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2084 - Noras Welt (German Edition)

2084 - Noras Welt (German Edition)

Titel: 2084 - Noras Welt (German Edition)
Autoren: Jostein Gaarder
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das Ende des Briefs spannend. Es gibt so vieles, was ich über die Zukunft nicht weiß. Ich weiß nur, dass ich dazu beitragen will, sie zu gestalten. Und vielleicht habe ich gerade den ersten Schritt dazu getan … «
    »Ja, das hab ich meiner Urenkelin geschrieben.«
    Wieder räusperte er sich. »Ich könnte mich als Urgroßvater für diese Urenkelin anbieten.«
    Sie lachte. Sie lachte so laut, dass sie plötzlich Angst hatte, ihren im Stockwerk darunter schlafenden Vater geweckt zu haben. Sie flüsterte: »Dann komm doch, Jonas!«
    Und jetzt lachte er . Er wieherte geradezu.
    »Du bist verrückt«, sagte er.
    »Es ist so vieles verrückt.«
    Er sagte: »Selbst wenn wir schon mal anfangen, erwachsen zu werden, müssen wir ja nicht gleich Urgroßeltern werden.«
    Wieder lachte sie. »Ehrlich gesagt, hab ich auch noch ein paar Sachen mehr vor, als Kinder in die Welt zu setzen. Im Sommer möchte ich zum Beispiel gern mit dem Rad nach Bergen fahren. Kommst du mit?«
    »Wenn du dafür mit mir mit dem Zug nach Rom fährst.«
    »Das willst du?«
    »Großes Ehrenwort.«
    »Dann kann’s von mir aus losgehen. Kann man eigentlich über die Niederlande nach Rom fahren?«
    »Ganz bestimmt, die Niederländer werden ja auch mal nach Rom wollen. Du willst nach Amsterdam?«
    »Auch. Aber im Moment denke ich eher an Den Haag.«
    »Den Haag? Bist du mit irgendwelchen Kriegsverbrechern verabredet?«
    »Nein, aber irgendwann wird in Den Haag vielleicht ein Internationaler Klimagerichtshof eingerichtet. Wir könnten einen Tag in der Stadt verbringen, und ich könnte was herausfinden. Vielleicht gibt’s da auch was, das ich dir gern zeigen würde: ein riesiges Grundstück, einen Park, vielleicht sogar einen ganzen Stadtteil …«
    »Du machst mich neugierig.«
    »Versprichst du mir, dass wir unserem Planeten noch eine Chance geben? Das ist das Allerwichtigste. Und dass wir viele dazu bringen mitzumachen.«
    »Natürlich.«
    »Und glaubst du, dass es klappen kann, Jonas? Daran müssen wir nämlich glauben.«
    »Ja …«
    »Bist du Optimist oder Pessimist?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht beides. – Und du?«
    »Ich bin Optimistin. Und weißt du, warum? Weil ich es unmoralisch finde, pessimistisch zu sein.«
    »Unmoralisch?«
    »Pessimismus ist nur ein anderes Wort für Faulheit. Natürlich kann ich mir große Sorgen machen, aber das ist was ganz anderes – Pessimisten haben immer schon aufgegeben.«
    »Da sagst du was Wahres.«
    »Außerdem gibt es etwas, das Hoffnung heißt. Und in der Praxis kann das bedeuten, dass man kämpfen muss. Machst du mit, Jonas? Willst du mit mir in die Welt ziehen und kämpfen?«
    »Ich glaube, mit dir würde ich so ungefähr alles tun.«
    »Dann werde ich dich auf eine Probe stellen.«
    »Na los!«
    »Wollen wir anfangen, zusammen zu lesen?«
    »Lesen?«
    »Ich meine Hamsun und Dostojewski und all so was. Die Klassiker, Shakespeare und Homer. Und Märchen, Tausendundeine Nacht … Und die großen Mythen, wir könnten mit der griechischen und der altnordischen Mythologie anfangen. Ich möchte über die Weltenesche und die Götterdämmerung lesen. Und über Kassandra, die eine Seherin war und weissagte, was passieren würde, aber niemand wollte ihr glauben …«
    »Du meinst, dass wir uns gegenseitig vorlesen? Ist das nicht ein bisschen …«
    »Nein, nein. Nur dass wir ungefähr zur selben Zeit dieselben Bücher lesen. Und uns zusammen in andere Welten begeben. In denselben Fantasielandschaften aus und ein gehen. So könnten wir uns nach und nach einen riesigen virtuellen Bekanntenkreis zulegen. Wir könnten in den Bergen wandern gehen und einen ganzen Schwarm von unsichtbaren Freunden bei uns haben.«
    »Gut, abgemacht.«
    »Wir fangen gleich morgen an. Ich besorge uns zwei Exemplare von Hamsuns Mysterien. Ich hab das Buch im Buchladen gesehen und fand schon den Titel toll. Ich hab schließlich Geburtstag, da krieg ich sicher noch Geld von meinem Vater. Oder hast du’s schon gelesen?«
    »Nein. Aber du bist echt immer für eine Überraschung gut.«
    »Umso besser.«
    »Vielleicht …«
    »Im Moment find ich’s total bescheuert zu leben, ich meine, in einer Welt am Rand der Vernunft. Ich sag dir was: Es ist ein Riesenunterschied, ob man sechzehn ist oder nur fünfzehn Jahre und dreihundertvierundsechzig Tage. Ich will auf einmal einfach zu viel. Weißt du, was ich mache, bevor ich morgen in die Schule gehe?«
    »Nein. Bin ich Hellseher?«
    »Ich will herausfinden, wie viele Blattlausarten es
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