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2074 - Neun Tage des Zitterns

Titel: 2074 - Neun Tage des Zitterns
Autoren: Unbekannt
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noch der Anblick großer Segel in Küstennähe vermochten Aurianne zu trösten. Auch aus der Kenntnis vager Gerüchte, die sie eigentlich nicht kennen durfte, war keine Hoffnung zu schöpfen: Man hatte ihr hinterbracht, dass im Residenzfunk beharrlich behauptet wurde, Imperator Bostich I. sei am Leben. Aurianne sprach ihre Überlegungen laut aus: „Ich kann also mein Ziel, den Tempel-Khasurn des Gaumarol fertigzubauen, nicht erreichen. Das ist mein Ende, Eynam.
    Unser aller Ende."
    Der bescheidene Palast, auf dessen Terrasse - einer von vielen - sie saßen, war auf der Rundung der eigentlichen Weihestätte erbaut. Einige Portale führten zur Bühne und in den Zuschauerraum der Kristallkuppel. Von den Gärten und Parks der Bodenebene bis in halbe Höhe erstreckten sich Wohnbauten, Türmchen, Treppen und Brücken zwischen den Bauwerken; es schien, als ranke und verzweige sich eine bunte Pflanze auf einem Teil der weißkristallenen Rundkuppel bis hinauf in halbe Höhe. Die Aussicht von Auriannes Wohnräumen war betäubend. „Du bist jung und schön. Jeder rühmt deine Klugheit, deine Intelligenz, deine Schönheit. Du birst fast vor Energie du wirst das alles überstehen."
    Von den 5000 Inselbewohnern lebte rund ein Drittel in diesen Bauten und in dem Städtchen, das sich halbmondförmig um die runde Zeremonienkuppel schmiegte, von breiten Streifen aus gepflegten Parks von der Kuppel getrennt. Der Durchmesser der Zeremonienkuppel betrug an der untersten, allgemein zugänglichen Ebene gut tausend Meter. An manchen Tagen schien auf Auriannes Terrassen die Sonne, während der Gebäudesockel von dichtem Nebel verhüllt war. „So wie ich werden noch viele andere die Insel verlassen und sich mit Arkoniden zusammentun.
    Dann wird sich auch unser Dryhanensinn nicht mehr vererben, und wir alle sind nutzlos geworden." Eynam und Aurianne schwiegen. Mit melancholischem Winseln brachen sich Windwirbel zwischen den hellen Mauern. Im Hologramm änderten sich lautlos Bilder und Zahlen. „Die schlimmen Zeichen mehren sich, Eynam."
    „Welche der vielen Zeichen meinst du?"
    „Der Anteil seltsamer Personen, die sich auffällig verhalten, an den schon angereisten Besuchern. Es sind, verglichen mit früher, zu viele." Schlimme Zeichen, bedenkliche Nachrichten, drohende Zahlungsunfähigkeit: Selbst wenn die Dryhanen nutzlos geworden waren, blieb ihnen doch die unverbrüchliche Überzeugung, sich einer zutiefst wertvollen, fast göttlichen Aufgabe unterstellt zu haben. Der Gedanke vermochte Auriannes Verzweiflung kaum zu mindern. „Es sind wie immer die Geheimdienstleute", sagte sie. „Die Celistas. Wenn sie wirklich dieses Jahr besonders zahlreich sind und sich aufführen, als gehöre ihnen die Insel, ist Bostich II. dafür verantwortlich."
    „Abgesehen davon, dass sie die Feierlichkeiten gegen denkbare Störungen absichern werden." Eynam beugte sich über die zierliche Brüstung, als könne er am Boden die arroganten Celistas von harmlosen Spaziergängern unterscheiden. „Wenn Bostich II. die Horden geschickt hat, will er uns demütigen."
    „Ein Nachweis seiner Geringschätzung!"Jede Sicherheit wäre besser gewesen als die Ungewissheit. Trotz tagelangen Nachdenkens hatte kein Dryhane auch nur eine Vermutung, warum sich der neue Imperator seinen zuverlässigsten Dienern gegenüber so abweisend verhielt. Es waren sogar alle Dryhanen aus dem Palast verbannt worden. Eynam on Manshegur löste seine Blicke von dem Kommunikationshologramm, das durchaus zufriedenstelIende Zahlen zeigte. Dieses Jahr würden nicht weniger Besucher kommen als bisher. Er betrachtete die schöne Frau, die ihm gegenübersaß, und wünschte sich, jünger zu sein. Er kannte ihre Sorgen und hoffte, das Gespräch mit einer positiven Wendung beenden zu können. „Die Kristallstatue, die von Dieben geschändet wurde, werden wir nicht restaurieren können. Welch ein Glück, dass sie äußerlich unversehrt ist! Das Büro hat mir mitgeteilt, dass sich Mäzene angemeldet haben mehr weiß ich nicht."„Mäzene für die Statue des Erhabenen?" In der Zeit der Monos-Diktatur hatten Diebe aus dem Kern der Statue ein zylindrisches Stück herausgetrennt. Mit welchen Mitteln diese Schändung ausgeführt worden war, konnte bis heute nicht festgestellt werden. Erst nach Ende der Diktatur hatten die Dryhanen den Verlust bemerkt. „Du wirst sie überzeugen müssen."
    „Nichts würde ich lieber versuchen." Aurianne lächelte schmerzlich. „Aber diese Menge Kristall ist teurer als
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