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208 - Nach der Eiszeit

208 - Nach der Eiszeit

Titel: 208 - Nach der Eiszeit
Autoren: Christian Schwarz
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Schwerthieben.
    Mit einem Mal herrschte gespenstische Stille. Nur das leise Wimmern der Verwundeten war noch zu hören.
    Yao drängte den grünen Gott zum sofortigen Aufbruch. So sehr ihn die verwundeten Wawaas auch dauerten, er musste die Uni-Regeln finden, so schnell wie möglich. »Nur so kann ich meinem Volk helfen und es vor Banyaars Herrschaft bewahren!«, teilte er über den Hilfsgeist Katehm dem grünen Gott Papalegba mit.
    Der ließ die Wawaas tatsächlich aufbrechen. Doch zwei Stunden später scheiterte ihre Mission endgültig.
    Sie gerieten an eine Stelle, an der der Gang vollkommen eingestürzt war und eine fast unüberwindliche Barriere bildete. Lediglich auf halber Höhe gab es einen Durchstieg, durch den sich ein Mensch mit Mühe zwängen konnte. Mombassa stieg über scharfkantige, verkantete Metallplatten und Felsschutt nach oben, schaffte es aber nicht, das Loch zu vergrößern.
    Das Schlimmste aber war: Auf der anderen Seite befanden sich weitere Taratzen! Deutlich konnte Mombassa ihren Geruch wahrnehmen. Es wäre Selbstmord gewesen, einzeln durch die Öffnung zu klettern.
    Auch wenn Yao verzweifelte – ihnen blieb keine andere Wahl als umzukehren. Viele Stunden später kamen sie auf Pygma-Seite wieder aus dem Langen Gang. Das löste vor allem bei Häuptling Bawindi nur mäßige Begeisterung aus. Und dann geschah, was er unbedingt hatte vermeiden wollen: Der grüne Gott kam ihm auf die Schliche! Weil er es unter allen Umständen verbergen wollte, dachte Bawindi unablässig daran. Und so verriet er das Heiligtum seines Volkes.
    Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den grünen Gott und die Wawaas in die Altarhöhle zu führen. Vor allem Yao, der seine Enttäuschung noch keineswegs überwunden hatte, staunte nicht schlecht, als er die zahlreichen Tekknik-Geräte, die hier überall aufgestellt waren, begutachtete. Er konnte nichts mit ihnen anfangen.
    Der namenlose Daa’mure hingegen schon. Er identifizierte Glühlampen, zum Teil zerbrochen, ein Funkgerät, Teile eines Generators, Radios und einen CD-Player. Dazwischen lagen, kunstvoll zu Mustern drapiert, Schrauben, Schraubenzieher, Muttern und Ähnliches.
    An einer Wand standen Regale mit uralten Büchern und Schriftsammlungen. Mul’hal’waak ließ Mombassa die brüchigen, vergilbten Seiten durchblättern und begutachtete sie durch seine Augen.
    (Alles in der Sprache der Doyzen geschrieben), bemerkte der Namenlose. Er kannte sie in Wort und Schrift, weil der Primärrassenvertreter Mooris’pulajn sie gesprochen hatte. Es handelte sich hauptsächlich um Gebrauchsanleitungen, Schriftverkehr und Romane.
    Auch das Tagebuch eines Primärrassenvertreters namens Kathrin Blumenschein befand sich darunter.
    »Das ist alles schön und gut, grüner Gott«, klagte Yao.
    »Aber wir sind eigentlich ausgezogen, um die Uni-Regeln zu finden. Dieses Ziel haben wir nicht erreicht. Jetzt werde ich Banyaar nicht aufhalten können. Er wird mein Volk ins Verderben stürzen.«
    (Übe dich in Zuversicht, Huutsi! Es gibt keine Probleme, nur passende Lösungen, wie ein längst neutralisierter Mensch zu sagen pflegte. Die Lösung für dein Problem liegt direkt vor dir, in dieser Höhle.) Und dann erklärte ihm der Daa’mure seinen Plan.
    »Das ist… wundervoll«, sagte Yao, als er geendet hatte. »Ich hoffe, es funktioniert. Lass es uns sofort ausprobieren, grüner Gott.«
    Und während Yao unter dem Wehklagen des Pygma-Königs ans Werk ging, dachte Mul’hal’waak an den Primärrassenvertreter Daouda Sorko, der den Spruch mit den passenden Lösungen so gerne benutzt hatte…
    ***
    Nördliches Afrika, 2015- 2020
    Der Motor röhrte, die Reifen drehten durch. Der Lastwagen brach hinten aus und rutschte dann seitlich nach unten. Er schaffte die leichte, eisbedeckte Steigung nicht mehr. Die zweiundsechzig Songhai, Bambara und Soninké ließen den Truck, der wohl niemals eine funktionierende Heizung besessen hatte und auf dessen Beifahrersitz der grüne Kristall ruhte, genauso zurück wie das von den Tuareg erbeutete Motorrad und die drei hoch beladenen Ochsenkarren.
    Wie jeden Morgen und jeden Abend, durch die allgegenwärtige Dämmerung kaum auszumachen, nahm Glele das gelbe Tuch und reinigte den grünen Kristall damit. Die zweiundvierzigjährige Frau hatte schon immer glitzernden Schmuck gemocht und erfreute sich trotz ihrer schlimmen Lage jedes Mal am Funkeln des mächtigen Edelsteins. Darin mochte auch der Grund für ihre grenzenlose Zuneigung zu dem Gott liegen, der
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