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219 - Kaiserdämmerung

219 - Kaiserdämmerung

Titel: 219 - Kaiserdämmerung
Autoren: Mia Zorn
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Chira die andere Wache mit einem plötzlichen Angriff zu Boden. Ihre Reißzähne umklammerten seine Kehle, ohne jedoch zuzubeißen. Lay hockte inzwischen auf dem Brustkorb ihres Opfers und bedrohte es mit ihrem Dolch.
    Erst jetzt lief Zarr zur Ankerstation. Er sprang an das mächtige Trägerseil und hangelte sich Stück für Stück empor. Seine mächtigen Pranken hatten keine Mühe, Halt zu finden. Währenddessen eilten Rulfan und Victorius zu Lay und Chira. Sie fesselten und knebelten die überwältigten Wachen und schafften sie ins Innere der Versorgungsstation.
    Als sie zur Ankerstation zurückkehrten, hatte der Zilverbak schon die halbe Strecke nach oben zurückgelegt. Rulfan blickte empor. Sollten dort Wachen sein, so hoffte er, dass das Überraschungsmoment auf Zarrs Seite war.
    Der Albino schaute sich um. Hier unten blieb alles ruhig. In der Ferne heulte eine Hyeena, und die Schwingen eines Nachtvogels rauschten durch die Luft. Lay hockte vor ihm auf dem Steinquader der Ankerstation und beobachtete aufmerksam die Umgebung. Victorius trug seine pinkfarbene Perücke. Ein grimmiger Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Zarr war oben nur noch als kleiner Punkt zu sehen. Schließlich verschwand er ganz.
    Die Anspannung der Gefährten war förmlich greifbar. Mit himmelwärts gerichteten Blicken lauschten sie in die Nacht. Gerade als sie glaubten, die Aktion sei gescheitert, begann das Trägerseil zu vibrieren. Von oben schwebte ihnen der dunkle Kasten des Aufzugs entgegen. Rulfan umklammerte fester den Knauf seines Schwertes, der Prinz zog den Stock aus dem Wildlederschaft, und Lay setzte ihr Blasrohr an ihre Lippen. Chira knurrte leise.
    Mit einem rumpelnden Geräusch setzte der Aufzug auf. Die Tür wurde klappernd geöffnet. Die Gefährten atmeten auf: Es war Zarr, und er war unverletzt. Missmutig blickte er sein Empfangskomitee an. »Weg frei!«
    »Danke, Zarr.« Lay klopfte ihm auf die Flanke. »Warte in Dschungel! Zilverbak fällt in Stadt auf.«
    Er nickte Lay zu und machte sich auf den Weg. Man ließ ihn ziehen und fuhr in dem Aufzug nach oben.
    Rulfan bemerkte, wie Lay unruhig wurde. Als Kind der Wildnis musste das hier das reinste Gefängnis für sie sein. Er legte seine Hände auf ihren Nacken und begann sie sanft zu massieren. »Weißt du schon, wo wir diesen Zordan finden können?«, fragte er Victorius.
    »Falls es stimmt, was die Leute in Arriver erzählten, und er in der Kaiserstadt nicht willkommen ist, kenne ich nur einen Ort, an dem er sich verstecken würde.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Einen Platz, an dem wir uns trafen, wenn wir ungestört Kath rauchen oder aus anderen Gründen nicht entdeckt werden wollten.«
    Rulfan blickte ihn überrascht an. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass der Prinz jemals Kath geraucht oder überhaupt verbotene Sachen getan hatte. Doch Victorius hatte auch nie viel über sich erzählt.
    Dem Albino blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken: Der Aufzug wurde langsamer. Mit einem dumpfen Rumpeln beendete er schließlich seine Fahrt. Victorius öffnete vorsichtig die Tür – und fluchte leise. Rulfan trat an seine Seite und entdeckte den Grund dafür: Zwei tote Gardisten lagen am Boden der Aufzugskammer. Ihre Köpfe waren merkwürdig verdreht. Anscheinend hatte Zarr ihnen das Genick gebrochen. Leider nicht mehr zu ändern, dachte er und half dem Prinzen, die Leichen in den Aufzug zu schaffen.
    Über eine breite Wendeltreppe aus Bambus stiegen sie zur Stadtebene hinauf. Sie öffneten eine weitere Tür und schauten auf einen größeren Platz, der von Palisaden und türlosen Holzbauten gesäumt war. In seiner Mitte waren drei Rozieren vertäut. Von Wächtern keine Spur.
    »Das ist nicht normal; nicht mal die Palisaden sind besetzt«, flüsterte der schwarze Prinz, während sie das Gebäude verließen.
    Dann lotste Victorius sie über den Landeplatz zu einem der Holzbauten unterhalb der Palisadenbefestigungen. Beim Näherkommen sah Rulfan, dass es sich um eine Art Stall handelte, in der gigantische weiße Vögel schliefen. Es roch streng, und das Ächzen der schlafenden Riesenvögel klang wie knarrendes Holz.
    »Witveer«, wisperte Victorius. Er schlüpfte an einem der Vögel vorbei und schob an der hinteren Wand eine morsche Planke zur Seite. »Voilá, funktioniert noch.«
    Nacheinander zwängten sie sich durch die Öffnung und liefen gebückt einen schmalen Gang entlang. Rulfan registrierte, dass sie sich in einem Hohlraum zwischen Palisadenbefestigungen und
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