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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda
Autoren: Ronald M. Hahn
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dessen Heimat begleitet und Gefallen am dortigen Leben gefunden. Den Maybach hatte Papas Lebensversicherung finanziert: Nun betrieb Heinz-Mourad einen Fahrdienst für wohlhabende Europäer und Amis, die sich nicht mit dem Mob in einen Bus quetschen wollten oder in den einheimischen Taxen nicht den Komfort fanden, den sie von zu Hause kannten.
    Für welchen Mogul Heinz-Mourad im Moment fuhr, konnte er nicht sagen, denn er hatte vergessen, seinen Auftraggeber zu fragen, ob er Herrn Ostwald dies mitteilen dürfe. Jedenfalls lud er ihn vor dem Hyatt Regency auf dem Place des Nationes Unies ab, reichte ihm eine Karte mit seiner Handynummer und verkündete, allzeit bereit zu sein, Herrn Ostwald, wenn nötig, rund um die Welt zu fahren.
    Ostwald bedankte sich und ging an die Rezeption, wo eine adrett gekleidete glutäugige Dame alles über ihn wusste. Sie gab ihm ein Schlüsselkärtchen.
    Statt aufs Zimmer zu gehen, folgte Ostwald Schantalle und Schackeline, zwei blonden Touristinnen aus Dortmund, die ebenfalls gerade eingetroffen waren und zur Bar wollten – weil sie Rick’s Café Americain hieß. Wenn das nicht witzig war!
    Der stark dehydrierte Ostwald bestellte sich ein Bier, dann noch eins, qualmte drei Zigaretten, musterte die Touristen, die wiederum die an der Wand hängenden Filmplakate mit Humphrey Bogart drauf begafften, und fuhr dann in den 14. Stock, um sich noch mal den Inhalt des DIN-A5-Umschlags anzuschauen, den der Pilot ihm in Dietherrs Auftrag zusammen mit den zehntausend Euro Spesen- und Bestechungsgeld ausgehändigt hatte.
    Fotos… Porträtaufnahmen einer schnuckeligen Brünetten in verschiedenen Altersstufen: Melanie M. (20) war eins der zwölf illegitimen Kinder, zu denen Dietherr sich zwar nicht öffentlich bekannte, aber brav versorgte. Ein weiteres Foto, verwackelt, aus der Ferne mit einem Handy gemacht, zeigte einen teuflisch gut aussehenden schwarzhaarigen Kerl, dessen arrogante Fresse nur eins ausdrückte: Ich bin der Schönste! Weiber, fallt vor mir auf die Knie!
    Der Kerl hieß Jussuf Ben Hadibi. In dem Umschlag fanden sich noch einige von einer bekannten Wirtschaftsdetektei beschriebene Blätter: Informationen über die Aktien- und Waffengeschäfte des Herrn Hadibi senior; den in dürre Worte gefassten Lebenslauf eines gewissen Rajid Ben Hadibi, der Jussufs älterer Bruder war und in Casablanca und an anderen Orten im Auftrag seines in London und Paris lebenden Vaters ein Auge auf Besitzungen der Familie – vornehmlich Immobilien – hatte.
    Jussuf Ben Hadibi, »die Sau«, war laut den über ihn erhältlichen Informationen ein in britischen und schweizerischen Internaten aufgewachsener Taugenichts, der alles mal versucht, aber nie etwas zu Ende gebracht hatte. Nach dem Gemunkel von Dietherrs Freunden aus der Finanzwelt schob der alte Hadibi seinem Jungen das Geld scheffelweise hinten rein, damit er nicht unter die Räder kam und irgendwann unter den Brücken pennen musste. Eine Liste der Bars und Discos, die Jussuf in dieser Stadt frequentierte, lag anbei. Offenbar gab es viele Menschen, die gern bereit gewesen waren, sich die Gunst von Dietherrs Schüfflern mit Auskünften aus Jussufs Privatleben zu erschleichen: Da wurde unter anderem mit Schadenfreude vermerkt, dass es mit der Potenz des jungen Mannes aufgrund seines Drogenkonsums nicht mehr weit her war. Andere Quellen wollten gar wissen, dass Hadibi junior sich nur zur Tarnung mit Frauen umgab; dass er sie gar abhängig machte, damit sie bei ihm blieben, obwohl sie nichts von ihm zu erwarten hatten.
    All dies interessierte Ostwald nicht. Er hatte nur ein Interesse: Melanie zu finden, wenn nötig zu betäuben und außer Landes zu bringen; wenn nicht anders möglich mit Unterstützung der örtlichen Unterwelt.
    Trotz der Müdigkeit, die er in allen Knochen spürte, griff er zum Telefon und wählte die Nummer von Heinz-Mourad, der sich sofort meldete.
    »Hier ist Ostwald. Können Sie reden?«
    »Klaro.«
    »Haben Sie Kontakte zur Hotelbranche?«
    »Ich kenn jeden Portier in der Stadt.«
    »Famos. Kriegen Sie raus, in welchem Hotel gestern eine junge Deutsche namens Melanie Matzke eingecheckt hat. Sie war in Begleitung eines Herrn Hadibi. Beide kamen aus Köln. Rufen Sie mich an, sobald Sie es wissen, aber nicht vor vierzehn Uhr. Ich leg mich jetzt aufs Ohr.«
    »Klaro.«
    Ostwald zog sich aus, duschte und kroch ins Bett. Er schlief fest und traumlos und wurde vom Telefon geweckt.
    »Ja?«
    »Ich bin’s: Heinz-Mourad.«
    »Waren Sie
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