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2095 - Nekrophoren

Titel: 2095 - Nekrophoren
Autoren: Unbekannt
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deuten? dachte Samaho. Ist er überwältigt von meinem Erfolg? Hat es ihm die Sprache verschlagen, daß die Mächte der Ordnung endlich in den Besitz eines Chaotenders gelangen?
    Er faßte neuen Mut. „Außerdem", sagte er, „verlange ich für den gewaltigen Dienst, den ich den Kosmokraten erwiesen habe, meine Wiedereingliederung in den Dienst der Ordnungsmächte. In hunderttausend oder einer Million Jahren, wann auch immer es die neue Fabrik MATERIA gibt, will ich meine alte Funktion als ewiger Kommandant wieder ausfüllen!"
    Nun endlich reagierte Cairol. Wenn es überhaupt möglich war, wurde der Blick in seinen künstlichen und doch so lebendigen Augen noch kälter.
    „Dieser Chaotender", antwortete er dann, „enthält rund drei Millionen Jahre alte Technik, die den Helfern der Kosmokraten längst bis ins Detail bekannt ist, und drei Millionen Jahre alte Daten. Das alles ist für die Mächte der Ordnung nur noch von sehr geringem Interesse."
     
    *
     
    Torr Samaho schwankte, prallte zurück. Einen Augenblick lang dachte er gar nichts.
    Einen langen Augenblick.
    Ich habe verspielt, dämmerte es ihm dann. Von Dank kann keine Rede sein! Cairol interessiert sich nicht einmal für mich und mein Schicksal.
    Er suchte nach Worten, fand keine.
    „Aber ..." kam es schließlich über seine Lippen. „Aber ..."
    Cairol wandte sich ab.
    Gomberach, dachte Samaho. Ich halte mit einem willentlichen Impuls die Tätigkeit von Herz und Atmung an, und es ist vorbei!
    Doch er vermochte es nicht. Gomberach war die crozeirische Spielart eines rituellen Selbstmords, und er hatte den Körper eines Maunari.
    Nicht einmal Gomberach vermochte er mehr ...
    Er vernahm eine Stimme und erkannte anfangs nicht, daß es die seine war. Er vernahm Worte, von denen er nie geglaubt hätte, daß er sie jemals sprechen würde. Er doch nicht, ein ehemaliger Diener der Materie ... !
    „Gnade", hörte er. „Hab Gnade mit mir. Ich flehe um Gnade ..."
    Cairol drehte sich noch einmal um. „Du bist nichts wert, Mörderprinz", sagte der Roboter brüsk. „Du hast nur deine Pflicht getan ... endlich einmal! Diese Pflicht hättest du schon damals tun sollen, bevor MATERIA zerstört wurde und ein Thoregon entstand."
    Samaho stöhnte leise auf. Nicht ich habe versagt, dachte er. Es ist das System, das nicht funktioniert.
    Diesmal dachte er es nur und sagte es nicht, doch das änderte nichts.
    Er wußte nun, nichts würde etwas ändern.
    Das Urteil der Kosmokraten war endgültig.
    Sein Tod würde endgültig sein. Nach fast drei Millionen Jahren ...
    Er verspürte nicht einmal Zorn auf Cairol. Der Roboter war nur der Bote, der Bote aus besseren Welten, wie Torr Samaho einmal fest geglaubt hatte.
    Der ehemalige Diener der Materie wandte sich von Cairol ab. Und sah die Augen von Druu vor sich.
    Sie blickten auf ihn herab, jedes ragte von seinem Sockel zwanzig Meter in die Höhe, und sie wisperten: Mörderprinz. Wird nie ein König sein. Du hast verloren, Torr. Mörder.
    Samaho wankte zu den Kontrollflächen, erteilte seiner Geisel einen Befehl und ließ sie den Schutzschirm abschalten, der die oberste Plattform umgab. Dann forderte er per Fernsteuerung von der Entree-Station eine Gondel an. Alle anderen hatte er ja persönlich aus Kintradims Höhe verbannt, und die Kapsel CROZEIRO befand sich viel zu nah an den Menschen, denen er seine Lage verdankte.
    Vielleicht hatten sie sie sogar gefunden und dort einen Hinterhalt für ihn gelegt.
    „Wenn ich schon sterben muß", murmelte er, „dann zumindest nicht unter Cairols Augen."
    Er bestieg die Gondel. Die Geisel nahm er mit. Sie hatte ihm bewiesen, wie nützlich sie für ihn sein konnte, und möglicherweise benötigte er sie noch als Helferin, ganz einfach, weil sie kleinere Hände als er hatte.
    Möglicherweise war doch noch nicht alles vorbei.
    Er dirigierte die Gondel fort von der fliegenden Stadt, hinaus zur Wolkenkapsel. Als er einen letzten Blick zurückwarf, stand Cairol der Dritte wie eine Statue vor dem Transmitter, vor seinem Walzenschiff, schien die Umgebung bis in die kleinste Kleinigkeit mit den Blicken aufzunehmen und zu überlegen, was er nun tun solle.
    Als ob er das nicht wüßte! Er war ein Roboter der Kosmokraten, und Kosmokraten waren allwissend, und ihr System war weise und gerecht und funktionierte perfekt, und der ehemalige Diener der Materie schrie, und er befand sich wieder auf dem Plateau, und ein feiner Nebel in der Luft absorbierte den hochfrequenten Teil der Laute, die er von sich
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