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216 - Jenseits von Raum und Zeit

216 - Jenseits von Raum und Zeit

Titel: 216 - Jenseits von Raum und Zeit
Autoren: Jo Zybell
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Schon den Strahl selbst zu erkennen war schwer genug, denn das Meer war blau und das Licht hell auf dem dritten Planeten. Noch schwerer jedoch war es, die Aura eines Geistwanderers zu entdecken. Nur wenige konnten das. Gilam’esh hoffte auf seinen ehemaligen Schüler und Schwarmmeister Ramyd’sam, dem heutigen Ork’huz-Meister.
    Er wartete lange; länger als ein halbes Hydree-Leben, so wollte es ihm scheinen. Unzählige Male war er bereit, alle Hoffnung fahren zu lassen. Und dann, eines Lichtes, geschah es doch: Eine Wasserfontäne stieg aus den Wogen, und bald darauf eine zweite. Nicht lange danach teilten sich die Wellen und ein alter Dickzahn-Wulroch tauchte auf. Er blies eine dritte Fontäne schaumigen Wassers aus der Lungenöffnung an seinem Schädel und zog anschließend mit der Tunnelfeldmündung dahin.
    Zwischen Nacken und Rückenflosse des großen Tieres wölbte sich quallenartig eine transparente Kuppelmembran über einer Cockpithauttasche. In ihr saß ein Ditrydree, ein einzelner. Der Tunnelfeldmeister wusste sofort, dass es Ramyd’sam war.
    Das organische Cockpit öffnete sich. Der Ditrydree im Quallensitz drehte sich nach allen Seiten um, suchte das Meer ab und blickte auch in den Himmel. Er war von kleiner, zierlicher Gestalt: Ramyd’sam, ohne Zweifel – und er schien nicht um einen Tag gealtert zu sein! Er hielt nach dem bläulichen Geflimmer des Tunnelfeldes Ausschau – und nach einer einsamen Aura zwischen dem hellen Licht der Sonne und dem tiefblauen Meer. Endlich entdeckte er sie. Gilam’esh merkte es daran, dass Ramyd’sam aufhörte, suchend in alle Richtungen zu spähen, und auf einmal ausschließlich zu ihm herauf blickte. Etwa vierzig Längen trennten sie. Offenbar hatte Ramyd’sam keine anderen Ditrydree als Geleitschutz bei sich. Wollte er keine Zeugen für dieses Treffen?
    Einen Körper besaß Gilam’esh nicht mehr, er konnte also nicht reden. Doch Ramyd’sam war ein hochbegabter Führer der Ditrydree; nicht umsonst hatte der Hohe Rat ihn einst zum Führer der Pioniere und zum Ork’huz-Meister berufen. Wie so manche hochbegabte Ditrydree verfügte auch Ramyd’sam über mentale Fähigkeiten.
    Also konzentrierte sich Gilam’esh auf eine gedankliche Botschaft: Ich bin es, dein Lehrer Gilam’esh, der Geistwanderer. Ich habe meinen Körper verloren, und meine Einsamkeit ist grenzenlos.
    Ramyd’sam schien fassungslos, denn er antwortete lange nicht. Doch er trieb seinen Reitfisch weiter an, bis er genau unter Gilam’esh und der Tunnelfeldöffnung war, keine zehn Längen unter Gilam’esh. Schwach aber deutlich genug vernahm er das Geistesraunen seines ehemaligen Schwarmmeisters.
    »Möge die Sonne Ork’huz’ dich erwärmen und das Lachen der Schöpfer dich erfreuen!«, rief Ramyd’sam den traditionellen, leicht abgewandelten Gruß der Hydree. »Wo ist dein Körper, mein Meister und Lehrer?«
    Westbarbaren sind bis in Haupthalle vorgedrungen, bis zur Schaltzentrale sogar. Gilam’esh berichtete, wie er gerade noch das Schott schließen konnte, bevor die vier Patrydree über ihn herfielen.
    Ramyd’sam wusste längst, dass die Westbarbaren die Tunnelfeldstation angegriffen hatten. Die Ditrydree der letzten Evakuierungswelle hatten ihm und dem Hochrat von Ork’huz geschildert, was geschehen war. »Die Trauer war groß, als wir dich vor mehr als vierzig Umläufen nicht unter den Evakuierten fanden, mein Meister und Lehrer! Vor allem wir, deine Schüler, vermissen dich schmerzlich!«
    Gilam’esh war erschüttert, als er erfuhr, wie lange er schon im Raumzeittunnel umherwanderte. Er betrachtete den zierlichen Ramyd’sam unter sich im bionetischen Cockpit des Wulrochs und dachte an den Maddraxgeist. Hundert Jahre lang hatte er mit dem Fremden von der Erde einen Körper geteilt. Warum sollte nicht ein Ditrydree wie Ramyd’sam sein Bewusstsein mit ihm teilen? Immerhin war er sein Lehrer.
    Lass mich in dein Gehirn, Ramyd’sam, bat er. Wir können uns deinen Körper teilen, dann bin ich endlich frei!
    Er konnte sehen, wie der andere unter ihm erschrocken zusammenzuckte. »Aber Meister, was redest du…?« Ramyd’sams Scheitelkamm lief violett an. »Wie soll das gehen…?« Er gestikulierte ratlos.
    Gilam’esh redete ihm gut zu, versuchte ihm zu schildern, wie es war, wenn man einen zweiten Geist beherbergte. Doch die Vorstellung überforderte Ramyd’sam, und er fand allerhand Ausflüchte, um Gilam’eshs Vorschlag abzuwehren.
    Hör mir zu, Ramyd’sam. Gilam’esh ging bis an
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