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2110 - Der Gute Geist von Wassermal

Titel: 2110 - Der Gute Geist von Wassermal
Autoren: Unbekannt
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Strecke von vielleicht zwölf Metern schluckte bereits eine endlose Fülle von Münzkraut, Funkien, Taglilien, Ligularien, Ufergräsern, Vergissmeinnicht, Farnkräutern und weißen Astilben, Sumpfdotterblumen und Tafelblatt.
    Alles das lag unter einem warmen goldenen Schimmer - wie die Landschaft einer wirklichen Welt.
    Ich legte den Kopf in den Nacken und blinzelte in das warme gelbe Leuchten, das von der Kugelkappe der Erholungslandschaft der SOL-Zelle 1 ausging. Die kugelschalenförmige Halle durchmaß in ihrer Ebene 800 Meter und war im Zenit 120 Meter hoch. Das wäre schon für eine kontinentale Gartenschauhalle auf Terra groß gewesen. Hier wirkte sie riesig, denn ihre Grenzen waren durch landschaftsarchitektonische und gärtnerische Formgestaltungen so kaschiert, dass man meinen konnte, die Landschaft erstrecke sich auf einem erdähnlichen Planeten von Horizont zu Horizont.
    Zu meiner Rechten wand sich eine schmale Treppe um den Wasserfall herum. Ich stieg hinauf und fand mich am sumpfigen Ufer eines Baches wieder. Neben zahllosen anderen Pflanzen erkannte ich ganze Vegetationsinseln blühender hoher Tibetprimeln. Ich fühlte mich eigentümlich berührt. Das mochte daran liegen, dass ich Jahrtausende in allen Gegenden Terras verbracht hatte - auch in Tibet.
    Nach etwa zwanzig Schritten stieg ich eine andere Treppe zur Rechten hinab, überquerte eine geschwungene „japanische" Brücke und bekam nach weiteren zwanzig Schritten den Blick frei auf einen kleinen See, dessen Oberfläche sich in einer spürbaren Brise kräuselte.
    Mit einem Mal packte mich die Sehnsucht nach dem Meer. Zwar war dieser See alles andere als ein Meer, doch in meiner Phantasie verwandelte er sich plötzlich in eine stille Lagune, die hundert Meter vor mir zwischen Palmen an einem fast weißen Sandstrand endete, hinter dem aus unergründlicher ozeanischer Weite Welle auf Welle einer donnernden Brandung heranrollte ...
    Ein paar Sekunden kämpfte ich gegen die Versuchung an, dann gab ich nach.
    Ich streifte meine Bordkombination ab, stieg vorsichtig ins Wasser - denn ich wusste ja nicht, wie tief es war und ob sich harte Gegenstände unter seiner Oberfläche verbargen -, watete hinaus und ließ mich ganz hineingleiten, als es sich als tief genug erwies.
    Ich bewegte mich etwa zehn Meter im Kraulstil vorwärts, danach drehte ich mich auf den Rücken und schwamm im Droghnorstil weiter.
    Selbstverständlich hatte ich die Seerosen mit ihren cremefarbenen Blüten gesehen, dennoch wunderte ich mich darüber, dass sie mich beim Schwimmen behinderten. Sie wuchsen nicht einmal zu dicht, doch ihre großen Blüten erhoben sich bis zu einem Meter über den Wasserspiegel. Als ich mit einer Schulter einen Blütenstiel anstieß, drehte ich mich vorsichtig herum, denn ich wollte ja keine Schäden verursachen.
    Im nächsten Augenblick zuckte ich heftig zusammen, denn ein gellender Schrei flog mir wie ein Peitschenhieb um die Ohren.
    Die darauf folgende Schimpfkanonade verblüffte mich so sehr, dass ich unterging und einen halben Liter Wasser schluckte.
    Ich tauchte sofort wieder auf; spie einen Wasserstrahl aus und sah mich ärgerlich um, obwohl es im Grunde genommen völlig klar war, wer hier schimpfte und warum.
    „Das hätte ich nicht für möglich gehalten!", wetterte eine unüberhörbar weibliche, wenngleich zornbebende Stimme. „Atlan, der Große Atlan, Raumadmiral und Imperator, betätigt sich als Vergewaltiger der Natur und als Zerstörer eines der wunderschönsten Pflanzenkinder, die die ferne Erde hervorbrachte!"
    Im ersten Moment war ich verärgert, doch dann sah ich die kleine weibliche Gestalt am Ufer, die sich in ihrer chamäloiden Kalamar-Kombination kaum von ihrer unmittelbaren Umgebung abhob - und plötzlich schämte ich mich so sehr, dass die Erregung mir das Wasser in die Augen trieb.
    Wieso brachte sie mich zu einer solchen Reaktion? Besaß sie eine psionische Ausstrahlung?
    Unsinn!, meldete sich mein Logiksektor. Es ist die Kombination von Kindfrau und Autorität, die sogar gestandene Männer kuschen lässt.
    Zitonie Kalishan, Kamashitin, Leutnant auf der SOL und Chefin der Hydroponischen Gärten und Systeme. Sie war die ideale Besetzung für ihren Posten, denn als Kamashitin war sie in einer Art paranormaler Rückkopplung mit der Natur verbunden - in erster Linie natürlich mit der geheimnisvollen Flora und Fauna ihres Heimatplaneten Kamash, einer Art Kollektivintelligenz, aber auch mit der Natur aller Wälder und Gärten der SOL -,
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