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219 - Kaiserdämmerung

219 - Kaiserdämmerung

Titel: 219 - Kaiserdämmerung
Autoren: Mia Zorn
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Ställen befanden. Ein gewagtes Versteck, wenn die Palisaden besetzt sind, dachte er. Weiter vorne öffnete sich rechterhand ein schmaler Durchgang. Er sah, wie erst Victorius und hinter ihm Lay darin verschwanden.
    Rulfan folgte ihnen mit Chira und fand sich kurz darauf in einem niedrigen Raum wieder. Eine kleine Öllampe warf ihr schwaches Licht auf Wände und Decken, die mit Pappe und Sackleinen verhangen waren. Erst jetzt entdeckte er seitlich von ihm den Fremden, der einen Dolch an Victorius’ Kehle hielt.
    »Wirf dein Schwert weg, oder dein Freund ist nur noch Legende!« Der grimmige Ausdruck im vernarbten Gesicht des Mannes ließ Rulfan keinen Augenblick daran zweifeln, dass der Kerl auch meinte, was er sagte.
    ***
    18. Mai 2524, Wimereux-à-l’Hauteur
    Prinz Akfat und Tala trafen am späten Abend im Haus der Heiler ein. Doktor Aksela erwartete sie in der Empfangshalle und führte sie in den rechten Flügel des zweigeschossigen Gebäudes. Hastig und schweigend ließen sie Labore und Pathologie hinter sich, bis sie in die Großküche gelangten. Um diese Stunde war hier in der Regel niemand mehr. Ablagen und Dampfkochstellen waren blank geputzt und das Geschirr in deckenhohe Regale geräumt.
    »Hier entlang!« Aksela lief zielstrebig auf eine Tür am Ende der Großküche zu. Dahinter lag die Vorratskammer: ein schlauchförmiger Raum mit Schränken und Vitrinen. Nachdem der Prinz und die Leibwächterin eingetreten waren, vergewisserte sich die Ärztin, dass ihnen niemand gefolgt war. Dann verschloss sie die Tür.
    Erst jetzt wagte sie frei zu sprechen. »Zordan wird bald hier sein. Er ließ mir ausrichten, dass er wichtige Neuigkeiten habe, die das Schicksal von Wimereux wenden könnten.« Ein hoffnungsfrohes Lächeln lag in ihren Augen, als sie den fragenden Blicken ihrer Begleiter begegnete. »Vielleicht beschert uns Ngaai doch noch eine gewaltfreie Lösung aus unserem Dilemma!«
    »Ich würde gerne Ihren Optimismus teilen, Aksela,« entgegnete Akfat unglücklich, »doch unsere Situation scheint mir fast aussichtslos. Inzwischen bezweifle ich sogar, ob die Volksversammlung uns überhaupt anhören wird.«
    »Sie werden uns anhören!« Energisch lief die Ärztin an ihm vorbei zu einer bogenförmigen Öffnung, die in einen Aufenthaltsraum des Küchenpersonals mündete. Seine Einrichtung wirkte lieblos: ein schiefes Regal, ein grober Holztisch und vier Stühle. Ein Hintereingang führte hinaus in einen schmalen Hof, in dem Abfälle gesammelt wurden.
    Während Tala und Akfat schweigend Platz nahmen, entriegelte Aksela die Tür. Dabei beobachtete sie Tala, die noch kein Wort gesprochen hatte. Die junge Frau sah bleich aus. Ihr Blick wirkte abwesend und die Lider ihrer mandelförmigen Augen waren aufgequollen. Auf Akfats hilflose Versuche, sie zu trösten, reagierte sie abweisend.
    Aksela wusste, dass sich die Leibwächterin für das Massaker an den Kindern der Nacht verantwortlich fühlte. »Ich hätte es verhindern müssen«, hatte sie bei ihrem letzten Treffen mit Zordan immer wieder beteuert: »Ich hätte mir denken können, dass es die Preisgabe des Geheimverstecks war, die der Gefolterte im Verlies de Fouché ins Ohr flüsterte.«
    Ich sollte ihr nachher ein wenig Unomema geben, dachte die Ärztin. Auch wenn ihr klar war, dass Tala mehr brauchte als ein stimmungsaufhellendes Medikament. Während sie sich dem Tisch näherte, flog in ihrem Rücken die Tür auf. Erwartungsvoll drehte sich Aksela um.
    Doch nicht Zordan, sondern de Fouché und seine Schergen betraten den Raum.
    »Ich verhafte euch wegen konspirativer Umtriebe!«, rief der Kriegsminister.
    Tala und Akfat sprangen gleichzeitig von ihren Stühlen. Mit gezogenen Waffen stürzten sie sich auf den verhassten Gegner. Doch vergeblich! Die Gardisten stellten sich schützend vor ihren Kriegsminister, und Rechilje war mit einem Satz bei Aksela. Sein Dolch blitzte an ihrem Hals.
    Gleichermaßen wütend wie entsetzt senkten Prinz Akfat und die Leibwächterin ihre Waffen.
    De Fouché trat zwischen seinen Männern hervor. »Überlegt euch gut, ob ihr euer Leben aufs Spiel setzen wollt. Es dürfte mir ein Leichtes sein, euch auch als Leichen als die wahren Anführer der Kinder der Nacht dem Volk zu präsentieren.«
    »Keiner wird euch die Geschichte abnehmen!«, keuchte Aksela.
    Ein kaltes Lächeln glitt über das Gesicht des Kriegsministers. »Mir vielleicht nicht, aber ihm hier bestimmt!« Er trat zur Seite und gab den Blick auf eine Gestalt frei, die mit
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