten für Hyperkristalle aller Art weitergebildet.
    Die Terraner - und auch ich - hatten ihm also viel zu verdanken. Und hier in Omega Centauri hatte er sich mit ganzer Kraft in den Dienst der Sache gestellt.
    Nun war mir vollends klar, weshalb er um dieses Gespräch gebeten hatte. „Als Leiter der Aktion werden Sie die Stahlwelt als Letzter verlassen müssen."
    „Das ist mir bewusst."
    Ich schloss die Augen.
    Irgendjemand muss diese Rolle übernehmen, und er ist einerseits die beste Wahl und bietet sich andererseits an, stellte der Extrasinn pragmatisch fest. Was ist aus dem alten Arkonidenadmiral geworden, der auch unangenehme, aber unvermeidbare Entscheidungen ohne das geringste Zögern getroffen hat?
    Ich befürchte, er ist alt geworden oder hat dazugelernt, entgegnete ich in Gedanken.
    Oder beides. „Sie wissen, was das bedeutet?"
    „Ich weiß es", bestätigte der alte Haluter. „Dann ..." Es war peinlich, aber ich hatte einen Kloß im Hals und wurde ihn erst durch kräftiges Räuspern wieder los. „Dann soll es so sein", sagte ich hart. Ich hatte meine Stimme wieder unter Kontrolle. „Ich ... danke Ihnen, Cornor Lerz. Die Galaktiker werden Ihren Einsatz niemals vergessen."
    Der Haluter beugte den Oberkörper nach vorn, um ein Kopfneigen anzudeuten. „Sie haben die beste Wahl getroffen. Das war die einzig vernünftige Entscheidung. Ich werde die HALLEY sofort verlassen.
    Leben Sie wohl, Atlan."
    Ich musste erneut schlucken, bevor ich sprechen konnte. „Leben Sie wohl, Cornor Lerz."
    Der sanfte Riese wandte sich wortlos um und trat durch das Abschirmfeld. Einen Augenblick lang schienen seine Konturen zu verschwimmen, als gehörte er nicht mehr in diese Welt, sondern sei schon Teil einer anderen.
    Mit einem Knopfdruck ließ ich das Feld zusammenbrechen, um Cornor Lerz zu beobachten, wie er aufrecht, gemessenen Schrittes und völlig ruhig, die Zentrale der HALLEY verließ. Und ich ahnte in diesem Moment, nein, ich wusste, dass ich Lerz nicht wiedersehen würde.
     
    *
     
    Was nun?, dachte
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