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204 - An Afras Ufern

204 - An Afras Ufern

Titel: 204 - An Afras Ufern
Autoren: Mia Zorn
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nicht. Finster begutachteten sie die beiden Neuankömmlinge von oben bis unten. Ihre Haut schimmerte so bronzen wie das Eisen des Tores. Bunt gefärbte Haare standen in allen möglichen und unmöglichen Formen vom Kopf ab. Sie trugen Hose und Wams aus dunklem Leder und waren mit silbernen Ketten und Ringen behangen. Jeder hatte einen Waffengürtel quer über der Brust, aus dem Dolche und Schleudern ragten. Zwei von ihnen trugen Schnürstiefel, die beiden anderen waren barfüßig.
    Jetzt steckten sie die Köpfe zusammen und flüsterten. Ein hagerer Schnürstiefelträger trat vor. Seine schmalen Augen hefteten sich an Matthew. »Ihr kommt hier nicht rein!«, rief er mit schnarrender Stimme.
    Matt schaute erst ihn, dann Rulfan an. »Das klingt so ähnlich wie Russisch«, stellte er überrascht fest.
    »Was auch immer es ist, dein ›Djambo‹ scheint ihnen nicht gefallen zu haben«, sagte Rulfan trocken. Er verschränkte die Arme und blickte grimmig zu dem Hageren hinüber.
    Matt hob die Schultern: Für ihn war im Moment nur wichtig, sich verständigen zu können. Glücklicherweise hatten sie bei ihrer Reise zum Kratersee und ihrer Gefangenschaft in einem Bergwerk der Narod’kratow [2] mit Hilfe von Translatoren einige Brocken Russisch gelernt. Hier mussten sie ohne Translator auskommen. Erneut wandte er sich an den Sprecher der Wächter.
    »Das sind Rulfan und seine Lupa Chira«, stellte er in gebrochenem Russisch seine Gefährten vor. Bei dem Wort Lupa schienen sich die Gesichter der Wachen zu erhellen. »Ich bin Maddrax«, fuhr Matt fort. »Wir wollen zum Victoriasee, zum Kaiser de Rozier! Könnt ihr uns sagen, wo wir hier sind und wie weit es noch ist?«
    Die Wachen steckten wieder die Köpfe zusammen und ein wildes Palaver begann. Matthew lächelte zufrieden und drehte sich zu Rulfan um. »Siehst du, alles nur eine Sache der Kommunikation!«
    Der Albino hatte da so seine Zweifel: Als die Worte Victoriasee und Kaiser de Rozier fielen, hatte Rulfan geglaubt, so etwas wie Feindseligkeit in den Gesichtern der Wächter entdeckt zu haben.
    Doch noch bevor er seine Beobachtung Matt mitteilen konnte, trat ihnen der Hagere mit undurchdringlicher Miene entgegen. »Folgt mir!«, befahl er. »Ich bringe euch zum Stadttribunal!«
    ***
    Flankiert von den anderen Wächtern folgten sie dem hageren Anführer über einen gepflasterten Platz, der hinter dem Tor lag. Matt schaute sich neugierig um. Er hatte einen Marktplatz mit vielen Menschen und bunten Buden erwartet. Doch der Platz war verlassen. Lose Pflastersteine türmten sich hier und da zu kleinen Haufen, und an der Mauerseite gab es Unterstände aus Holz, die ihn an Stallungen erinnerten.
    Schläuche und Düsen lagen darin.
    Sie erreichten einen Flachbau, der sich der Länge nach über den Platz zog. Er sah aus wie eine gigantische Fabrikhalle, die man weiß angemalt hatte.
    Linkerhand von Matt bildete der Bau ein L. Das kurze Teil schloss mit der Stadtmauer ab. Könnte die Stelle sein, in der die Pipeline durch die Mauer führt, vermutete er. War das Ganze hier vielleicht gar keine Stadt, sondern nur eine überdimensionierte Wasseraufbereitungsanlage?
    Inzwischen hatten sie das Portal des Baus erreicht. Über dem Eingang hing eine Flagge wie die, die sie an der Mauerzinne gesehen hatten. Aus der Nähe erkannte Matt erst jetzt den schwarzen Stern in der Mitte des hellblauen Tuchs.
    Irgendwie kam Matt die Flagge bekannt vor. Er kramte in seinen Erinnerungen. Aber Rulfan, der mit Chira bereits den Flachbau betreten hatte, lenkte ihn ab. »Schau dir das an! Das gibt’s doch gar nicht!«, rief er von drinnen.
    Matthew trat durch den Eingang mit den Doppeltüren. Er stand in einer großen Halle, die einem Schrottplatz glich: Eisenstangen jeglicher Größe, Schrauben so groß wie Tische, Blechplatten, alte Autoreifen und verrostete Schiffsschrauben türmten sich bis unter die Decke. Sogar einen alten Kühlschrank glaubte Matthew zu sehen. Dazwischen entdeckte er verrostete Gewehre, alte Patronengürtel und ein paar verbogene Kampfmesser.
    Rulfan schien völlig fasziniert. Seine roten Augen glänzten, und man sah ihm an, dass er sich am liebsten gleich ans Werk gemacht hätte, um aus dem Schrott einen fahrbaren Untersatz zu bauen.
    Aber der hagere Wächter hatte es mächtig eilig. »Kommt schon!«, rief er ihnen zu. Er wartete am Ende des Ganges, der zwischen den Schrottbergen zur gegenüberliegenden Längsseite des Gebäudes führte. Ungeduldig klackte seine Stiefelspitze auf den
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