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2378 - Der Erste Kybernetiker

Titel: 2378 - Der Erste Kybernetiker
Autoren: Unbekannt
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Augen davon überzeugt hatte, dass alle Kreuzkokons leer standen, war die Zeit reif.
    Er würde sich selbst in das Netzwerk integrieren und damit einen neuen Blickwinkel auf die Geschehnisse gewinnen. Was war vorgefallen, was hatte all die Prozessoren getötet? Drang die mentale Präsenz während der vernetzten Phase in die Gedanken der Freiwilligen ein und wirkte auf verderbliche Weise auf den Körper ein? Brachte sie die Herzen dazu, stehen zu bleiben? Aber warum sollte der Nukleus die Prozessoren töten?
    Es musste einen Grund dafür geben, und Laurence Savoire würde nicht eher zufrieden sein, bis er ihn herausfand. Wie mochte es sein, selbst Teil jenes paramechanischen Netzwerks zu werden, das er als Wissenschaftler und Kybernetiker jahrelang zum Laufen hatte bringen wollen?
    Der neue Direktor verließ den kleinen Beobachtungsraum. Die Tür schloss sich mit leisem Zischen hinter ihm. Den Weg zur Gedankenkammer legte er tief in Gedanken versunken zurück. Von seiner Umgebung nahm er nichts wahr, und es überraschte ihn, als er vor einem der Kreuzkokons wieder zu sich fand.
    In der Kammer herrschte völlige Stille. All die Technik produzierte keinerlei Geräusche.
    Savoire ließ die Hand über die durchsichtige gläserne Abdeckung gleiten, die dazu diente, den Körper des jeweiligen Prozessors zu schützen. Der metallene Unterbau reichte Savoire bis an die Hüfte; ein dickes Kabel, das diesen Kokon mit dem benachbarten verband, berührte sein Bein.
    Die Liegefläche wirkte einladend und bequem. Einen Augenblick lang zögerte er, den Platz einzunehmen. Er dachte daran, wie viele Prozessoren gestorben waren. Er rief sich die tote Sybel Bytter in Erinnerung, deren spitze Bemerkungen ihn stets halb amüsiert, halb genervt hatten; oder Wilbuntir Gilead, den Parapsychologen, der das unendliche Glück erlebt hatte, Sybel zu heiraten, und der die Ehe nur für kurze Zeit hatte genießen können, ehe sie beide starben, unspektakulär und unbetrauert.
    Angst überfiel Laurence Savoire. Doch war dem Nukleus daran gelegen, Savoire zu töten? Wenn das der Fäll wäre, hätte er ihn längst umbringen können. Er hätte nur irgendjemanden unter seine mentale Kontrolle zwingen und als Attentäter missbrauchen müssen. Savoire klammerte sich an diesen Gedanken und schob alle Einwände entschlossen beiseite.
    Er legte sich hin und brachte die Keilkissen in Position, damit sie seinen Körper stützten, während er schlief. Eigentlich handelte es sich um viel mehr als nur Schlaf, um einen gänzlich anderen Zustand, doch der leicht zu handhabende, alltägliche Begriff hatte sich eingebürgert.
    Besonders penible Kollegen hielten ihn für terminologisch unkorrekt, doch sagte nicht auch jeder, dass am Morgen die Sonne aufging, obwohl in Wirklichkeit das Rotieren der Erde diesen Effekt bewirkte?
    Savoires Hände zitterten, als er die modifizierte SERT-Haube berührte. Das Metall fühlte sich kühl an; kühl und endgültig. Wenn er die Haube aufzog, würde seinem Geist die Möglichkeit offen stehen, sich in das Netzwerk einzubinden und Verbindung zur Positronik zu suchen.
    Er baute darauf, dass es gelang - aber er besaß nicht die geringste Vorstellung davon, was ihn konkret erwartete.
    Natürlich hatte er die Berichte von Dutzenden, wenn nicht Hunderten Prozessoren gelesen, aber das war etwas völlig anderes, als es real zu erleben.
    Zumal in den Berichten erst seit Kurzem davon die Rede war, dass die Testpersonen tatsächlich in Kontakt zueinander und mit der Positronik gekommen waren. Die Beschreibungen, die sie für diesen Zustand gefunden hatten, waren sehr unterschiedlich gewesen. Sie spiegelten die Einschätzungen und die Lebenssituation der jeweiligen Testperson wider, und meist waren die Erlebnisprotokolle derart blumig ausgeschmückt, dass es keine wissenschaftlich exakte Möglichkeit gab, sich... „Ende", unterbrach Savoire seine sich im Kreis drehenden Gedanken mit einem einzigen Wort. Er hatte lange genug nachgedacht. Entschlossen zog er die modifizierte SERT-Haube über seinen Kopf, in die seit Kurzem wie in alle dreiundsechzig anderen eine winzige Menge Salkrit eingearbeitet worden war; eine kleine Ergänzung mit gewaltigem Effekt.
    Seine Wahrnehmung erlosch.
     
    *
     
    Weite. Unendlichkeit.
    Obwohl er keinen Leib mehr besaß, war er nach wie vor Laurence Savoire, denn er dachte und fühlte genau wie zuvor. Nur nahm er anders wahr.
    Er wusste nicht, wo er sich befand. Oder doch - natürlich wusste er es. Diese surreale
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