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219 - Kaiserdämmerung

219 - Kaiserdämmerung

Titel: 219 - Kaiserdämmerung
Autoren: Mia Zorn
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hochgezogener Kapuze hinter ihm gestanden hatte.
    »Lococ!«, stöhnte der Prinz ungläubig.
    ***
    Leise folgte Victorius dem Anführer der Kinder der Nacht durch kleine Gassen und dunkle Nischen von Wimereux. Mit seinem feindseligen Empfang hatte Zordan ihm vergangene Nacht einen gehörigen Schrecken eingejagt. Es hatte viel Zeit gekostet, den alten Freund davon zu überzeugen, dass er gekommen war, um zu helfen.
    Es war weniger die Vorstellung, dass Victorius etwas mit den grausamen Intrigen in der Kaiserstadt zu tun haben könnte oder sie für sich ausnutzen wollte, die Zordan gegen ihn vorbrachte, sondern ein grundsätzliches Misstrauen: Er warf ihm vor, damals ihre Freundschaft nur benutzt zu haben, um den Kaiser zu provozieren. »Deine Gesinnung ist zweifelhaft, alter Freund. Und was du mit Sali und deinem Kind getan hast, verwerflich.«
    Auch wenn sie sich mit Rulfans Vermittlung darauf einigen konnten, dass Victorius’ Rückkehr gemeinsam mit den beweiskräftigen Dokumenten ein Vorteil war, war sich der schwarze Prinz klar darüber, dass es viel Zeit brauchen würde, um das Vertrauen Zordans zurück zu gewinnen oder gar ihre alte Freundschaft wieder aufleben zu lassen.
    Geduckt schlichen sie an einem Zaun entlang, der die Seitenfront des Heilerhauses von der Gasse trennte. Außer den tapsenden Pfoten Chiras in seinem Rücken herrschte gespenstische Stille. Schließlich gelangten sie in einen kleinen Hof, der vollgestellt war mit Abfallbehältern. Während die Lupa zwischen Eimern und Kästen umher schnüffelte, traten die Männer durch einen Seiteneingang in einen dunklen Raum.
    »Aksela!«, rief Zordan mit gedämpfter Stimme. Linkerhand schimmerte Licht durch einen geöffneten Türspalt. Victorius erkannte im Halbdunkeln eine Vorratskammer. Den Kampfstock in seiner Hand, folgte er langsam Zordan, der zögernd die Kammer betrat. »Sie sollte längst hier sein«, flüsterte er. »Lass uns wieder verschwinden!«
    Im gleichen Augenblick hörte Victorius in seinem Rücken ein scharrendes Geräusch. Er wirbelte herum und sah zwei dunkle Gestalten, die mit glänzenden Säbeln auf ihn zukamen.
    Der Prinz umfasste das mittlere Glied seines Stocks und duckte sich. Pfeilschnell glitt sein Arm in die Höhe. Dabei schnellten die Endglieder des Wengeholzes in die Gesichter seiner Angreifer. Einer von ihnen ging zu Boden, der andere taumelte gegen die Wand. Hinter sich hörte er Schreie und das Klirren von Waffen.
    Er rollte sich über den Boden nach hinten weg. Neben dem Ausgang zum Hof kam er wieder auf die Beine. Sein Blick fiel in die Kammer. In deren offener Tür stand breitbeinig ein Mann mit glänzendem Cape und einem Degen in seiner Hand. Vor ihm kniete Zordan. Festgehalten von zwei Soldaten, hatte sein Freund keine Chance.
    Victorius wollte ihm zur Hilfe eilen. Er kam keine zwei Schritte weit. Aus dem Halbdunkel sauste eine Säbelklinge knapp an ihm vorbei. Einer seiner vorherigen Angreifer hatte sich von dem Stockschlag erholt und verstellte ihm den Weg.
    Mit einer einzigen Bewegung seines Handgelenks führte Victorius die Glieder seines Kampfstockes zusammen. Während er die Angriffe seines säbelschwingenden Gegners parierte, hörte er Zordan aus der Kammer schreien: »Flieh, Victorius, flieh! Bring unsere Sache zu Ende!«
    Halte durch, mein Freund, dachte der Prinz und ließ in schneller Abfolge seinen Stock auf den Waffenarm seines eigenen Angreifers prasseln. In einer Drehung holte er Schwung. Krachend traf das Wengeholz die Schläfe des Gegners.
    Während der Mann zu Boden ging, wandte Victorius sich wieder der Kammer zu. Doch zu spät: Die Degenklinge des Mannes im Cape durchbohrte Zordans Brust. Ihre Spitze ragte wie ein blutiger Nagel aus dem Rücken seines Freundes.
    »Ergreift ihn!«, brüllte die Stimme des Mörders. Drei Gardisten stürmten aus der Kammer.
    Keuchend blieb Victorius, wo er war. Er schwankte zwischen dem zornigen Verlangen, seinen Freund zu rächen, und dem nüchternen Gedanken, Wimereux-à-l’Hauteur aus den Klauen des Monsters zu befreien.
    Es wäre schlecht für ihn ausgegangen, wenn nicht Chira durch die offene Tür gestürzt wäre. Die Lupa stellte sich zähnefletschend den Angreifern. Überrascht und erschrocken taumelten sie zurück. Chira verbiss sich in der Wade eines bulligen Gardisten. Während er zu Boden ging, riss er die anderen mit.
    »Komm, Chira!«, brüllte Victorius, der seine Entscheidung gefällt hatte. Er sprang in den Hof. Neben der Tür entdeckte er Besen und
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