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239 - An der Pforte des Hades

239 - An der Pforte des Hades

Titel: 239 - An der Pforte des Hades
Autoren: Mia Zorn
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ungeduldig.
    Zwei der Männer liefen herbei und bedrohten den Fremden mit Speer und Messer. Im Fußraum fauchte Sable. Ehe Chichi sich versah, wurde er von dem dritten Mann aus dem Schlitten gehoben. »Keine Angst, Chichi. Ich bringe dich jetzt nach Hause«, sagte er und zog sich die Kapuze aus dem Gesicht.
    »Papa!«, jubelte Chichi, »Papa!« Er ließ sich von seinem Vater küssen und herzen. Er lachte und weinte und lachte. Schließlich versteckte er sein kleines Gesicht zwischen dem Hals und den langen Wuschelhaaren seines Vaters und weinte nur noch. Solange, bis seine Augen keinen Tropfen Tränen mehr hergaben.
     
    ***
     
    22. März 2525
    Der Blizzard peitschte Schnee und Eis über die Landzunge, die das Meer und einen der zahlreichen Binnenseen miteinander verband. Ein Stück weit folgten Matthew und Aruula den Spuren, die das Hovercraft vor wenigen Minuten hinterlassen hatte. Dann zogen sie sich wieder in die relative Geborgenheit der Kabine zurück.
    Weit hinter dem Gestade hatte sich das Gefährt in eine Schneedüne gebohrt. Ein Glück für die beiden. Ohne die Verwehung wäre ihr Fahrzeug an den Felsen der angrenzenden Berge zerschellt.
    Sie hatten den Aufprall mit wenigen Blessuren überstanden. Was man von ihrem Hovercraft nicht behaupten konnte. Die Elektronik war komplett ausgefallen, mindestens eines der Luftkissen zerstört, und quer über die Frontscheibe zog sich ein Riss. Sie hofften, das Glas würde die nächsten Stunden der Last der Schneemassen standhalten können. Denn draußen war ein Überleben unmöglich geworden. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als das Ende des Sturmes abzuwarten.
    So zogen sie sich in den hintersten Winkel der Kabine zurück, weit weg von der gesprungenen Scheibe. Mit Hilfe einer Taschenlampe fanden sie hinter versteckten Nischenklappen Essbares und einen Kanister mit Trinkwasser. Sie richteten sich ein Lager aus Decken und Fellen ein. Lange Minuten saßen sie schweigend beieinander, aßen und tranken und lauschten dem Heulen des Sturmes. Schließlich ergriff Matt das Wort.
    Er machte seinem Herzen Luft, erklärte seiner Liebsten die Umstände bei der USS VENGEANCE, die dazu geführt hatten, dass er sie betäuben und fesseln musste. »Glaubst du denn wirklich, ich würde leichtfertig zu solchen Mitteln greifen? Und wenn ich dich vorgewarnt hätte, wären wir Gefahr gelaufen, dass die Schultz es mitbekommt.« Er tastete nach ihr. »Du bist mein Leben, Aruula. Ich würde mir eher die Hand abschlagen, als dir etwas anzutun.«
    »Ich weiß.« Aruula umschloss seine Hand. »Wudan gab den Frauen meines Volkes die Gabe des Lauschens, doch wenn diese Gabe gleichzeitig ein Tor für Fremde ist, meinen Geist zu benutzen, dann soll Wudan auch dich benutzen, um Unheil abzuwenden.«
    Matt war baff. Das war wieder einmal typisch Aruula. Nur schwerlich konnte er sich vorstellen, irgendeines Gottes Werkzeug zu sein. Was er tat, tat er aus freiem Willen. Als Pilot der US Air Force, der durch einen unglücklichen Zufall aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert in das sechsundzwanzigste katapultiert worden war, hatte er immer seine Probleme damit gehabt, den hiesigen Götter- und Aberglauben zu akzeptieren. Aber schließlich war dies eine postapokalyptische Welt, in der es ums nackte Überleben ging. Da war es nur natürlich, wenn sich die Menschen an höhere Mächte wandten.
    Ob ein Gott Aruula und ihn zusammengeführt hatte oder nicht, spielte für ihn keine Rolle. Es war ihm aber durchaus bewusst, dass er ohne die schöne Barbarin und ihre Gabe die ersten Monate nicht überlebt hätte. Also akzeptierte er, dass Aruula an Wudan und sein Götterheer glaubte.
    Noch fester umschlang er die Kriegerin vom Volk der Dreizehn Inseln. »Ich verstehe, Aruula.« Mehr sagte er nicht. Er wollte ihr nur noch nahe sein. Seine Hände glitten unter ihren Fellmantel und streichelten ihre weiche Haut. Sie erwiderte seine Zärtlichkeiten, bis sie beide aneinandergeschmiegt auf den Decken lagen. Blind und taub für das Wüten des Sturmes und den Schnee, der nach und nach das Amphibienfahrzeug unter sich begrub, liebten sie sich, als wäre es das letzte Mal in ihrem Leben.
    Erst Stunden nachdem sie erschöpft und glücklich eingeschlafen waren, ließen merkwürdige Geräusche Matt hochschrecken. Das erste, was er bemerkte, war die stickige Luft, die das Atmen schwer machte. Das nächste war das Knacken und Rascheln im vorderen Teil der stockfinsteren Kabine.
    Er knipste seine Stablampe an. Ihr Strahl strich
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